Börsen Jo-Jo Dax sehr agil
26.07.2002, 20:15 UhrDer Dax war auch zum Wochenausklang hin- und hergerissen. Der Tagesstart verlief noch positiv, doch dann wurde wieder der Rückwärtsgang eingelegt. Zeitweise rauschte der Deutsche Aktienindex um mehr als vier Prozent in den Keller. Erst am Nachmittag kam die Wende: Unterstützt von besser als erwartet ausgefallenen US-Konjunkturdaten und anziehenden Kursen in New York drehten die Deutschen Standardwerte wieder ins Plus. Der Dax schloss mit 1,6 Prozent im Plus bei 3.579 Punkten.
Die Achterbahnfahrt zu erklären fällt schwer: Skeptiker führen den enormen Vertrauensverlust ins Feld und gehen deshalb davon aus, dass den Börsen weltweit eine längere Durststrecke bevorstehen könnte. Optimisten hingegen verweisen auf Erfahrungswerte, wonach immer am Ende eines längerfristigen Trends die Schwankungsanfälligkeit der Börsenkurse extrem hoch ist - sie hoffen also auf ein kurzfristiges Ende der seit gut zwei Jahren anhaltenden Baisse.
Etwas Balsam für Nerven der Börsianer brachten am Nachmittag neueste Konjunkturdaten aus den USA: Das Vertrauen der US-amerikanischen Verbraucher in ihre Wirtschaft ist im Juli auf 88,1 Zähler zurückgegangen nach 92,4 Punkten im Vormonat. Dies hat die Universität in Michigan mit ihrem so genannten Verbraucher-Vertrauensindex "gemessen". Auch wenn das Konjunkturbarometer gefallen ist - der Indexstand ist immer noch höher ausgefallen als von Analysten befürchtet. Der Verbraucher-Vertrauensindex gilt als maßgebliches Stimmungsbarometer für die konjunkturelle Entwicklung. Denn die Verbraucher sind ein Schlüsselfaktor für die Konjunktur - rund zwei Drittel der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit in den USA geht auf den privaten Konsum zurück.
Auch positive Unternehmensnachrichten stützten den Deutschen Aktienindex: Der Berliner Pharmakonzern Schering ist im abgelaufenen Quartal gewachsen. Beim Betriebsgewinn erzielten die Berliner die Marke von 185 Mio. Euro und damit sieben Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Experten hatten im Schnitt dagegen zwar fast das Doppelte erwartet. Trotzdem legte die Aktie 5,5 Prozent auf 49,10 Euro zu.
Klaus Pohle, Finanzvorstand von Schering, sagte im n-tv-Interview, das Ergebnis sei teilweise durch den starken Dollar belastet worden. Im Gegenzug habe dies aber wieder durch Währungssicherungsgeschäfte wettgemacht werden können. Die Aktie konnte ihre Gewinne im Tagesverlauf ausbauen, nachdem Schering-Finanzvorstand Pohle ein Programm zum Aktienrückkauf angekündigt hatte.
Geradezu wie ein Zufall wirkt da eine Meldung zur Deutschen Telekom, die wenige Minuten später über die Ticker gelaufen ist. Da heißt es, das Unternehmen habe "nach Angaben aus mit der Situation vertrauten Kreisen" im zweiten Geschäftsquartal durch die Dollar-Schwäche Einsparungen in dreistelliger Millionen-Höhe erzielt. Die Anleger kann das aber nicht wirklich überzeugen - möglicherweise reicht den Anlegern eine bloße Ergebnisverbesserung nicht aus, sie wollen eine Verbesserung des operativen Geschäfts, wozu Währungsgewinne nicht zählen. Die T-Aktie verlor 0,8 Prozent auf 11,90 Euro.
Der größte europäische Chemiekonzern BASF hat angekündigt, sein Aktienrückkauf-Programm fortzusetzen. Bis zum Jahresende sollen weitere Aktien im Wert von rund 500 Mio. Euro gekauft werden. Auf Basis eines Aktienkurses von 36 Euro entspreche dies rund 2,4 Prozent der Marktkapitalisierung, teilte das Unternehmen am Freitag in Ludwigshafen weiter mit. Die Aktie profitierte von dieser Nachricht: das BASF-Papier war mit einem Plus von 6,5 Prozent auf 38,35 Euro größter Dax-Gewinner.
Die Verlierer kamen hingegen vor allem aus dem Technologiebereich. Minuszeichen verbuchte dabei die Aktie von Infineon mit einem Abschlag von 1,5 Prozent auf 14,14 Euro. Am Vortag hatte der taiwanesische Chiphersteller TSCM enttäuschende Geschäftszahlen vorgelegt und einen pessimistischen Ausblick geliefert. Daraufhin war der richtungsweisende Philadelphia Halbleiter-Index in den USA um mehr als 10 Prozent eingebrochen.
Abschläge gab es erneut bei der Aktie der Hypovereinsbank, die mit einem Minus von 1 Prozent bei 19,69 uro aus dem Handel ging. Damit haben die Papiere seit Ende vergangener Woche rund ein Drittel ihres Wertes eingebüßt. Börsianer zeigten sich insbesondere von den am Vortag präsentierten Geschäftszahlen enttäuscht. Und Händler bleiben pessimistisch: Das Ende der Fahnenstange sei noch nicht erreicht, hieß es.
Auf Erholungsreise begab sich die Lufthansa - das Papier gewann knapp 2 Prozent. Händler führen diese freundliche Tendenz auf Nachrichten von der Konkurrenz zurück. TUI hatte am Freitag mitgeteilt, man wolle die Preise nicht auf breiter Front senken. Wenn aber Preise nicht gesenkt werden, dann bedeutet das im günstigsten Falle mehr Gewinne. Gute Nachrichten also für die Lufthansa-Tochter Thomas Cook, ein direkter Konkurrent des Reiseveranstalters TUI. Die TUI-Aktie legte ebenfalls 2 Prozent auf 20,15 Euro zu.
Quelle: ntv.de