Marktberichte

Unter 4.400 Dax verbrennt

Rezessionsängste haben den deutschen Aktienmarkt am Montag erneut tief ins Minus gerissen. Kurz nach Veröffentlichung des ISM-Index für das verarbeitende US-Gewerbe rauscht der Dax gen 4.400-Punkte-Marke. Aber da war noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Händler verwiesen auch auf die sehr schwache Wall Street, die ebenfalls stark auf den enttäuschenden ISM-Index reagierte.

Der Dax schloss 5,9 Prozent ins Minus bei 4.394 Punkten. Vergangene Woche hatte der Leitindex rund 13 Prozent zugelegt. Der MDax mittelgroßer Werte sank 4,9 Prozent auf 5.092 Zähler. Der TecDax verlor 3,0 Prozent auf 467 Punkte.

Nach den starken Gewinnen der vergangenen Woche machte sich erneut Vorsicht breit, die Anleger bevorzugten es, ihre Gewinne mitzunehmen. Die Vorlagen gäben auch nur wenig her, hieß es auf dem Parkett. Die meisten Aktien bewegten sich nur je nach Orderlage. Das rückte umso mehr die Konjunkturdaten als Kurstreiber in den Fokus.

Die US-Industrie hat im November so stark an Schwung verloren wie seit 26 Jahren nicht. Der an den Finanzmärkten viel beachtete Konjunkturindex der US-Einkaufsmanager fiel auf 36,2 von 38,9 Punkten im Vormonat. (Siehe link rechts)

Auch die europäischen Konjunkturdaten sind durchwachsen: Der Einkaufsmanagerindex EMI sank auf 35,6 Punkte von 41,1 Zählern im Oktober und ist so weit von der Wachstumsschwelle von 50 Punkten entfernt wie nie. Die Industrie in der Euro-Zone hat damit ihre Talfahrt im November mit erhöhter Geschwindigkeit fortgesetzt.

"Kein Land ist von den steigenden Auswirkungen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft unbeeinflusst geblieben", so Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson. "Die Industrieproduktion fällt so stark wie nie seit Beginn der Erhebungen in allen Ländern der Euro-Zone, weil sowohl die Nachfrage aus dem Ausland als auch aus dem Inland eingebrochen ist."

Etwas gestützt wurde die Stimmung von Aussagen aus dem Einzelhandel, nach denen das Weihnachtsgeschäft günstig gestartet ist. "Nicht so schlecht wie befürchtet", lautete der Tenor zum Geschäft am 1. Advent. Regionale Einzelhandelsverbände sind mit dem Start in die Weihnachtssaison zufrieden. Weder Finanzkrise noch Rezession hätten flächendeckend zu einem deutlichen Rückgang im Konsum geführt. In den USA wurde das Weihnachtsgeschäft mit dem "Black Friday" gestartet, dem Freitag nach Thanksgiving. Die ersten Reaktionen auf die veröffentlichten Verkaufszahlen waren gemischt.

Einer Umfrage der National Retail Federation zufolge haben die US-Konsumenten ihre Ausgaben am Wochenende gegenüber dem Vorjahr um 7,2 Prozent gesteigert auf insgesamt 41 Mrd. US-Dollar. "Das Plus ist zwar nicht so stark wie im Vorjahr, aber deutlich besser als das erwartete Plus von 3,0 Prozent", so ein Händler mit Blick auf den Umsatzanstieg.

Metro notierten hierzulande allerdings mit 3,8 Prozent im Minus. Im MDax waren zwischenzeitlich die Einzelhandelswerte wie Arcandor gefragt. Trotz Finanzkrise und Rezession hätten die Kunden Kauflaune gezeigt und für einen gelungenen Start ins Weihnachtsgeschäft gesorgt, teilte der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) am Sonntag mit.

Ein Händler verpasste den Optimisten einen Dämpfer: "Ich kann mich auch in allen Vorjahren nicht daran erinnern, dass das Weihnachtsgeschäft irgendwann mal schlecht gestartet sein soll - vielleicht ist hier Zweckoptimismus dabei." Arcandor verloren nach einer Achterbahnfahrt ihre zwischenzeitlich satten Gewinne und notierten am Ende 1,1 Prozent niedriger. Douglas büßten 1,7 Prozent ein.

Unter Druck standen vor allem Stahl-, Auto- und Solarwerte sowie die Aktien von Maschinenbauern. Der Auftragseingang im deutschen Maschinenbau ist im Oktober um 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen. Auslandsaufträge brachen sogar um 19 Prozent ein. In der ersten Reihe büßten MAN knapp 8,0 Prozent ein. In der zweiten Reihe traf es Gildemeister (-8,8%), Leoni (-6,0%) und SGL Carbon (-10,1%). BMW verloren 3,9 Prozent

Daimler gaben 7,3 Prozent nach. Der Konzern will wegen stark rückläufiger Lkw-Bestellungen in Europa im Werk Wörth die Fertigung im ersten Quartal 2009 deutlich herunterfahren. "Wir stellen uns derzeit auf eine Produktionsdrosselung um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr ein", sagte Werksleiter Martin Daum der "Automobilwoche". Der Kurs gab 5,7 Prozent nach.

Auch das Geschehen um Volkswagen und Porsche ist wieder Gesprächsthema auf dem Börsenparkett. Nach scharfer Kritik an seinen Geschäften mit VW-Aktien und angedrohten Schadenersatzklagen in Milliardenhöhe wehrte sich der Stuttgarter Autobauer Porsche gegen die Vorwürfe von Banken und Anlegern. "Wir haben nichts Unrechtes getan. Die Vorwürfe sind Unsinn", sagte Porsche-Finanzvorstand Holger Härter der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Banken und Fondsgesellschaften werfen Porsche vor, den Kurs der VW-Aktie manipuliert zu haben. Laut "Spiegel" stellen Kanzleien im Auftrag von Hedgefonds, die mit Spekulationen auf fallende VW-Kurse mehrere Milliarden Euro verloren haben, Material für Klagen zusammen. Volkswagen drehten mit 1,6 Prozent ins Plus, Porsche gaben gut 7,8 rozent nach.

Für die Stahlhersteller kommt noch eine Gewinnwarnung des finnischen Produzenten Rautaruukki hinzu. ThyssenKrupp büßten 7,5 Prozent und Salzgitter 14,7 Prozent ein. Die Finnen wollen die Produktion drosseln und Personal abbauen.

Ansonsten richteten sich bei den Einzelwerten in der ersten Reihe die Blicke auf den Halbleiter-Hersteller Infineon. Die Speicherchip-Tochter Qimonda gab Fortschritte bei der Suche nach potenziellen Investoren bekannt, hat aber gleichzeitig für das abgelaufene Quartal einen höheren Verlust angekündigt. "Es wird zwar ein Ende mit Schrecken für Infineon", sagte ein Börsianer. "Aber es ist ein Ende. Trotz der drohenden höheren Abschreibungen wird heute sicher die Erleichterung darüber, dass Infineon offenbar kurz vor einer Vereinbarung steht, überwiegen."

Infineon notierten zuletzt 8,9 Prozent leichter. Die in Deutschland gehandelten ADRs (American Depository Receipts) von Qimonda legten über 5,0 Prozent zu. In der Spitze waren es allerdings bereits über 30 Prozent.

Der Chef des Automobilzulieferers Schaeffler, Jürgen Geißinger, wies Zweifel an der Übernahme des Continental-Konzerns durch sein Unternehmen zurück. "Wir haben alles richtig gemacht und würden alles wieder so machen", sagte Geißinger der "Süddeutschen Zeitung". Schaeffler habe "absolut den richtigen Zeitpunkt" für die Übernahme erwischt. Die Kreditfinanzierung des Milliarden-Deals stehe "felsenfest". Der Autozulieferer Continental schickt derweil Beschäftigte wegen der Absatzkrise auf den Automärkten in Kurzarbeit. Continental verloren 4,5 Prozent.

Premiere sind ebenfalls einen Blick wert. Der italienische Ministerpräsident und Medienunternehmer Silvio Berlusconi könnte einen Anteil an dem Bezahlsender italienischen Presseberichten zufolge womöglich doch auf mehr als fünf Prozent ausbauen. Diese Aufstockung seiner Beteiligung von aktuell 3,134 Prozent könnte laut "La Stampa" im Rahmen der erwarteten Kapitalerhöhung zur Finanzierung der Bundesliga-Rechte erfolgen. In der Vorwoche hatte die "Börsen-Zeitung" unter Berufung auf Informationen von Berlusconis Finanzholding Fininvest von einer Beteiligung zwischen drei und fünf Prozent gesprochen. Einem Händler zufolge wird eine Erhöhung des Anteils auf mehr als fünf Prozent am Markt bereits erwartet. Premiere gaben 11,2 Prozent nach.

Im TecDax fielen Q-Cells um 18,4 Prozent. Der Solarzellenhersteller rechnet wegen der Finanzkrise mit einem schwächeren Wachstum der Solarbranche.

Quelle: ntv.de

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