Von Bratislava bis Alcoa Dax vorsichtig erwartet
11.10.2011, 08:30 Uhr
"Die bestimmenden Themen sind Europa und der Start in die US-Berichtssaison."
(Foto: REUTERS)
Am deutschen Aktienmarkt stellen sich die Beobachter in Banken und Brokerhäusern auf leichte Kursgewinne zum Auftakt ein. Vor der entscheidenden Abstimmung im slowakischen Parlament über den Rettungsschirm EFSF herrscht angespannten Ruhe. Neben dem Thema Schuldenkrise wirft die US-Berichtssaison ihre Schatten voraus.
Gestützt auf die guten Vorgaben aus den USA und Asien dürfte der Dax Beobachtern zufolge zum Handelsstart am Dienstag zulegen. Die Ankündigung eines deutsch-französischen Plans zur Lösung der Schuldenkrise hatte die Aktienmärkte zu Wochenbeginn beflügelt. Der Dax verbuchte am Montag ein Plus von 3 Prozent auf 5847 Punkte. Die Wall Street hatte ihre deutlichen Gewinne nach Handelsschluss in Europa noch einmal ausgeweitet.
Nach dem kräftigen Schlussspurt vom Vorabend sei eine Erholungsbewegung "normal", hieß es im Handel. "Die Gefahr einer massiven Eindeckungsrally ist weiter da", sagt ein Händler. Dies habe der Ausbruch aus der Bodenformation am Vortag gezeigt. "Hier liegen viele Buy-Stops, um Absicherungspositionen wieder einzudecken", erklärte ein charttechnisch orientierter Händler. Die Nähe zur 6000er-Marke verschärfe das Problem. Der Futures-Markt könnte am Dienstag eine Kaskade aus automatischen Stop-Käufen erleben, vor allem, wenn die Slowakei zum EFSF zustimme. Die Umsätze könnten dabei trotz hoher Kursausschläge gering bleiben, besonders im Kassa-Geschäft: "Das wäre typisch für Eindeckungsrallys".
Der Dow-Jones-Index rückte um 3 Prozent vor, der S&P-500 stieg um 3,4 Prozent und der Nasdaq-Composite gewann 3,5 Prozent. Auch am japanischen Aktienmarkt standen die Zeichen am Dienstag auf Kaufen. Der Nikkei-Index legte um mehr als 2 Prozent zu. In China notierte der Shanghai-Composite 0,4 Prozent fester.
Unsicherheit über die Zukunft von Q-Cells hat die Aktien des Solarkonzerns vorbörslich auf Talfahrt geschickt. Die Papiere rutschten im frühen Geschäft von Lang & Schwarz um mehr als 7 Prozent ab und waren damit der schwächste TecDax-Wert. Das klamme Unternehmen hatte seine Anleihegläubiger am Montag auf einen möglichen Zahlungsausfall vorbereitet . Die Papiere verbuchten ein Minus von 3,5 Prozent. Q-Cells kämpft wie viele Solarunternehmen mit Problemen. Ein Händler sagte, die neuen Negativnachrichten seien nicht überraschend gekommen, würden aber auch nicht dazu beitragen, die Bauchschmerzen der Investoren in Solarwerten zu lindern. Solarworld-Papiere verloren im frühen Geschäft 1,3 Prozent, SMA Solar 0,2 Prozent.
An den europäischen Börsen dürfte zum Handelsauftakt eine abwartende Haltung dominieren. Die Deutsche Bank indizierte den Eurostoxx50 vorbörslich mit 2317 Punkten und damit um 4 Punkte oder 0,2 Prozent niedriger als zum Handelsschluss am Montag.
Am Nachmittag stimmt das Parlament in der Slowakei über die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms EFSF ab. Bisher habe sich noch keine Mehrheit für eine Zustimmung herauskristallisiert, meinte ein Händler. Sollte ein "Nein" zu der Erweiterung das Ergebnis der ersten Abstimmung sein, könnte nach Aussage des Händlers allerdings eine weitere Abstimmung erfolgen. Ein endgültiges Ergebnis sei daher kaum in der Handelssitzung am Berichtstag zu erwarten. Die Beratungen beginnen am frühen Nachmittag, mit einer Entscheidung wird nicht vor dem frühen Abend gerechnet.
Das zweite Thema sei klar der Start in die Berichtssaison nach Handelsschluss in den USA mit der Vorlage der Zahlen von Alcoa. Die Zahlen für das dritte Quartal dürften offenlegen, wie stark die Unternehmen bereits von dem wirtschaftlichen Abschwung betroffen seien. Nachdem im ersten Halbjahr wegen der hohen Grundstoffpreise stark auf die Margenentwicklung geschaut worden sei, dürfte die Umsatzseite nun stärker in den Fokus geraten, erwartet ein anderer Händler. Die Alcoa-Ergebnisse markieren wie üblich die Eröffnung der Bilanzsaison in den USA. Die Zahlen werden nach Börsenschluss an der Wall Street erwartet.
Da die Nachrichtenlage auf der Unternehmensseite ansonsten eher dünn sei, dürften Analystenkommentare stärker Beachtung finden, hieß es. Unter anderem habe sich die Citigroup ausführlich zur Softwarebranche geäußert. Die Analysten haben die Beobachtung von SAP mit "Buy" und Software AG mit "Neutral" aufgenommen.
Die Citigroup-Analysten hätten zudem auch die Gewichtung einzelner Sektoren innerhalb ihres weltweiten Portfolios verändert. Industriewerte und Versorger wurden auf "Underweight" zurückgestuft und notwendige Konsumgüter (Consumer Staples) auf "Overweight" erhöht. Ferner wurden britische Aktien auf "Overweight" hoch- und US-Aktien auf "Underweight" abgestuft. US-Aktien seien relativ teuer, während britische Aktien einen relativ billigen Einstieg in Schwellenländer-Engagements ermöglichten, beschrieb ein Beobachter die wichtigsten Ergebnisse.
Am frühen Morgen hatten einzelne Beobachter noch mit einem wenig veränderten Handelseröffnung bei unverändert dünnen Umsätzen gerechnet. "Die bestimmenden Themen sind zum einen Europa und die Ausweitung des EFSF wie auch der Start in die Berichtssaison", fasst ein Händler das zu erwartende Geschehen zusammen.
Die Erweiterung des Rettungsschirms EFSF hängt nur noch vom Ja der Slowakei ab. Dort droht die Regierung allerdings an dem politischen Streit über die Zustimmung zu zerbrechen.
Quelle: ntv.de, DJ/rts