Das Euro-Haar in der Suppe Dax versackt im roten Bereich
06.01.2012, 17:48 Uhr
(Foto: REUTERS)
Trotz guter US-Daten verabschiedet sich der deutsche Leitindex leichter ins Wochenende. Börsianer begründen dies mit der schwachen Wall Street sowie der anhaltenden Unsicherheit wegen der europäischen Schuldenkrise. Die zunächst positiv aufgenommenen US-Arbeitsmarktdaten werden zudem zunehmend kritisch hinterfragt.
Trotz anhaltend positiver Zeichen vom US-Arbeitsmarkt haben sich die Dax-Anleger vor dem Wochenende lieber Gewinne mitgenommen. Experten machten für den Schwenk in die Verlustzone verschiedene Gründe aus. Schuld war unter anderem die anhaltende Euro-Schwäche, die zusammen mit der Schuldenkrise sowohl in Europa als auch in den USA in den vergangenen Tagen wieder zunehmend in den Fokus rückte.
Der deutsche Leitindex schaffte nach der Veröffentlichung des US-Regierungsberichts zum Arbeitsmarkt zwar zunächst ein Plus von einem Prozent zu, gab die Gewinne aber im Fahrwasser der negativen Wall Street auch sukzessive wieder ab.
Zuletzt notierte der Dax 0,6 Prozent leichter bei 6057 Punkten. Der MDax bäumte sich dagegen nopch mal auf und schloss 0,5 Prozent höher bei 9215 Punkten. Der TecDax hielt an seinem Plus von 0,8 Prozent fest und notierte damit am Ende bei 713 Zählern.
"Unser Problem ist der Euro", sagte ein Aktienhändler in Frankfurt. Die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Ungarns durch die Ratingagentur Fitch trage dabei auch nicht gerade zur Entspannung bei - "da wirft man eben alles in einen Topf, egal, ob Euro-Land oder nicht." Der Euro markierte mit 1,2697 US-Dollar einen neuen Tiefststand.
"Alles in einen Topf"
Fitch stufte die Bonität Ungarns auf Ramschstatus herab und senkte den Ausblick auf negativ. Einer der Gründe für die Herabstufung sei die "unorthodoxe Politik" der Regierung in Budapest, die das Vertrauen der Investoren untergrabe. Damit erschwere die Regierung eine Vereinbarung über neue Finanzhilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF).
In den USA stieg die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft zwar um 200.000. Damit war das Plus doppelt so hoch wie im November. Beobachter gAben aber zu bedenken, dass damit das Problem für die USA noch nicht gelöst sei. Ein Teil des überraschend hohen Beschäftigungsanstieges im Dezember sei auf saisonale Effekte zurückzuführen, die im Januar wegfallen dürften. Außerdem hatten Analysten zwar nur einen Anstieg von 150.000 vorhergesagt, die Flüsterschätzungen haben die tatsächlichen Zahlen aber punktgenau getroffen.
Zeitweise negativ wirkten sich neben den Sorgen um den Euro und die Schuldenkrise auch die Daten zu den Industrieaufträgen in Deutschland aus, die im November auf den tiefsten Stand seit dem Höhepunkt der Finanzkrise vor knapp drei Jahren gefallen waren. Die Unternehmen verbuchten 4,8 Prozent weniger Bestellungen als im Vormonat. Experten hatten lediglich mit einem Rückgang von 1,8 Prozent gerechnet.
"Bisher war Deutschland von der Konjunktureintrübung in Europa kaum betroffen", sagte ein Händler. Sollte sich dies ändern, dürfte auch die zuletzt gesehene Outperformance des Dax zu Ende gehen.
Rumoren bei den Banken
Stabilisieren konnten sich zwischenzeitlich die Papiere der italienischen Großbank Unicredit, die am Ende aber doch 11 Prozent leichter bei 3,98 Euro schlossen. In den vergangenen drei Tagen hatten die Aktien bereits rund ein Drittel ihres Wertes eingebüßt, nachdem eine Kapitalerhöhung für Unicredit enttäuschend verlaufen war. Die Marktkapitalisierung der Bank ist damit um über vier Mrd. Euro geschrumpft.
Waren in den vergangenen Tagen auch andere europäische Banken in den Sog der Unicredit geraten, da die Anleger Angst vor weiteren Kapitalerhöhungen hatten, konnten sie sich am Freitag leicht erholen. Der europäische Branchenindex notierte 0,4 Prozent fester. Deutsche Bank lagen indes 3,5 Prozent im Minus, Commerzbank-Papiere legten 0,2 Prozent zu.
Im nachrichtenarmen Handel gehörte die Dax-Spitze zunächst den Aktien der Versorger RWE und Eon, wobei letztere jedoch vom Kurs abkamen und zuletzt ein Minus von 0,1 Prozent verbuchten. RWE hielten sich dagegen mit 1,2 Prozent im Plus. Börsianer verwiesen als Kursstütze auf eine Studie von JP Morgan. Hintergrund ist ein bereits zwei Wochen alter Pressebericht aus Russland, wonach der Gasproduzent Gazprom in seinem Budget für dieses Jahr sieben Milliarden Dollar für nachträgliche Zahlungen für Kunden aus Europa eingestellt hat. Dies sei am Markt bislang wohl übersehen worden, so die JP Morgan-Experten.
Im TecDax standen Morphosys-Papiere klar im Fokus: Die Aktien des Biotechunternehmens sprangen knapp 9,7 Prozent an. Händler verwiesen auf einen Artikel in der "Financial Times Deutschland", der Übernahmefantasie schüre. "Eine Übernahme von Morphosys durch Novartis halte ich in den kommenden zwei Jahren eher für unwahrscheinlich", sagte aber Commerzbank Analyst Daniel Wendorff. Die Partnerschaft der beiden Unternehmen laufe noch bis 2017, so dass derzeit kein Handlungsdruck für die Schweizer bestehe.
Quelle: ntv.de, ddi/rts/DJ/dpa