Marktberichte

Inside Wall Street Der 180-Milliarden-Husten

Die Börsenkolumne aus New York von Lars Halter

Das Wochenende war kalt in Amerika. In weiten Teilen des Landes war es das bisher kälteste in diesem Winter, und entsprechend haben sich viele beim Spaziergang verkühlt. Zwischen New York und Colorado werden am Montag und Dienstag zahlreiche Angestellte nicht zur Arbeit erscheinen – hoffen die Arbeitgeber.

Die Personalchefs wissen zwar, dass es ihr Unternehmen teuer zu stehen kommt, wenn jeder Erkältete einfach zu Hause bleibt. Arbeit bleibt liegen, Telefonate mit Kunden werden verschoben, vielleicht wird sogar eine wichtige Deadline verpasst. Doch gibt es vor allem eines, was die Unternehmen noch mehr fürchten als die krankheitsbedingte Abwesenheit ihrer hustenden und schniefenden Mitarbeiter: nämlich deren Anwesenheit.

Wird nämlich im Büro oder in der Werkstatt gehustet, fliegen die Bakterien von einem Opfer zum anderen. Wo Computertastaturen von mehreren Personen benutzt werden, oder auch nur Türklinken angefasst werden, übertragen sich Keime. Im wohlgeheizten, vielleicht etwas stickigen Großraumbüro steckt ein Verkühlter schnell mal die Kollegen an, bald fehlt die halbe Abteilung mit grippalem Infekt.

Mehr als die Hälfte der amerikanischen Bürochefs fürchtet in diesem Winter die Anwesenheit kranker Mitarbeiter als einen Kostenpunkt. Das haben die Arbeitsplatz-Berater von CCH herausgefunden. "Anwesenheit von Kranken schadet dem Unternehmensgewinn", warnt CCH-Analyst Brett Gorovsky. "Dennoch bleibt das Problem lange unerkannt."

Bis es zu spät ist, wohlgemerkt. Dann fehlen Corporate America bis zu 180 Mrd. US-Dollar pro Jahr.

Leicht abzustellen ist das Problem allerdings nicht, trotz allen guten Zuredens der Personalchefs. Denn während sich einige Arbeitnehmer einfach für unersetzlich halten und ein paar weitere einfach Angst haben, die liegen gebliebene Arbeit am nächsten Tag nachholen zu müssen, plagt die große Mehrheit die Angst vor dem Gegenteil: Komme ich nicht, kommt ein anderer – die allgegenwärtige Sorge um den Arbeitsplatz ist es, die auch den ernsthaft Kranken früh aus dem Bett und ins Büro treibt.

Vielleicht kann Washington Abhilfe schaffen. Der seit diesem Jahr von den Demokraten geführte Kongress arbeitet an einer Gesetzesvorlage, nach der Firmen mit mehr als 15 Angestellten ihren Mitarbeitern mindestens sieben Krankentage pro Jahr vertraglich zusichern müssen. Für Patienten und Unternehmen wäre das ideal: Wer schnupft und schnieft, kann sich guten Gewissens erholen, wird ohne Angst schneller gesund – und spart dem Arbeitgeber eine ganze Krankheitswelle.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen