"Geld fließt nach Europa" Euro springt über 1,36 Dollar
01.02.2013, 15:30 Uhr
Vor 14 Monaten lag der Euro letztmals auf dem Niveau, das er derzeit inne hat.
(Foto: picture alliance / dpa)
Euro-Schuldenkrise? An den Devisenmärkten scheint das Thema mehr und mehr in den Hintergrund zu rücken. Der Euro profitiert derzeit von den lockeren Geldpolitik in Japan und den USA.
Der Euro ist weiter im Höhenflug: Die Gemeinschaftswährung kletterte am Freitag bis auf 1,3676 Dollar, den höchsten Stand seit Herbst 2011, fiel dann aber wieder zurück und tendierte am Nachmittag bei 1,3617 Dollar. Händler führten das auf vergleichsweise niedrige Sondertilgungen eines Notenbank-Kredits zurück. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs auf 1,3644 Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,7329 Euro.
Die europäischen Geschäftsbanken hatten der Europäischen Zentralbank in einem zweiten Schub 3,5 Milliarden Euro aus einem langfristigen Kredit zurückgezahlt. Analysten hatten dagegen mit 20 Milliarden Euro gerechnet. Zum Auftakt der Aktion in der vergangenen Woche hatten die Geldhäuser rund 137 Milliarden Euro getilgt. Börsianer werteten dies als Zeichen für eine Entspannung in der Schuldenkrise.
Euro präsentiert sich robust
"Das Geld fließt nach Europa zurück", sagte Jesper Bargmann, Devisenspezialist bei der RBS in Singapur. Viele Anleger schichteten derzeit ihr Portfolio um und wendeten sich von sicheren Häfen wie dem Yen oder Franken ab. Für Unterstützung sorgten diverse Einkaufsmanagerindizes für die Industrie der Eurozone. So lag der deutsche Index im Januar nur knapp unter der Expansionsschwelle. "Die Entwicklung hat keiner vorhergesehen, sie deutet auf eine viel raschere Rückkehr zu Wachstum als erwartet", sagte ein Händler
Zur japanischen Landeswährung kletterte der Euro auf bis zu 125,68 Yen, den höchsten Stand seit April 2010. Bei vielen Investoren macht sich laut Händlern derzeit das Gefühl breit, dass die Eurozone in Sachen Schuldenkrise das Schlimmste hinter sich habe.
"Es scheint, als könnten noch nicht einmal gute Konjunkturdaten aus den USA dem Dollar Rückenwind verschaffen", kommentierte Devisenexperte Lutz Karpowitz von der Commerzbank den Höhenflug des Euro im Handel mit der amerikanischen Währung.
Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,86170 britische Pfund, 125,78 japanische Yen und 1,2351 Schweizer Franken fest.
Analysten uneins
Allein in den vergangenen sechs Monaten hat der Euro zum Dollar mehr als 13 US-Cent zugelegt. "Das ist schon eine beeindruckende Rally", konstatierten Händler am Devisenmarkt. Für einige Analysten steht der Höhenflug allerdings auf wackligen Füßen. Die Situation in der Euro-Zone habe sich zwar beruhigt, sagt Rainer Sartoris von HSBC Trinkaus. "Dennoch gibt es immer noch genug Unsicherheiten und Probleme, die sich jederzeit als Störfeuer entpuppen können."
Dazu zählt Sartoris vor allem die Ende Februar anstehende Parlamentswahl in Italien und die schwächelnde französische Wirtschaft. Viele Analysten schließen nicht mehr aus, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone in die Rezession abrutschen könnte. Das Land ist in seiner Wettbewerbsfähigkeit stark zurückgefallen und steckt in einer tiefen Krise.
Die verschiedenen Rettungsschirme für notleidende Eurostaaten und das massive Eingreifen der Europäischen Zentralbank hätten zuletzt für ein gewisses Maß an Sicherheit unter den Anlegern gesorgt, hieß es in einem Marktkommentar der DZ Bank. Vor allem seit die EZB im Spätsommer unbegrenzte Anleihenkäufe von Krisenstaaten in Aussicht gestellt hat, ist die Angst vor einem Auseinanderbrechen der Währungsunion deutlich kleiner geworden.
Auch die Daten aus der Euro-Zone machten Anleger zuletzt wieder mutiger: So kletterte der Markit-Einkaufsmanagerindex für die Industrie der Eurozone im Januar auf den höchsten Stand seit knapp einem Jahr - zu verdanken ist dies vor allem Deutschland, das beim Produktionswachstum Spitzenreiter war.
Torsten Gellert vom Handelshaus FXCM bezweifelt allerdings, "dass Deutschland und vielleicht noch eine Hand voll weiterer Länder es schaffen, der Eurozone wieder signifikantes Wachstum einzuhauchen". Das Hauptproblem bleibe bestehen: "Die Länder der Eurozone driften immer weiter auseinander."
Neben der konjunkturellen Entwicklung dürfte auch die Geldpolitik der Zentralbanken für den Verlauf des Euro-Kurses entscheidend sein. Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann geht davon aus, dass der Euro-Kurs langfristig sinken wird, weil die US-Notenbank Fed aufgrund der besseren Wachstumsaussichten deutlich früher als die EZB über die Möglichkeit und Notwendigkeit von Zinserhöhungen nachdenken dürfte. Spätestens zu Jahresmitte sollte "klar werden, dass die US-Konjunktur ordentlich verläuft, während sich der Euroraum - vor allem in der Peripherie - quälend langsam erholt", meinte er.
Quelle: ntv.de, jga/rts/DJ/dpa