Flüchtende Anleger Euro gibt weiter nach
05.12.2008, 16:42 UhrMit einer Flucht in Staatsanleihen haben Anleger am Freitag auf schlechte US-Wirtschaftsdaten reagiert. "Die Zahlen sind eine Katastrophe und unterstreichen das Rezessionsszenario in den USA", hatte HSBC-Trinkaus-Volkswirt Lothar Hessler die jüngsten US-Arbeitsmarktdaten kommentiert.
Die Arbeitslosigkeit in den USA erreichte im November den höchsten Stand seit 15 Jahren. "Gerade Jobs, die gut bezahlt waren, sind verloren gegangen. Das stimmt sehr nachdenklich über die weitere Konjunkturentwicklung", sagte Folker Hellmeyer, Chef-Volkswirt der Bremer Landesbank. Auch aus Deutschland kamen neue Hiobsbotschaften: In Europas größter Volkswirtschaft brachen die Auftragseing änge der Industrie im Oktober um sechs Prozent ein.
"Das globale Konjunkturbild trübt sich dramatisch ein", sagte Devisenexperte Thomas Amend vom Bankhaus HSBC Trinkaus mit Blick auf den US-Arbeitsmarkt und den neuerlichen Einbruch der Bestellungen bei der Industrie in Deutschland. Vor dem Hintergrund des massiven Stellenabbaus in den USA allein im November um über eine halbe Million dürfte die US-Notenbank den Leitzins rasch von derzeit 1,00 Prozent in Richtung Null Prozent weiter senken und auch die neue Regierung unter US-Präsident Barack Obama werde zügig ein Konjunkturpaket auflegen.
"Das Fiskalpaket in den USA erscheint weiter deutlich größer als in der Eurozone", sagte Amend. Dabei hinke die Eurozone im Konjunkturzyklus den USA hinterher. Negative Überraschungen seien deshalb in der Eurozone weiterhin zu erwarten. So zeichne sich bei den Stimmungsindikatoren in den USA noch keine Bodenbildung ab. Die düsteren Konjunkturperspektiven setzten die Aktienmärkte weiter unter Druck. Davon profitiere weiter tendenziell der Dollar, sagte Amend. Allerdings habe sich der Euro bereits seit längerer Zeit in einer recht breiten Handelsspanne zum Dollar von 1,23 bis 1,31 Dollar regelrecht festgefahren.
Die EZB legte den Referenzkurs noch vor Veröffentlichung der US-Arbeitsmarktdaten mit 1,2665 Dollar nach 1,2620 Dollar am Donnerstag fest. Im Referenzkursverfahren der Banken (EuroFX) stieg der Euro auf 1,2686 (1,2623) Dollar.
Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,8666 (0,8626) britische Pfund, 116,91 (117,10) japanische Yen und auf 1,5380 (1,5335) Schweizer Franken fest. Die Feinunze Gold wurde in London am Nachmittag mit 749,00 (773,25) Dollar gefixt. Der Kilobarren kostete 19.535 (19.630) Euro.
Auftrieb für den Dollar
Von den schwachen US-Arbeitsmarktdaten profitierte der Euro am Nachmittag nur kurzzeitig. "Die anhaltende Flucht in Qualität stützt paradoxerweise den Dollar. In der Krise gelten die US-Staatsanleihen als sicherer Hafen", erklärte Commerzbank-Devisenanalystin Antje Praefcke. Um die US-Anleihen zu kaufen, müssten sich Investoren aus aller Welt mit Dollar eindecken. Der Euro fiel gegenüber dem späten US-Vortagesgeschäft um rund einen US-Cent auf 1,2682 Dollar.
Die von der Bundesbank täglich errechnete Umlaufrendite börsennotierter öffentlicher Anleihen stieg auf 2,96 (2,81) Prozent. Der Rex-Rentenindex fiel 0,55 Prozent auf 121,8709 Stellen.
Quelle: ntv.de