Wall-Street -Vorschau Fed auf der Watchlist
18.09.2011, 14:16 Uhr
Fed-Chef Bernanke steht unter Druck.
(Foto: REUTERS)
Im Fokus steht kommende Woche die US-Notenbank und ihr Kampf gegen die Wirtschaftskrise. Erwartet wird, dass sie der mauen Konjunktur bei ihrer Sitzung am Dienstag und Mittwoch auf die Sprünge helfen werden. Beobachter erwarten Umschichten der Fed-Bilanz.
Die US-Notenbank Fed geht im Kampf gegen die Wirtschaftskrise wohl erneut in die Offensive: Politik, Unternehmen und Verbraucher setzen darauf, dass die Zentralbanker um Gouverneur Ben Bernanke der mauen Konjunktur bei ihrer Sitzung am Dienstag und Mittwoch auf die Sprünge helfen werden. Doch nachdem die Notenbank in der Krise die Bilanz auf 2,8 Billionen US-Dollar aufgebläht hat, dürfte sie nun keine großen Geschütze - sprich Mega-Ankaufprogramme für Staatsanleihen - mehr aufbieten. Stattdessen rechnen Experten damit, dass die Fed der Konjunktur mit einem geschmeidigen Umschichten ihres Portfolios einen sanften Schub verleihen wird. Dabei könnte sie auf alte Erfolgsrezepte aus den 60er Jahren zurückgreifen.
In Anlehnung an ein 1960 aufgelegtes Programm nennen Experten die womöglich bald anstehende neue geldpolitische Lockerungsübung der Fed "Operation Twist II": Statt die Bilanz auszuweiten könnte die Notenbank dabei ihre Wertpapiere neu sortierten. Sie würde den Schwerpunkt auf länger laufende Anleihen legen und gleichzeitig die langfristigen Zinsen drücken. Damit könnten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Hypotheken für Häuslebauer dürften billiger und somit der darbende Immobilienmarkt angekurbelt werden. Zugleich sollen die Firmen zu verstärkten Investitionen angeregt werden.
Fed-Beobachter Christoph Balz von der Commmerzbank ist skeptisch, ob "Twist II" gelingen wird: "Die amerikanischen Unternehmen erwirtschaften derzeit hohe Gewinne und verfügen über ein außergewöhnliches Liquiditätspolster. In diesem Umfeld werden sie allein aufgrund niedrigerer Kapitalmarktzinsen wohl kaum deutlich mehr investieren." Auch die privaten Hauhalte profitierten von niedrigeren Zinsen nur begrenzt. "Überschuldeten Haushalten ist in den USA bei fallenden Zinsen eigentlich mögliche Refinanzierung von Hypothekendarlehen zu günstigeren Konditionen verwehrt", erläutert Balz.
Fed muss liefern
Doch Bernanke steht gehörig unter Druck: Zu groß sind die Erwartungen, die auf dem mächtigsten Geldpolitiker der Welt lasten. Auf der Notenbank-Konferenz in Jackson Hole ließ er bereits durchblicken, dass er zur weiteren Stimulierung der Wirtschaft bereit ist. Zugleich verlängerte er die Septembersitzung des Offenmarktausschusses um einen Tag, um mehr Zeit für die Abstimmung in dem über den weiteren Kurs tief gespaltenen Gremium zu gewinnen.
Die Wirtschaft und insbesondere der Arbeitsmarkt traten im August auf der Stelle. Da die Fed den Auftrag hat, Vollbeschäftigung zu fördern, muss sie die für US-Verhältnisse ungewöhnlich hohe Arbeitslosenrate von 9,1 Prozent alarmieren. Die Fed steht unter Zugzwang, will sie nicht als ohnmächtig dastehen. Da der Leitzins bereits nahe der Nulllinie liegt und die Notenbank ihn auch mittelfristig nicht antasten will, hat sie ihr Pulver an dieser Front weitgehend verschossen.
Bernanke muss zudem damit rechnen, dass ihm intern massive Kritik bei neuen Maßnahmen zur Stimulierung der Wirtschaft entgegenschlägt. Der US-Notenbanker Richard Fisher hält das Bekenntnis, die Zinsen für zwei Jahre ultra-niedrig zu halten, bereits für kontraproduktiv. Ohnehin habe die Notenbank schon genug getan, um die Wirtschaft anzukurbeln.
"Twist II" recht oder links herum
Ähnlich denken auch die übrigen Falken im Offenmarktausschuss - Charles Plosser und Narayana Kocherlakota. Dennoch wird sich die Notenbank zu einer weiteren Stimulierung der Wirtschaft durchringen, meint Michele Meyer von der Bank of America Merril Lynch: "Damit signalisiert sie, dass sie das Wachstum noch immer aktiv ankurbelt." Von Januar bis Juni hatte die Wirtschaftsleistung aufs Jahr hochgerechnet nur um knapp ein Prozent zugelegt - viel zu wenig, um die hohe Arbeitslosigkeit abzubauen. Sollte sich die Fed zu "Twist II" durchringen, hat sie zwei Möglichkeiten: Bei der eher sanften Variante wird sie alle auslaufenden Bonds durch langfristige ersetzen. Bei der aggressiveren Variante verkauft sie kurzfristige Anleihen, um längerfristige ins Depot zu holen.
Bernanke hat jedoch noch weitere Pfeile im Köcher: beispielsweise eine Senkung des Einlagenzinses. Doch dieses Manöver dürfte kaum große Effekte erzielen. Denn bereits jetzt ist der Zins mit 0,25 Prozent denkbar niedrig.
Mit einer großangelegten neuen Ankaufaktion von Staatsanleihen (QE 2) könnte der Fed-Chef zwar einen großen Knalleffekt erzielen, aber auch die Inflationsgefahr weiter anheizen und damit seine Kritiker auf den Plan rufen. "Die Risiken und Nebenwirkungen sind beachtlich", warnt Balz. Auch der US-Ökonom Eric Green von TD Securities ist der Meinung, dass die Fed diese Option für den absoluten Notfall reserviert. "Das wäre dann schon eher eine Verzweiflungstat. Falls die Schuldenkrise in Europa außer Kontrolle gerät, könnte das aber genau der Auslöser dafür sein."
Quelle: ntv.de, rts