Krise, wohin man blickt Euro unter 1,22 Dollar
12.07.2012, 14:10 Uhr
Erst im Fall einer weiteren wirtschaftlichen Eintrübung: Noch hält die Fed die Füße still.
(Foto: REUTERS)
Die Krise im Euro-Raum, die Enttäuschung über die Fed sowie die Zinsentscheidungen in Japan und Brasilien: Währungshändler brauchen heute den Weitblick. Das tut der Gemeinschaftswährung nicht gut, sie sinkt auf ein neues Zwei-Jahres-Tief.
Der Euro kommt nicht auf die Beine. Die europäische Gemeinschaftswährung fiel im Vergleich zum Dollar auf den tiefsten Stand seit zwei Jahren: Ein Euro war gegen Mittag 1,2156 Dollar wert. Das ist der niedrigste Stand seit 30. Juni 2010. Marktteilnehmer sagten, dass sich Devisenhändler vom Sitzungsprotokoll der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) mehr versprochen hatten.
Die Fed steht diesen Angaben zufolge der Möglichkeit weiterer Anleihekäufe zur Stützung der Wirtschaft offen gegenüber. Viele Mitglieder des für der Geldpolitik zuständigen Offenmarktausschusses wollen jedoch nur im Falle einer weiteren wirtschaftlichen Eintrübung zu diesem Mittel greifen, wie aus dem Protokoll der geldpolitischen Sitzung im Juni hervorging.
Sorgen bereitet außerdem die anhaltende Schuldenkrise in Europa: Die Anleger glauben offenbar nicht, dass die Maßnahmen in Europa gegen die Krise ziehen werden. Die Risikoaufschläge auf italienische und spanische Staatsanleihen stiegen am Donnerstag erneut. In dieser Situation legen die Investoren ihr Geld daher lieber in Währungen an, die sie für stabiler halten - den Dollar und den Yen. Auch die japanische Währung gewann im Vergleich zum Euro am Donnerstag erneut an Wert - und erreichte mit 96,59 Yen pro Euro den höchsten Wert seit November 2000, also seit fast zwölf Jahren.
Rekordtief bei 8 Prozent
Unabhängig von den Perspektiven im Dollar- und Euro-Raum befassten sich Devisenanalystenmit den Auswirkungen zinspolitischer Weichenstellungen in drei überaus einflussreichen Volkswirtschaften: Japan und Brasilien. Die japanische Notenbank belässt den Leitzins weiter im Korridor zwischen null und 0,1 Prozent. Die am Donnerstag bekanntgegebene Entscheidung war weithin erwartet worden und fiel einstimmig aus. Die Zentralbank vertrat nach wie vor die Auffassung, dass die japanische Wirtschaft ihren moderaten Erholungskurs fortsetzen wird.
Die brasilianische Notenbank senkte unterdessen ihren Leitzins zur Stützung der Wirtschaft in dem aufstrebenden Schwellenland auf ein Rekordtief. Wie die Zentralbank in Brasilia mitteilte, wird der Zinssatz um 50 Basispunkte auf 8,0 Prozent reduziert und damit zum achten Mal in Folge. Experten hatten mit diesem Schritt gerechnet. Die Entscheidung, an der Zinsschraube zu drehen, wurde in der Zentralbank einstimmig gefällt.
Nummer Sechs der Weltwirtschaft
Die größte Volkswirtschaft Südamerikas ist berühmt für ihre hohen Leitzinsen, die nach einer traumatischen Phase mit einer sprunghaften Inflation in den 80er und 90er Jahren kurz vor der Jahrtausendwende ein Rekordhoch von 45 Prozent erreichten.
Präsidentin Dilma Rousseff hat niedrigere Zinsen zu einer der Prioritäten ihrer Amtszeit erklärt, um das Wirtschaftswachstum weiter bei Raten von vier Prozent und mehr zu halten. Der Aufschwung machte die weltweit sechstgrößte Volkswirtschaft in den vergangenen Jahren zu einem der attraktivsten Schwellenländer für Investoren gemacht.
Paukenschlag in Seoul
Die südkoreanische Notenbank lockerte unterdessen überraschend ihre Geldpolitik. Der Leitzins wurde um 25 Basispunkte auf 3,00 Prozent zurückgeschraubt. Die erste Zinssenkung in Südkorea seit Februar 2009 überraschte die meisten Marktakteure, die erwartet hatten, dass die Bank of Korea (BoK) zumindest einen weiteren Monat abwarten würde. Die Währungshüter entschieden sich aber, den jüngsten Aktionen der Zentralbanken in China, Europa und Großbritannien zu folgen.
In den letzten Monaten hatte sich das Wachstum der südkoreanischen Wirtschaft, die sehr exportabhängig ist, angesichts der globalen Konjunkturflaute und der europäischen Schuldenkrise abgeschwächt. In diesem Monat hat die Regierung ihre Prognose für die Exporte, die für rund die Hälfte des südkoreanischen Wachstums verantwortlich sind, gesenkt. Analysten sagten, nach dieser Zinssenkung bleibe in diesem Jahr kein großer Spielraum mehr für weitere Lockerungen, weil die Notenbank mit erhöhten Inflationserwartungen zu kämpfen habe.
Quelle: ntv.de, DJ/rts