Marktberichte

Inside Wall Street Die Stunde der Wahrheit

Amazon könnte an der Nasdaq die Erwartungen übertreffen und für einen Positiv-Trend sorgen.

Amazon könnte an der Nasdaq die Erwartungen übertreffen und für einen Positiv-Trend sorgen.

(Foto: REUTERS)

Nach dem langen Wochenende rund um den "Independence Day" haben sich die amerikanischen Börsen alles andere als erholt zurückgemeldet: Im frühen Montagshandel geht es weiter abwärts. Der Start ins zweite Halbjahr lässt zu wünschen übrig und lässt Experten befürchten, dass es in den nächsten Wochen richtig in den Keller gehen könnte.

Völlig überraschend bricht das nicht über den Markt herein. Immerhin werden ständig schwache Konjunkturdaten gemeldet, und vor allem der Bericht über den Arbeitsmarkt hat vor dem Wochenende klar gemacht, dass sich die amerikanische Wirtschaft nicht erholt. Schon gar nicht in dem Maß, das von den Bullen erwartet und für eine Rally von rund 35 Prozent benutzt worden war.

Im Gegenteil: Die Erholung lässt auf sich warten. Wenn sie überhaupt kommt, dann ihre Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt – und damit auch ohne langfristige Konsequenzen. Denn mit einer höheren Produktivität und einem steigenden Bruttoinlandsprodukt ist den USA nun mal nicht geholfen, wenn die Arbeitslosigkeit auf historischem Niveau notiert. Offiziell haben im Moment fast 10 Prozent der Amerikaner keine Stelle. Inoffiziell sind es 16 bis 20 Prozent.

All das ist nicht neu, hat der Wall Street aber bis vor ein paar Tagen nicht geschadet. Das liegt daran, dass sich Anleger weniger um handfeste Daten kümmern als darum, wie die Daten vom Markt beurteilt werden. Werden schlechte Nachrichten von den Bullen schöngeredet oder ignoriert, dann sind sie eben auch nicht schlecht. Das geht eine Zeit lang gut, mit ausreichend Optimismus lassen sich Kurse auch gegen den gesunden Menschenverstand steigern und entsprechende Gewinne einfahren – aber irgendwann ist Schluss.

Schluss ist jetzt, weil in dieser Woche die Ertragssaison für das dritte Quartal beginnt. Am Mittwoch legt der Dow-notierte Alu-Riese Alcoa Zahlen vor, dann folgt General Electric. Beiden Industrie-Giganten geht es schlecht, und die weiteren Zahlen aus allen Sektoren, die in den nächsten Wochen auf das Parkett prasseln werden, dürften nicht viel besser ausfallen.

Damit steht die Wall Street vor der Stunde der Wahrheit. Wenn die Unternehmen ihre Erwartungen nicht schaffen, dürfte das dramatische Kursverluste auslösen. Zumal die Erwartungen niedrig hängen: Für die Unternehmen im S&P-500-Index wird ein Gewinneinbruch um 36 Prozent erwartet, bei den Rohstoffwerten dürfte es Schätzungen zufolge um 78 Prozent nach unten gehen.

Auf der anderen Seite ist das Wachstumspotenzial begrenzt, wenn die Quartalszahlen in Höhe oder über den Erwartungen ausfallen. Denn die Rally der letzten drei Monate hat die Bewertung für viele Papiere so hoch getrieben, dass alles andere als hervorragende Zahlen eine Enttäuschung wäre – und hervorragende Zahlen, das steht fest, wird es in den nächsten Wochen nicht geben.

Das heißt nicht, dass es in allen Branchen steil nach unten gehen muss. Unter zahlreichen Analysten gilt der Hightech-Sektor als einigermaßen stabil. Für IT-Aktien wird ein Gewinneinbruch von 29 Prozent erwartet, und Art Hogan von Jefferies rechnet etwa damit, dass die Unternehmen im Schnitt um 10 Prozent über diesen Schätzungen schließen werden. Seine Begründung: Trotz schwacher Geschäfte in den letzten Monaten habe Corporate America die IT-Investitionen nicht ganz so drastisch gesenkt wie befürchtet. "Computer und Netzwerke werden alt", meint Hogan. "Sie müssen ersetzt werden." Wie oft, wie schnell und wie teuer, ist allerdings die Frage. Auch im Hightech-Sektor ist damit Vorsicht geboten.

Quelle: ntv.de

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