Draghi und Merkel Dax verliert zwei Prozent
08.12.2011, 17:50 Uhr
2 steht für zwei hochkarätige Treffen, die auf der Tagesagenda stehen.
(Foto: REUTERS)
Die Anleger am deutschen Aktienmarkt ziehen sich zurück. Schuld sind angeblich enttäuschende Aussagen von EZB-Chef Draghi und Kanzlerin Merkel zu Lösungsansätzen in der Schuldenkrise. Die EZB hat erwartungsgenmäß die Zinsen gesenkt. Jetzt richten sich alle Erwartungen auf den EU-Gipfel in Brüssel.
Zwischen EZB-Zinsentscheid und EU-Gipfel haben die Anleger wieder mal Nerven gezeigt. "Die nächsten 24 Stunden markieren eine wichtige Weggabelung im Verlauf der Krise Europas", beschrieben Devisenexperten die Stimmung.

Merkel und Draghi: Tête-à-tête der Euro-Retter.
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Der Dax notierte zuletzt 2,0 Prozent leichter bei 5874 Punkten. Zu Anfang der Pressekonferenz von EZB-Chef Mario Draghi hatte der Leitindex noch im Plus notiert. Der MDax schlug sich ähnlich schlecht. Er verlor 2,0 Prozent auf 8668 Punkte. Und der TecDax notierte 1,6 Prozent leichter bei 675 Zählern.
Die jüngsten Aussagen von Draghi und Bundeskanzlerin Angela Merkel hätten enttäuscht, erklären Marktbeobachter die Abwärtsbewegung. Draghi hatte darauf hingewiesen, dass das Ankaufprogramm von Staatsanleihen nicht unendlich sei. Zudem sei von der EZB nicht erwogen worden, die Zinsen weiter zu senken . "Was die Anleger verschnupft, ist, dass die EZB die Hoffnungen auf eine aktivere Rolle bei den Staatsanleihenkäufen gedämpft hat. Da hatten einige offenbar auf stärkere Signale gesetzt", sagte Rainer Sartoris, Volkswirt bei HSBC Trinkaus.
Merkel sagte vor dem mit Spannung erwarteten EU-Gipfel, dass die Schuldenkrise nicht mit einen Paukenschlag beendet werden könne. "Diese Aussage wiegt auf der Stimmung wohl noch schwerer als die Ausführungen Draghis", sagte Mario Mattera, Analyst beim Bankhaus Metzler. Der Markt werde weiter hin- und hergerissen sein zwischen der Erleichterung, dass die EZB ihre Refinanzierungsgeschäfte verstärkt und den Nachrichten rund um den EU-Gipfel.
Zinsentscheid wie erwartet
"Die Zinssenkung selbst war nicht die größte Sensation am heutigen Tage", sagte ING-Analyst Carsten Brzeski. "Das war erwartet worden und das absolute Minimum, was die EZB in dieser Situation leisten konnte. Ebensoviel Aufmerksamkeit schenkten Börsianer allen Meldungen rund um den am Abend beginnenden EU-Gipfel.
Deutschland und Frankreich wollen eine begrenzte Änderung des EU-Vertrages durchsetzen. Börsianer hoffen darauf, dass auf dem EU-Gipfel, der auch am Freitag noch andauert, durchschlagende Maßnahmen beschlossen werden, um der Schuldenkrise Herr zu werden. "Die Portfolien der Anleger sind extrem defensiv ausgerichtet, die Cash-Positionen waren noch nie so hoch", sagte Philippe Ithurbide, Chef der Analyse und Strategie bei Amundi. "Das ist natürlich gut, denn es bedeutet, dass es eine schöne Erholung geben könnte."
Für Unruhe sorgte am Vormittag die Meldung, dass die Euro-Länder den Internationalen Währungsfonds (IWF) 150 Mrd. Euro für den Kampf gegen die Schuldenkrise zur Verfügung stellen wollen. Börsianer hatten mit einem höheren Betrag gerechnet. Auch dass der permanente Rettungsschirm ESM nach Reuters-Informationen nicht mit einer Banklizenz ausgestattet werden soll, missfiel manchen Investoren.
Deutsche Bank dreht ab
Die Aktien der Deutschen Bank gaben ihre Tagesgewinne am Nachmittag wieder ab. Die Papiere sackten um 4,3 Prozent. Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hatte Deutschlands größtem Geldhaus und anderen europäischen Banken, darunter auch der Commerzbank, mit einer Herabstufung gedroht. "Nachdem S&P zu Wochenbeginn bereits Deutschland und praktisch alle anderen Eurozonen-Länder auf die Rote Liste gesetzt hat, war das keine Überraschung mehr", sagte ein Händler. Die Anteilsscheine der Commerzbank verloren 5,3 Prozent.
Auch Münchener Rück konnten sich trotz positiver Nachrichten nicht dem Abwärtssog entziehen und gaben 1,5 Prozent nach. Die Analysten von UBS hatten die Papiere zuvor zum Kauf empfohlen. Außerdem peilt der Rückversicherer trotz hoher Belastungen wegen der Überschwemmungen in Thailand ein positives Geschäftsergebnis für 2011 an.
Die Papiere der Deutschen Börse gaben noch einmal 2,9 Prozent ab. Am Vortag hatten sie 5,5 Prozent eingebüßt. Reuters hatte erfahren, dass der Börsenbetreiber anbieten könnte, diverse Derivate-Geschäfte abzuspalten und daraus einen neuen eigenständigen Konkurrenten zu bilden, um von der EU-Kommission doch noch grünes Licht für die Fusion mit der Nyse Euronext zu erhalten.
Im TecDax führten die Titel von Centrotherm die Gewinnerliste mit einem Aufschlag von knapp 3,8 Prozent an. Die Analysten der Citigroup empfahlen die Aktien des Solarunternehmens zum Kauf.
Quelle: ntv.de, ddi/rts/DJ/dpa