Marktberichte

Inside Wall Street Die Frauen der Trader

Die Krise an der Wall Street belastet die Stadt New York. Der Immobilienmarkt lahmt, Restaurants und Theater bleiben leer, Taxifahrer bekommen weniger Trinkgeld Doch es gibt auch Profiteure: allen voran die Scheidungsanwälte. In Krisenzeiten gehen vor allem bei den Superreichen Ehen in die Brüche, die ohne viel Geld nicht weiter erträglich scheinen.

Scheidungsopfer und solche, die es werden könnten, haben sich nun bereits zu Selbsthilfegruppen zusammengeschlossen. Zweimal wöchentlich treffen sich etwa die "DABA-Girls", junge Frauen, die alle eines gemeinsam haben: "Dating-a-Banker". Die jungen Frauen haben beobachtet, dass die einst so stolzen Helden im Finanzdschungel Manhattan nicht mehr sind als langweilige Luschen, wenn sie plötzlich keinen Job mehr haben.

Mit dem Job fehlt plötzlich das Geld, und das einst schicke Leben zu zweit ist nicht mehr so spannend. Eine 26-jährige New Yorkerin klagt, dass ihr Freund plötzlich nicht mehr Golf spielen könne. Nun sitzt er zuhause und jammert den ganzen Tag - ihn zu trösten, ist der verwöhnten Frau zu viel. Eine andere junge Dame klagt über die ständigen Alkohol-Eskapaden ihres gerade entlassenen Ex-Vermögensverwalters, und eine weitere hat es besonders hart erwischt. Ihr Freund war nach dem Herzinfarkt ihres Vaters keine seelische Stütze, sondern wollte vielmehr selbst bedauert werden.

Manche Schicksale zeigen, wie beziehungsunfähig der durchschnittliche Wall Streetler zu sein scheint. Andere illustrieren auf erschütternde Weise, wie hohl und leer manche Beziehung ist. Eine Frau klagt ernsthaft darüber, dass ihr Mann - plötzlich ohne Job - das monatliche Budget für Schuhe und Klamotten bei Luxusläden wie Bergdorf Goodman halbiert hat.

Auch das weniger regelmäßige Ausgehen in den feinsten New Yorker Restaurants oder ein Verzicht auf das Kindermädchen - und die plötzliche Plage, selbst für die Gören sorgen zu müssen! - scheinen manche Beziehungen zu belasten. Von Kreditkarten ganz zu schweigen, die wegen Überziehung plötzlich gesperrt sind.

Raoul Felder, ein Scheidungsanwalt in Manhattan, hat die bittersten Geschichten gehört und weiß, wie problematisch die Beziehungen von reichen Leuten werden, wenn plötzlich das Geld fehlt. Nach seiner Erfahrung gilt das sogar für illegitime Beziehungen. Die Geliebte eines verheirateten Bankers soll sich jüngst beschwert haben, den viel Reisenden nicht auf einer Reise begleiten zu dürfen. Dessen Entschuldigung: In Krisenzeiten habe seine Frau angefangen, die Kontobewegungen genauer zu verfolgen - er habe nun Angst aufzufliegen.

Für Harriet Papenheim, eine Therapeutin an Manhattans feiner Park Avenue, sind Ehekrisen in finanziell schwierigen Zeiten keine Überraschung, sondern ein lange bekanntes Phänomen. Vor allem Banker lebten oft für ihre Jobs, meint die Expertin, und bauen ihr Selbstverständnis und ihr Ego auf Gehalt und Bonus auf. Mit der Entlassung stürzen sie in tiefe Abgründe und wissen sich nicht mehr zu helfen.

Megan Petrus, die "GABA"-Gründerin, die auch einen eigenen Blog unterhält, hat ihr Problem schnell erkannt. "Wir wussten, dass es nicht an uns lag, sondern an der Konjunktur", beteuert sie. Diese Einsicht habe sie zur Gründung der Selbsthilfegruppe geführt, in der Freundinnen und Frauen sich gegenseitig helfen sollten, die ungewohnten Beziehungsprobleme zu verarbeiten, anstatt sich zu trennen. Bei Megan Petrus hat das selbst nicht geklappt: Sie hat sich bereits im Dezember von ihrem Freund getrennt.

Alltagshilfe gibt "GABA" den betroffenen Frauen übrigens nicht nur bei den regelmäßigen Treffen und im Blog, sondern auch über ein farbkoordiniertes Warnsystem, dass die Mädels rechtzeitig auf die Stimmung des (vielleicht noch arbeitenden) Partners einstellt. Manchmal ist die Warnung "rot", etwa bei einem Dow-Jones-Verlust von mehr als drei Prozent. "Gelb" wurde geflaggt, als etwa Warren Buffett eine Milliardenspritze an Goldman Sachs gab, und "Grün" begrüßte man am 20. Januar die Hoffnung, dass mit Barack Obama bessere Zeiten kommen könnten.

Quelle: ntv.de

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