Was für ein Tag! Dax springt empor
19.09.2008, 18:10 UhrDie Aussicht auf ein umfangreiches Rettungspaket der US-Regierung für die Finanzbranche hat weltweit die Aktienmärkte ins Plus katapultiert. Besonders die Kurse der Banken schossen in ganz Europa die Höhe - zum Teil sogar um bis zu 50 Prozent. Der Dax stieg um 5,6 Prozent auf 6.190 Zähler und verbuchte damit den prozentual höchsten Kurszuwachs innerhalb eines Tages seit Ende Januar. Im Wochenverlauf ergibt sich allerdings ein Minus von rund 0,7 Prozent. Das Handelsvolumen im Dax schnellte auf rund 492 (Donnerstag: 297) Mio. Aktien hoch. Der Umsatz betrug 20,2 (12,5) Mrd. Euro.
Auslöser des Kursfeuerwerks war die Erleichterung über die für das Wochenende angekündigten Gespräche von US-Regierung und -Notenbank über die Einrichtung einer "Bad Bank" zur Abwicklung problematischer Wertpapiere. "Davon sind viele auf dem falschen Fuß erwischt worden und müssen jetzt ihre Short-Positionen eindecken", so ein Händler. Darüber hinaus wird die Aufwärtsbewegung durch den großen Verfalltermin an der Terminbörse Eurex verstärkt.
Wie außergewöhnlich heftig die Kursausschläge zu Beginn der Sitzung ausgefallen sind, zeigt, dass sich mit VW, BMW, Commerzbank und Deutsche Börse gleich vier Werte in der Volatilitäts-Unterbrechnung befunden haben. Diese Handelsunterbrechung tritt nur bei außergewöhnlichen Kursbewegungen in Kraft. Auf Widerstand trifft das Kursbarometer der heimischen Standardwerte im Bereich von 6.160 Zählern, unterstützt ist der Dax auf dem Niveau von 6.000 Stellen.
Größter Gewinner unter den deutschen Standardwerten waren Commerzbank, die sich um 20 Prozent auf 15,87 Euro verteuern. Deutsche Bank zogen um 14,35 Prozent auf 57,50 Euro an.
Auch die Werte anderer Branchen wurden von der Hausse mitgerissen: Unter anderem sprangen ThyssenKrupp um 18 Prozent, Siemens um acht Prozent und BMW um fast 13 Prozent nach oben.
Deutliche Abschläge wiesen nach der von vielen Marktteilnehmern als "irrsinnig" bezeichneten Short-Squeeze-Rally vom Vortag VW auf. Die Aktie verlor 13,8 Prozent auf 262 Euro. Am Vortag hatten die Titel 26 Prozent gewonnen und zeitweise ein neues Allzeithoch markiert, ohne dass es dafür an der Börse eine klare Erklärung gab. Das Land Niedersachsen jedenfalls steckt nach den Worten von Ministerpräsident Christian Wulff nicht hinter den jüngsten Aktiengewinnen. Niedersachsen hält 20 Prozent an VW. Wulff hatte kürzlich eine Aufstockung nicht ausgeschlossen, um die Sperrminorität auch bei einer Abschaffung des VW-Gesetzes zu erhalten. Das Gesetz sichert dem Bundesland ein Vetorecht schon bei 20 Prozent zu.
Mysteriös ging es auch bei der Aktie der Deutschen Börse zu. "Stochern im Nebel" nennen Händler Erklärungsversuche zu den Kursbewegungen des Titels. Die Aktie ist am Nachmittag vom Tageshoch bei rund 75 Euro fast 13 Euro zurückgefallen, hatte zwischenzeitlich ins Minus gedreht und damit alle Kursgewinne ausgelöscht. Zum Schluss blieb ein hauchdünnes Plus von 0,26 Prozent übrig. "An einem Verfalltag in diesem Umfeld ist nichts unmöglich", sagt ein Händler. Der Markt versuche zwar, fundamentale Erklärungen zu "basteln", Handfestes gebe es aber nicht.
SAP kletterten um 4,3 Prozent auf 39,93 Euro. Händler verweisen auf die Zwischenbilanz des US-Softwareherstellers Oracle. Dieser hatte im ersten Quartal mehr verdient als von Analysten erwartet.
Aktien von Infineon profitierten von positiven Aussagen des US-Konzerns Texas Instruments. Der US-Chiphersteller hebt seine Quartalsdividende um zehn Prozent an. Die Ausschüttung pro Aktie steige um einen auf elf US-Cent, teilte das Unternehmen mit. Infineon stiegen um 10,21 Prozent.
Im MDax gehörte die Aareal Bank mit einem Plus von 17,2 Prozent zu den größten Gewinnern. Auch Hochtief, Salzgitter und andere stiegen um mehr als zehn Prozent. Größter Gewinner waren jedoch ProSiebenSat.1 mit einem Plus von 20,2 Prozent. In den vorangegangenen Tagen hatte die Senderkette angesichts von Sorgen um zunehmende Probleme bei der Refinanzierung von Krediten kräftige Abschläge verzeichnet. Ähnliches gilt für die ehemalige Karstadt-Quelle, Arcandor, die um sieben Prozent zulegen.
Die Aktien des Solarzellenherstellers Q-Cells gehörten mit einem Plus von 13,29 Prozent zu den größten Gewinner im TecDax. Händler sprachen von einer allgemeinen Kurserholung nach den heftigen Verlusten der vergangenen Tage. Daneben hebe die Nachricht über hohe Investitionen des japanischen Konkurrenten Kyocera die Stimmung im Solarsektor.
Solarworld lagen mehr als 11,7 Prozent im Plus. Conergy gewannen fast acht Prozent.
Quelle: ntv.de