Im Banne der Schuldenkrise Dax starrt nach Brüssel
21.10.2011, 18:10 UhrVor dem mit Spannung erwarteten EU-Gipfel geht der Dax mit satten Kursgewinnen aus der Handelswoche. "Es ist die Erwartung, dass der EU-Gipfel am Wochenende doch noch etwas Großes zustande bringt", sagt ein Marktstratege mit Blick auf das satte Plus im Leitindex.
Vor dem EU-Gipfel am Wochenende reagiert unter den Dax -Anlegern das Prinzip Hoffnung. Trotz der zähen Verhandlungen setzten die Investoren am Freitag auf ein zügiges Maßnahmenpaket zur Lösung der Schuldenmisere in Europa. Der deutsche Leitindex Dax legte um 3,5 Prozent auf 5970,96 Punkte zu, kein Einzelwert lag im Minus. Auf Wochensicht steht für das deutsche Börsenbarometer indes ein minimales Minus von 0,06 Prozent zu Buche. Zuvor hatte der Dax drei Wochen in Folge zulegen können. Für den MDax ging es um 2,8 Prozent auf 8956,17 Punkte nach oben, der TecDax stieg um 1,5 Prozent auf 690,58 Punkte.
"Es ist die Erwartung, dass der EU-Gipfel am Wochenende doch noch etwas Großes zustande bringt", sagte Marktstratege Robert Halver von der Baader Bank mit Blick auf das Kursplus. Dadurch sei aber auch das Verlustpotenzial im Falle eines enttäuschenden Gipfelverlaufs groß. Händler Andreas Lipkow von MWB Fairtrade sprach von einem "Paradebeispiel für politische Börsen". Für Rückenwind sorgten außerdem Aussagen der Ratingagentur Fitch. Demnach rechnet Fitch nicht mit Rating-Änderungen wegen des EU-Gipfels. "Die Veränderungen am Rettungsmechanismus EFSF würden das Rating von Frankreich nicht gefährden", sagte der Leiter der Abteilung Staatsanleihen, David Riley. Zudem würde eine starke EU-Lösung Italien und Spanien vor einer Herabstufung schützen.
Der minimal besser als erwartet ausgefallene Ifo-Geschäftsklima-Index sorgte nicht für zusätzlichen Aufwind. Statt dessen wurden die Kurse durch den kleinen Verfall an den Terminmärkten bewegt, vor dem Anleger versuchten, die Kurse in die für sie günstige Richtung zu bewegen. Am Mittag verfielen Optionen auf den Dax, zum Handelsschluss verfielen Optionen auf die Einzelaktien.
Gezerre um die Euro-Rettung
Die Querelen hatten die europäischen Aktienmärkte am Donnerstag belastet. Nach Börsenschluss in Europa erklärten die Regierungen Deutschlands und Frankreichs, dass nun bis spätestens Mittwoch eine Einigung über offene Fragen erzielt werden soll. Kanzlerin Merkel sprach sich am Freitag aber erneut gegen den Einsatz der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Lösung der Liquiditätsprobleme in der Euro-Zone aus, so wie es Frankreich fordert. Analyst Holger Schmieding von der Berenberg Bank sagte indes, wenn es hart auf hart komme, könne nur die EZB eine Panik an den Märkten verhindern. Eine Lösung könnte darin bestehen, dass die EZB weiter übergansweise Staatsanleihen kaufen würde, auch wenn der Rettungsschirm EFSF Bonds erwirbt oder versichert.
Die Experten von Close Brothers Seydler Research verweisen auf die sich sehr rapide ändernden Erwartungen vor dem EU-Gipfel am Wochenende in Brüssel. Diese hätten die Märkte derzeit so fest im Griff, dass sogar die auf Hochtouren laufende US-Berichtssaison weniger Beachtung als sonst üblich finde. So stehen an diesem Freitag General Electric und McDonald's auf der Agenda. Gerade der Mischkonzern GE gilt als Indikator für den Zustand der US-Wirtschaft.
Generell sei es so, dass die Kurse von kurzfristig orientierten Anlegern bewegt würden, die nur auf Schlagzeilen reagierten, sagt Manoj Lawda, Händler bei ETX Capital. Die auf längerfristige Investitionen setzenden Fondsmanager hielten sich dagegen zurück, weil es zu viele Unsicherheitsfaktoren am Markt gebe.
Commerzbank im Plus
Die Hoffnung auf ein baldiges Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der Schuldenkrise trieb vor allem die Finanzwerte nach oben. Commerzbank verteuerten sich um 7,4 Prozent, Deutsche Bank legten 6,9 Prozent zu. Am Vortag hatten diese Papiere noch am stärksten unter der Nervosität der Anleger gelitten.
Zu den besseren Dax-Werten gehörten auch die Daimler-Titel mit einem Aufschlag von knapp fünf Prozent. Händler verwiesen darauf, dass der Stuttgarter Autobauer in den USA von 2015 an ein neues Mercedes-Modell produzieren will. Dafür sollen 350 Mio. US-Dollar investiert werden. Zudem plant Daimler, zusammen mit Europcar das Carsharing-Geschäft kräftig auszubauen.
Die MAN-Aktien profitierten wohl von positiven Zahlen des schwedischen Lastwagenbauers Scania und kletterten um 3,7 Prozent.
Unterdurchschnittlich entwickelten sich die Aktien von Merck mit plus 0,8 Prozent. Der Pharmakonzern will nach dem Aus für die Entwicklung des Parkinson-Mittels Safinamid sämtliche Rechte an Newron Pharmaceuticals zurückgeben. Von einem Händler hieß es, dies sei zwar keine Überraschung, aber auch keine positive Nachricht für Merck.
Im TecDax sprangen die Aktien des Halbleiterunternehmens Dialog Semiconductor um mehr als sechs Prozent nach oben. Nach Ansicht eines Händlers spricht einiges dafür, dass Dialog einer der Zulieferer für Samsungs neues Smartphone Nexus Galaxy ist.
Quelle: ntv.de, jga/rts/DJ/dpa