Marktberichte

Inside Wall Street Der Billionen-Berg

Wer sagt denn, dass das Fernsehprogramm tagsüber für die Katz ist. Zwischen albernen Daily Soaps, unglaubwürdigen Gerichtsshows und kreischendem Promi-Talk gibt es für den amerikanischen Dauerglotzer immer mehr Verbraucherhinweise. Die Zahl der Werbespots für Kreditberater scheint zuzunehmen. Das könnte ein böses Omen sein.

An der Wall Street wird seit geraumer Zeit darüber spekuliert, ob nach der Hypothekenkrise die nächste Kreditkrise kurz bevorsteht. Zur Debatte steht, ob die Verbraucher nach den monatlichen Ratenzahlungen für Haus und Auto auch beim Abstottern der Visa- und Mastercard-Schulden ins Hintertreffen geraten.

Sicher ist eines: Der konsumfreudige Amerikaner hat einen Schuldenberg aufgebaut, der längst zu groß geworden, als dass man ihn immer weiter vor sich her schieben könnte. Allein in 2007 haben US-Verbraucher weitere 2,2 Billionen US-Dollar auf ihre Plastikkärtchen geladen; die Gesamthöhe der Kreditkartenschulden ist in den letzten zwanzig Jahren um mehr als 300 Prozent gestiegen.

Der Wirtschaft mag das einige Zeit lang gut getan haben. Einerseits ließ sich über Schulden mehr konsumieren, andererseits lebten die Banken ganz gut von Zins und Zinseszins - und vom mangelnden Wissen der Verbraucher über die versteckten Kosten der Fremdfinanzierung. So begleichen die meisten Amerikaner bis heute nur den monatlichen Mindestbetrag für ihre Schulden, nicht wissend, dass sich ein winziger Kredit über 2000 US-Dollar mit einem Zinssatz von 14 Prozent auf diese Weise über 14 Jahre strecken kann.

Noch schlimmer: Immer mehr Amerikaner zahlen nicht einmal mehr den Mindestbetrag zurück, weil sie es sich nicht mehr leisten können. Die Zahl der insolventen Kunden ist auf dem höchsten Stand seit drei Jahren, wie das Brancheninstitut CardTrack ermittelt hat.

Verbraucherschützer raten nun zweierlei: Zum einen müssten die Kunden lernen, Prioritäten zu setzen und die Schulden mit den höchsten Zinssätzen zuerst abzahlen. Was vollkommen logisch erscheint, ist vielen Amerikanern neu. In den Wirren der Hypothekenkrise haben manche in Geldnot ihre Immobilienkredite über Karte bezahlt, dabei ist deren Jahresrate deutlich höher als die der eigentlichen Hypothek.

Zum anderen rät man den Kunden zunehmend, mit den Gläubigerbanken neu zu verhandeln. Die Erfolgsaussichten sind groß, denn den Banken ist längst klar, dass sie einen großen Teil ihrer Gelder nicht mehr zurückbekommen und auch keine Sicherheiten haben. Denn im Gegensatz zur Hypothekenkrise, bei der hinter jedem nicht zurückgezahlten Kredit immerhin ein Haus steht, gibt es bei Kreditkartenpleiten nichts zu holen. Geld aus dem Visa- und Amex-Konto floss bei den meisten Verbrauchern in den alltäglichen Konsum oder in Güter, deren Wert schon nach einem Jahr deutlich unter den Kaufpreis gefallen ist. All die Gebrauchtwagen und überholten Flachbildschirme abzuholen, dürfte auf keinen Fall im Interesse der Banken sein.

Überraschend wenige der neuen Verbraucherspots bringen den Konsumenten übrigens der wahren Lösung des Schuldenproblems nahe: weniger Geld ausgeben! Experten raten dazu, bei neuen Einkäufen nicht mehr als 10 Prozent des Kreditrahmens auszuschöpfen. Damit lenkt man den Kunden zwar in die richtige Richtung. Doch das neue Heimkino einfach gar nicht zu kaufen, sondern einmal Geld zu sparen, das hat in Amerika bis heute noch niemand vorgeschlagen.

Quelle: ntv.de

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