Inside Wall Street Der nackte Cowboy
15.10.2007, 19:28 UhrDie Börsenkolumne aus New York von Lars Halter
Der "Naked Cowboy" gehört zu den größten Touristenattraktionen in New York. Seit Jahren haut Robert Burck mitten auf dem Times Square in die Saiten, er trägt dabei nur Cowboy-Hut, Shorts und Stiefel. Passanten klatschen ihm auf den Hintern und geben ihm einen Dollar. Mit dieser Masche schaffte es der Mann am Montag ins Programm von "Fox Business News".
An seinem ersten Tag gab sich der neue Finanzsender, den Rupert Murdoch durch eine Zwangsehe von Fox TV und dem Wall Street Journal auf die Welt brachte, betont volksnah. Schon in den ersten Werbefilmchen machte der Sender klar, dass man anders berichten wolle als die Konkurrenz, nämlich ohne "ticker tape talk" – also ohne großes Börsen-Gequatsche.
Anstatt allzu sehr Konjunktur und Quartalswarnungen zu analysieren, legt Fox Business News den Schwerpunkt auf Verbraucherthemen. Und eben auf den "Naked Cowboy". Den fragte man ganz ernsthaft, wie viel er denn so verdiene als Cowboy mit Gitarre am Times Square. Für alle, die sich das immer schon gefragt hatten: Burck trägt jährlich etwa 250 000 Dollar nach Hause. Ob er sie in Aktien anlegt oder in der Matratze aufbewahrt, darüber sprach Fox mit ihm nicht. Dabei wäre das für andere Business-Sender das interessantere Thema gewesen.
Auch andere Segmente im Sendeablauf von Fox Business News (kurz: FBN) ließen am ersten Tag noch zu wünschen übrig. Parkett-Reporterin Nicole Petallides zählt die Themen des Tages recht hilflos auf, erklärt Zusammenhänge nicht, dafür umso mehr einzelne Wörter und Abkürzungen. So erfährt der Zuschauer, dass hinter dem Kürzel CPI der Consumer Price Index steckt. Diese Anfänger-Stunden lassen vielleicht darauf schließen, dass sich die etablierten Sender umsonst gesorgt haben: Fox Business News will gar kein ernst zu nehmender Konkurrent für CNBC und Bloomberg sein. Vielmehr scheint man seinem eigenen Publikum die Wirtschafts- und Finanzwelt näher bringen zu wollen – in kleinen Häppchen, leicht verdaulich, mit halbnackten Männern garniert.
Das spricht nicht gegen den Erfolg des neuesten Murdoch-Projekts. Dem Medienzar mit seinem Fokus auf oberflächlichen Journalismus hatte vor einigen Jahren auch keiner zugetraut, in ernsthafte Konkurrenz zum damals einzigen etablierten Nachrichtensender CNN treten zu können. Heute hat Fox deutlich mehr Zuschauer als CNN, denen man allerdings auch nur oberflächliche Informationen und politisch höchst fragwürdige Meinungen serviert.
Wenn Murdoch dieses Konzept mit seinem Business-Sender weiter umsetzt, dann hätte es zwar längst nicht das beste aus seinen Verbindungen zum lange erkämpften Wall Street Journal gemacht. Erfolg bei Zuschauern – und Anzeigenkunden – dürfte er aber dennoch haben. Immerhin: Wo CNBC seine Zuschauer regelmäßig fragt "Welchen Trend sehen Sie für den Häusermarkt?", bleibt FBN auf dem Teppich und fragt: "Was würden Sie mit 1000 Dollar machen, wenn Sie die heute geschenkt bekämen." Das mag für manche Zuschauer wirklich interessanter sein, aber nicht für ein Fachpublikum. An der Wall Street, wo sich Fox in einer kleinen, leer stehenden Trading Booth direkt auf dem Parkett eingerichtet hat, werden alle Augen weiterhin auf CNBC und Bloomberg gerichtet sein.
Quelle: ntv.de