Ohne Hilfe von Bernanke Euro findet Weg aus der Krise
09.06.2010, 16:35 UhrAlles blickt auf den Euro und hört bei Fed-Chef Ben Bernanke genau hin. Der sieht die US-Konjunktur auf einem guten Weg. Das bringt Ruhe in den Markt - auch für den Euro.
Anleger haben wieder vorsichtig Euro gekauft und der Gemeinschaftswährung damit über die Marke von 1,20 Dollar verholfen. "Das ist aber wohl kein Zeichen einer neuer Euro-Stärke. Es sieht vielmehr so aus, dass aus Dollar-Sicht ein paar Gewinne mitgenommen werden", sagte ein Devisenhändler. Der Euro stieg auf bis zu 1,2045 Dollar, nachdem er am Morgen auf bis knapp über 1,19 Dollar gefallen war.
Analysten sprachen aber von einer anhaltend angespannten Stimmung. "Die Risikoaufschläge für Staatsanleihen sind hoch, und die Banken parken Rekordsummen bei der EZB. Es gibt keine Erleichterung beim Euro und noch immer eine Abneigung gegenüber der Einheitswährung", sagte Volkswirt Kenneth Broux von der Lloyds Banking Group. Er wertete die Kursgewinne des Euro als Seitwärtsbewegung vor der Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag. Analysten rechnen nicht mit einer Änderung des Leitzinses von einem Prozent. Mit Spannung werden jedoch Aussagen von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet zum umstrittenen Ankauf von Staatsanleihen erwartet.
Wie sehr die Märkte nach wie vor dem Euro misstrauen zeigte sich nach Einschätzung von Händlern am fortwährenden Kursanstieg des Schweizer Franken, der von den Finanzmärkten als sicherer Anlagehafen eingeschätzt wird. Der Euro fiel am Dienstag auf ein Rekordtief von 1,3735 Franken.
Portugal platziert Anleihen
Am Rentenmarkt endete zunächst die jüngste Flucht in die Bundesanleihen. Der Bund-Future gab 53 Ticks auf 129,27 Stellen nach. Die zehnjährige Bundesanleihe rentierte mit 2,561 Prozent. Am Dienstag war die Rendite auf ein Rekordtief von 2,500 Prozent gefallen. Auch die Risikoaufschläge von Staatsanleihen zahlreicher Euro-Mitgliedsstaaten gegenüber den Bundesanleihen sanken wieder etwas. Händler wiesen auch auf Eindeckungskäufe bei Staatsanleihen so genannter Euro-Peripherie-Staaten wie Spanien, Griechenland und Italien hin. Ausgelöst worden sei dies von dem Drängen Deutschlands und Frankreichs zur Regulierung von Leerverkäufen.
Zur Beruhigung der Anleger trug laut Händlern auch bei, dass Portugal Anleihen im Wert von rund 1,5 Mrd. Euro am Markt platzieren konnte.
Bernanke überraschend ohne Überraschung
Und auch die Aussagen des US-Notenbankchefs Ben Bernanke, die sich weitgehend mit den Erwartungen deckten. Entsprechend verhalten sind bislang die Kursreaktionen am Devisen-, Aktien- und Anleihenmarkt.
Bereits am Montagabend hatte Bernanke in einem Interview mit dem Fernsehsender ABC gesagt, die US-Wirtschaft sei weiter auf dem Pfad der Erholung, die Dynamik reiche jedoch für eine rasche Senkung der Arbeitslosigkeit nicht aus. "Die heutigen Aussagen vor dem Haushaltsausschuss des Repräsentantenhauses decken sich fast eins zu eins mit den Statements im Interview", sagt ein Händler. Man habe auch nicht ernsthaft erwarten können, dass Bernanke den Tenor seiner Einschätzung ändert, meint ein Händler.
Quelle: ntv.de, rts/DJ