Viele geredet, wenig entschieden Euro profitiert kaum vom Gipfel
31.01.2012, 17:05 Uhr
Europa stellt Lösungsansätze vor, Griechenland braucht noch ein bisschen - doch wie geht es Japan?
(Foto: AP)
Ein Durchbruch sieht anders aus. Das ist das harsche Urteil der Devisenhändler über den jüngsten Brüsseler Gipfel in Sachen Euro-Schuldenkrise. Der Euro gibt sich entsprechend zurückhaltend.
Hoffnungen auf eine Einigung bei den Verhandlungen um die Entschuldung Griechenlands haben dem Euro nur zeitweise Rückenwind gegeben. Die Gemeinschaftswährung notierte am Nachmittag mit 1,3130 Dollar klar unter dem am Mittag festgestellten EZB-Referenzkurs von 1,3176 Dollar. Enttäuschende US-Daten erhöhten die Risiko-Aversion der Anleger und drückten die Gemeinschaftswährung. Dies zeige, wie hoch die Nervosität der Anleger derzeit sei, sagten Händler. Denn selbst bei einem Ende der Hängepartie um Griechenland könnte mit Portugal schon das nächste Euro-Land in Schwierigkeiten geraten, warnten Börsianer. Die Renditen zweijähriger portugiesischer Anleihen zogen zeitweise auf Rekordstände an.
Unterstützung bekamen Euro und Anleihe-Kurse zunächst von den Vereinbarungen auf einen Fiskalpakt der Euro-Länder und die vorgezogene Einführung des dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM. Zudem sollte nach Einschätzung von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy die Vereinbarung zum Forderungsverzicht privater Gläubiger für Griechenland bis zum Ende der Woche unter Dach und Fach sein. Der griechische Ministerpräsident Lukas Papademos sprach von bedeutenden Fortschritten.
Dennoch mochte am Markt niemand in Euphorie ausbrechen: "Ein Durchbruch sieht anders aus", stellte Analyst Sebastian Sachs vom Bankhaus Metzler fest. "Es war wieder einmal wie bei vorangegangenen Treffen. Die Politiker sind sich einig, einen großen Schritt vorangekommen zu sein und gute Gespräche geführt zu haben. Wie viele weitere große Schritte nötig sein werden, um letztendlich auch das anvisierte Ziel zu erreichen, ist jedoch weiterhin unklar."
Portugal macht Sorgen
Im Falle Portugal ist Analysten vor allem die hohe private und öffentliche Verschuldung ein Dorn im Auge. Das Gezerre um Griechenland habe die Sorge um ein Übergreifen der Schuldenkrise auf andere hochverschuldete Länder wieder in den Vordergrund gerückt, sagte ein Händler. Portugal will zudem am Mittwoch am Geldmarkt drei- und sechsmonatige Papiere begeben. Solche Kurzläufer gelten generell als wenig problematisch. Schwieriger könnte es aber werden, wenn Portugal wieder langlaufende Anleihen begibt - was für nächstes Jahr angepeilt ist.
Mit über 20 Prozent bei zweijährigen und über 16 Prozent bei zehnjährigen Papieren liegen die portugiesischen Renditen derzeit höher als bei allen anderen Euro-Ländern - ausgenommen Griechenland. Die Anleihen der Athener Regierung werden an den Märkten als Zockerpapiere gehandelt, um die längerfristige Anleger einen großen Bogen machen. Die Rendite der zehnjährigen griechischer Anleihen liegt bei 34 Prozent, die der zweijährigen bei astronomischen 226 Prozent.
Entspannung bei italienischen Anleihen
Italiens Anleihen sind Börsianern zufolge dagegen inzwischen auch bei einigen institutionellen Anlegern wieder en vogue. Die Renditen der zehnjährigen Anleihen pendeln um sechs Prozent - deutlich unter dem Ende vorigen Jahres aufgestellten Rekordhoch von 7,5 Prozent. Dazu trug neben dem Regierungswechsel in Rom auch die gute Aufnahme von neuen Auktionen am Markt bei. So hatte Italien erst am Montag frische Gelder über Anleihen mit langen Laufzeiten aufgenommen. Am Dienstag gab die Rendite der zehnjährigen Bonds auf rund sechs Prozent von 6,105 am Vorabend nach.
Insgesamt seien die Auktionen 2012 bisher deutlich besser als erwartet verlaufen, erklärte Michael Krautzberger, Leiter des europäischen Rentenfondsteams von BlackRock. Er führt dies unter anderem auf den kurz vor Weihnachten begebenen Drei-Jahres-Tender der Europäischen Zentralbank (EZB) zurück, der die Liquidität der Banken deutlich verbessert habe.
Yen weiter im Aufwind
An den Devisenmärkten schauten die Anleger auch wieder stärker auf den Yen. Dessen Stärke drückte den Dollar bis auf ein Drei-Monats-Tief von 76,14 Yen nach 76,30 Yen am Vorabend. Die Angst vor Interventionen bremste den Rückgang des Dollar etwas. Finanzminister Jun Azmi bekräftigte, Japan werde gegen hohe Schwankungen am Devisenmarkt vorgehen, um einen Anstieg der Währung zu verhindern. Ein starker Yen drückt auf die Ausfuhren Japans, was im vergangenen Jahr die Notenbank zu Interventionen am Devisenmarkt veranlasst hatte. Die Strategen von Morgan Stanley vermuten, dass hinter der Yen-Stärke die Käufe japanischer Großanleger stecken.
Quelle: ntv.de, rts