Wahl-Effekt im Rohstoffhandel Der Kohle-Preis steigt
28.03.2011, 19:28 Uhr
Braunkohletagebau in Jänschwalde bei Cottbus.
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Nach den Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz bereiten sich Rohstoffinvestoren offenbar auf einen beschleunigten Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie vor: Die Preise für Strom und Kohle ziehen deutlich. Im Rohölhandel dagegen hinterlassen die politischen Umbrüche keine sichtbaren Spuren. Hier beherrschen Deviseneffekte die Entwicklung.

An der Leipziger Energiebörse EEX werden Energie und Energierohstoffe gehandelt.
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Eine leichte Abschwächung beim Dollar hat dem Ölpreis am späten Nachmittag wieder Auftrieb gegeben. Rohöl der Nordseesorte Brent verteuerte sich um 0,3 Prozent auf 115,91 Dollar das Barrel (je 159 Liter). Im Tagesverlauf war der Preis für Brent um bis zu 0,9 Prozent auf 114,55 Dollar gefallen. Ein schwächerer Dollar macht Rohstoffe für Investoren aus den übrigen Währungsräumen billiger. Spekulationen auf eine baldige Zinserhöhung hatten den Euro am Nachmittag auf ein Tageshoch von 1,4115 Dollar klettern lassen. Trichet hatte gesagt, die Inflationsraten lägen dauerhaft über dem Stabilitätsziel.
In Deutschland haben die Spekulationen auf einen rascheren Kurswechsel in der Atompolitik die Großhandelspreise für Strom und Kohle auf Höchststände getrieben. Der Wahlerfolg der Grünen bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz werde "letztendlich zu einer radikalen Neuorientierung der Energie-Politik und zu einer beschleunigten endgültigen Abschaltung einiger oder aller 17 deutschen Kernkraftwerke führen", sagte Rohstoff-Analyst Mark Lewis von der Deutschen Bank.
Der an der Leipziger Börse EEX gehandelte Future auf Strom zur Lieferung in zwölf Monaten stieg um bis zu 2,3 Prozent auf 59,80 Euro je Megawattstunde und lag damit exakt auf dem vor zwei Wochen markierten Zweieinhalb-Jahres-Hoch. Der liquidere, außerbörslich gehandelte Kontrakt legte in der Spitze sogar um 3,5 Prozent auf 59,80 Euro zu und notierte damit auf dem höchsten Stand seit Januar 2009. Das entsprechende Derivat auf Kohle markierte mit bis zu 132 Dollar je Tonne ein Sechs-Monats-Hoch.
Die Grünen werden in Baden-Württemberg wohl ihren ersten Ministerpräsidenten in der Geschichte der Bundesrepublik stellen. Unter dem Eindruck der Atomenergie-Diskussion, die seit der Havarie im japanischen Atomkraftwerk Fukushima entbrannt ist, konnte die Partei bei der Landtagswahl am Sonntag ihren Stimmenanteil verdoppeln. Die CDU musste deutliche Verluste hinnehmen und wird erstmals seit 1953 in die Opposition gehen. In Rheinland-Pfalz werden die Grünen voraussichtlich erstmals mitregieren, nachdem die SPD von Ministerpräsident Kurt Beck die absolute Mehrheit verloren hat.
Leichte Entspannung am Ölmarkt
Im internationalen Rohstoffhandel hatte sich zu Wochenbeginn etwas Entspannung breit gemacht: Der Brent-Preis war zweitweise unter die 115-Dollar-Marke gefallen. US-Leichtöl der Sorte WTI gab in der Spitze sogar um 1,7 Prozent auf 103,60 Dollar nach.
Im Vordergrund standen die Entwicklungen in Libyen: Die libyschen Rebellen drängten dank westlicher Unterstützung die Soldaten von Machthaber Muammar Gaddafi immer weiter zurück. Am Wochenende hatte sie bereits mehrere Etappensiege erzielt und wichtige Ölzentren zurückerobert. "Dies weckt offensichtlich Hoffnungen auf eine baldige Normalisierung der Öllieferungen aus Libyen", schrieben die Analysten der Commerzbank.
Die Ölproduktion in den von den Rebellen kontrollierten östlichen Regionen des Landes soll sich den Aufständischen zufolge derzeit auf 100.000 bis 130.000 Barrel pro Tag belaufen. Vor dem Ausbruch der Unruhen wurden im Osten Libyens rund 1,6 Mio. Barrel pro Tag gefördert. Eine baldige Rückkehr zu den früheren Produktionsniveaus sei angesichts der Zerstörungen an der Infrastruktur allerdings unwahrscheinlich, erklärten die Commerzbank-Analysten.
Federn lassen musste auch der Preis für Kupfer, der sich um bis zu 1,8 Prozent auf 9510,25 Dollar je Tonne verbilligte. Seit seinem Rekordhoch von 10.190 Dollar Mitte Februar ist der Preis für das Industriemetall damit um knapp 7 Prozent gefallen.
Die Preise für Zink und Nickel gaben ebenfalls deutlich nach. Die atomare Krise in Japan, die Unruhen in der arabischen Welt und die Staatsschuldenkrise in Europa - das alles sorge bei den Anlegern derzeit eher für Zurückhaltung, sagte Daniel Major, Analyst bei RBS. Auf die Stimmung drückten vor allem neue Hiobsbotschaften aus Japan: Die Regierung räumte mehr als zwei Wochen nach dem verheerenden Erdbeben und Tsunami ein, dass es im Atomkraftwerk Fukushima eine Kernschmelze gegeben habe.
Von seinem Status als sicherer Hafen konnte Gold zu Wochenbeginn nicht profitieren. Der Preis des Edelmetalls fiel zeitweise mehr als ein Prozent auf 1410,85 Dollar je Feinunze, nachdem er in der vergangenen Woche noch auf ein Rekordhoch von 1447,40 Dollar geklettert war. Händler machten Gewinnmitnahmen für den Rückgang des Goldpreises verantwortlich. Langfristig sollte es wegen der vielen Unsicherheiten im Markt aber schon bald wieder bergauf gehen, sagte Simon Weeks von der "Bank of Nova Scotia".
Quelle: ntv.de, rts