"Flucht in die Qualität" Euro verliert Anhänger
05.02.2010, 17:00 UhrDer Euro setzt seine Talfahrt vor dem Wochenende fort. Trotz schwacher Arbeitsmarktdaten aus den USA rutscht die Gemeinschaftswährung auf den tiefsten Stand seit Mai 2009 ab.

Bunte Exoten im Devisenhandel: Kasachische Tenge, gezählt, gebündelt und eingeschweißt.
(Foto: REUTERS)
Anhaltende Sorgen um mögliche Zahlungsausfälle von Euro-Mitgliedsstaaten halten den Euro weiterhin unter Druck. Trotz schwacher Arbeitsmarktdaten aus den USA fiel die Gemeinschaftswährung bis auf 1,3639 Dollar und kostete damit so wenig wie seit Mai 2009 nicht mehr.
Hauptgrund ist die anhaltende Sorge um die angespannte Haushaltslage in mehreren Euro-Ländern. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Mittag auf 1,3691 (Donnerstag: 1,3847) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,7304 (0,7222) Euro.
Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,87325 (0,87310) britische Pfund, 122,49 (125,68) japanische Yen und 1,4682 (1,4690) Schweizer Franken fest.
Der Preis für die Feinunze Gold wurde in London am Nachmittag mit 1058,00 (1083,25) Dollar gefixt. Der Kilobarren Gold kostete 24.827,00 (25.710,55) Euro.
Wegen der Haushaltsprobleme im Euroraum hat die Gemeinschaftswährung seit Jahresbeginn fast zehn Cent an Wert eingebüßt. "An den Märkten herrscht die Flucht in Qualität vor", sagte Devisenexperte Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank. "Hiervon profitiert auch der Dollar als weltweite Reservewährung."
Nachdem in den vergangenen Wochen zunächst der hochverschuldete Euro-Staat Griechenland den Euro belastete, kommen nun Sorgen um weitere angeschlagene Länder wie Portugal, Spanien oder Italien hinzu. "Das ist schon eine neue Qualität der Problematik", sagte Leuchtmann. "Da die Krise vom Euroraum ausgeht, bietet sich der Dollar viel eindeutiger als sicherer Hafen an."
Viel Aufmerksamkeit für Lissabon
Dementsprechend stieg der Dollar-Index, der die Kursentwicklung zu einer Reihe wichtiger Währungen widerspiegelt, auf 80,435 Punkte und damit auf den höchsten Stand seit Juli 2009. Neben Griechenland und Spanien stand vor allem Portugal im Zentrum der Befürchtungen. Die mögliche Blockade der portugiesischen Sparpläne durch die dortige Opposition schürte die Nervosität der Anleger.
Schwache Konjunkturdaten aus den USA setzten den Dollar indes nur kurzzeitig unter Druck. Trotz der Konjunkturerholung hielt der Stellenabbau zu Beginn des neuen Jahres überraschend an. Im Januar fielen 20.000 Jobs weg, Analysten hatten dagegen mit 5000 neuen Arbeitsplätzen gerechnet. "Die erhoffte Trendwende ist ausgeblieben", sagte Helaba-Experte Ralf Umlauf. Allerdings fiel die Arbeitslosenquote. Einige Analysten sprachen daher von gemischten Signalen.
"Unterstützung erhielt der Dollar jedoch von der gesunkenen Arbeitslosenquote", sagte Leuchtmann. Nachdem hier der Höhepunkt überschritten sein dürfte, steige die Wahrscheinlichkeit für eine erste Zinserhöhung der US-Notenbank in der mittleren Frist. Dies würde den Zinsnachteil des Dollar zum Euro verringern.
Gemunkel um Schweizer Eingriff
Zusätzliche Unterstützung bekam der Euro von Spekulationen auf Franken-Verkäufe durch die Schweizer Nationalbank. Zur Schweizer Valuta kletterte der Euro daraufhin auf ein Viereinhalb-Wochen-Hoch von 1,4851 Franken, nachdem er zuvor auf bis zu 1,4564 Franken zurückgegangen war - den tiefsten Stand seit Oktober 2008. Die Schweizer Nationalbank wollte die Gerüchte nicht kommentieren.
Die Flucht in sichere Anlagen trieb den Bund-Future am Rentenmarkt um 49 Ticks auf 124,19 Zähler. In der Spitze kletterte der Kontrakt auf 124,47 Zähler.
Das Misstrauen der Anleger in die Finanzkraft Portugals, Spaniens und Griechenlands trieb die Kosten für die Versicherung von Schulden der drei Staaten gegen Ausfälle zeitweise auf Rekordhochs. Im Verlauf gingen sie aber wieder etwas zurück. Auch die Renditeabstände der spanischen und portugiesischen Bonds zogen an.
Quelle: ntv.de, dpa/rts