Aufregung nach Draghi-Rede Euro gibt deutlich nach
07.02.2013, 16:46 Uhr
Nicht mit Mario Draghi: Der Wechselkurs ist kein Politikziel der EZB.
(Foto: dapd)
Nach der ersten Ratssitzung der EZB-Währungshüter im Februar ist klar: Der Leitzins im Euroraum bleibt unverändert. Im Anschluss an die Entscheidung geht EZB-Chef Draghi ins Detail. Seine Worte lassen Devisenexperten aufhorchen.
Nach der geldpolitischen Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) zeigen sich im Devisenhandel deutliche Reaktionen: Der Euro gibt deutlich nach. Am Nachmittag notierte die Gemeinschaftswährung bei 1,3390 Dollar. Kurz vor dem Frankfurter Zinsentscheid war der Euro noch bis auf 1,3573 Dollar gestiegen.
Der EZB-Rat, das oberste Entscheidungsgremium der Europäischen Zentralbank, hatte zuvor entschieden, den für die Eurozone maßgeblichen Leitzins unverändert auf rekordniedrigem Niveau von 0,75 Prozent zu belassen.
Äußerungen von EZB-Chef Mario Draghi während der anschließenden Pressekonferenz schienen die Abwärtsbewegung zu verfestigen. Draghi habe den Aufwärtstrend des Euro zumindest vorübergehend gestoppt, fassten Beobachter die Lage zusammen. Bei der Erläuterung des jüngsten Zinsbeschlusses nannte Draghi den Euro-Anstieg ein "Abwärtsrisiko" für den Inflationsausblick.
Der Zusammenhang ist klar: Ein höherer Euro-Wechselkurs mindert den Inflationsdruck im Euroraum, weil er die Importpreise langsamer steigen lässt. Damit nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass die Verbraucherpreise weniger stark steigen, als die EZB das derzeit erwartet. Damit wächst zugleich ihr Spielraum für eine weitere Lockerung der Geldpolitik, was wiederum den Euro-Kurs belastet.
Draghi reagierte mit seiner Äußerung auf den deutlichen Anstieg der europäischen Einheitswährung in den vergangenen Wochen, der in einigen Ländern des Euroraums mit großer Sorge gesehen wird, weil er die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Ausfuhren beeinträchtigt. Der Euro fiel daraufhin von 1,3550 auf 1,3470 Dollar.
"Die Abwärtsrisiken für den Inflationsausblick rühren von einer schwächeren Wirtschaftsaktivität und in jüngster Zeit auch vom Anstieg des Euro-Wechselkurses her", sagte Draghi in seinen einleitenden Bemerkungen wörtlich.
Auf Nachfrage von Journalisten schränkte der EZB-Präsident aber ein, dass sich der Euro-Kurs nominal und real in der Nähe seines langjährigen Durchschnitts bewege. Der Anstieg sei ein Anzeichen für die Rückkehr des Vertrauens im Euroraum. Der Wechselkurs des Euro beeinflusse die Entwicklung von Wirtschaftswachstum und Inflation. Die EZB werde daher genau beobachten, ob der Euro-Kurs weiter steige und ob er sich auf die Inflationsrisiken auswirke. Allerdings sei der Wechselkurs kein Politikziel der EZB, betonte Draghi.
Draghi wehrt Hollande-Vorstoß ab
Unter Devisenexperten sorgen Draghis Worte für einiges an Aufsehen: Seine Äußerungen sind die erste nennenswerte verbale Intervention eines EZB-Präsidenten gegen den Euro seit Jahren. Zuvor hatte bereits der französische Staatspräsident Francois Hollande kritisch zur Aufwertung des Euro geäußert und eine europäische Währungspolitik gefordert. Draghi kommentierte diese Forderung mit dem Hinweis auf die Unabhängigkeit der EZB von der Politik.
Bei der Festsetzung der täglichen Referenzkurse errechnete die EZB am Donnerstagnachmittag einen Wechselkurs von 1,3546 US-Dollar für den Euro. Ein Euro entspricht außerdem 126,88 Yen, 0,86240 Pfund Sterling und 1,2312 Schweizer Franken.
London hält die Füße still
Wie kurz zuvor bekannt gegeben wurde, hält die britische Notenbank Bank of England an ihrem hochexpansiven Kurs fest: Am Donnerstag beschloss der geldpolitische Ausschuss in London, sowohl das Niveau der Anleihekäufe als auch den Leitzins konstant zu halten.
Der Zins, zu dem sich Geschäftsbanken Zentralbankgeld besorgen können, liegt weiter auf einem Rekordtief von 0,5 Prozent. Das Anleihekaufprogramm, das bereits seit Ende 2012 ausgeschöpft ist, hat ein Volumen von 375 Mrd. Pfund. Dies entspricht etwa 25 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung Großbritanniens - ein Spitzenwert unter den Hilfsprogrammen der großen Notenbanken. Die Bank of England scheint derzeit große Hoffnungen auf ihr laufendes Kreditprogramm "Funding for Lending" zu setzen. Unter diesem Programm können sich die Banken sehr günstig refinanzieren.
Quelle: ntv.de, AFP/DJ/dpa/rts