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Inside Wall Street Der Zar des kleinen Mannes

Die Republikaner witzeln schon, Barack Obama hätte mehr Zaren als Russland während seiner Blütezeit. Und wenngleich die Wortwahl seltsam ist und neue Posten in Washington nicht unbedingt den undemokratischen Titel tragen müssten, ist das wahr.

Barack Obama

Barack Obama

(Foto: REUTERS)

Die Republikaner witzeln schon, Barack Obama hätte mehr Zaren als Russland während seiner Blütezeit. Und wenngleich die Wortwahl seltsam ist und neue Posten in Washington nicht unbedingt den undemokratischen Titel tragen müssten, ist das wahr. Zaren gibt es zur Zeit für Energie und Autos, für den Kampf gegen Drogen, für Wirtschaft, gegen Piraterie und neuerdings für den Verbraucherschutz.

Vor allem letzterem ist mit dem Zarentitel und dem automatischen Gespött der Republikaner kaum geholfen. Denn während die russischen Herrscher nicht unbedingt das Wohl des Volkes im Sinne hatten – und auch etwa der Kriegs-Zar unter George W. Bush andere Prioritäten hatte –, soll der neue Zar in Washington gerade dem kleinen Mann beistehen.

Toaster als Vorbild

Der leidet nämlich seit Jahren unter dem Druck von Konzernen, vor allem im Finanzsektor. Da werden ihm Kredite aufgeschwatzt, Karten ausgehändigt, Wucherzinsen in Rechnung gestellt. Für "Jane and John Doe", die amerikanischen Cousins von Otto Normalverbraucher, sind die zugrundeliegenden Verträge nicht verständlich, sie sind voll mit Kleingedrucktem und gelten oft nur so lange, bis dem Kreditgeber eine neue Gebühr einfällt, die man nachträgt.

Damit soll künftig Schluss sein. "Wenn Sie einen Toaster kaufen, gibt es dafür eine Garantie, dass er Ihnen nicht um die Ohren fliegt", erklärte Barack Obama bereits im März in einem Interview. "Das schreiben die Gesetze vor." Nur bei Finanzprodukten, bei Krediten oder Hypotheken, sei es mittlerweile ganz normal, dass sie den Verbrauchern später um die Ohren flögen. In Anlehnung an eine TÜV-ähnliche Agentur zum Verbraucherschutz bei Produkten will Obama nun den neuen Posten schaffen.

Viel Arbeit

Am Mittwoch soll der Verbraucher-Zar vorgestellt werden, und er hat eine Menge zu tun. Amerikanische Verbraucher bekommen trotz der verheerenden Auswirkungen der Finanzkrise noch immer undurchsichtige Kredit-Angebote, wie sie an dem dramatischen Zusammenbruch der letzten Monate einen großen Teil der Schuld waren. Im Briefkasten findet sich Post, die wie ein amtliches Schreiben aus Washington aussieht, direkt über die Steuererleichterungen der Regierung spricht – und dann doch nur ein Werbebrief einer Bank ist. Oft kommen Angebote nicht in Umschlägen, sondern auf gefalzten und perforierten Bögen, die Steuerunterlagen gleichen.

Dass die Finanzindustrie auch nach der Krise mit derartigen Methoden spielt, ist schockierend. Doch aufhören dürfte das Spiel noch nicht. Die Branche hat bereits ihre Lobbyisten ins Feld geschickt und will mit aller Macht einen Verbraucher-Zar und dessen Arbeit gegen unfaire Kreditmethoden verhindern. Vorgeschobenes Argument: Neue Vorschriften würden den Kreditfluss behindern, was letztlich schlecht für den Verbraucher wäre.

Die Regierung Obama scheint sich von solch verlogener Politik nicht blenden zu lassen. Der Verbraucher-Zar wird, wenn er erst einmal die Arbeit aufgenommen hat, ein großer Triumph für den kleinen Mann sein.

Quelle: ntv.de

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