Marktberichte

Inside Wall Street Geheimniskrämerei bei Apple

Alle paar Monate rätselt die Wall Street über den Gesundheitszustand von Steve Jobs – und dabei stellt sich eine moralische Frage. Wie detailliert muss Apple eigentlich berichten, wenn sich der CEO sechs Monate krank meldet, wenn er eine neue Leber bekommt oder Verdacht auf Darmkrebs besteht?

Apple-Chef Steve Jobs.

Apple-Chef Steve Jobs.

(Foto: dpa)

So viel steht fest: Apple ist weniger transparent als andere Konzerne der Branche. Ausgerechnet in der Hightechbranche ist es ja mittlerweile üblich, dass nicht nur der CEO, sondern jeder zweite Mitarbeiter einen Blog samt Twitter-Feed unterhält, und dass alltägliche Gedanken zu Leben und Arbeit ihren Weg auf Facebook finden.

Ausgerechnet bei Apple sucht man solche Dinge umsonst, denn das Unternehmen verbietet seinen Mitarbeitern strengstens, über den Job – und Jobs! – zu plaudern und hält sich auch über offizielle Wege stets bedeckt.

Und nicht nur das: Intern streut Apple gerne falsche Informationen. Falls doch einmal Details aus dem Unternehmen an die Öffentlichkeit kämen, lenken sie von wahren Entwicklungen im Mac-Haus ab – und sie können zudem zurückverfolgt werden.

"Die sind total paranoid", klagt Mark Hamblin, der mit der Arbeit an der Touchscreen-Technologie des iPhone betraut war und Apple im vergangenen Jahr verlassen hat. Und Edward Eigerman, der vier Jahre lang in Apples IT-Abteilung saß, war bei der offiziellen Vorstellung des iPod völlig perplex. "Damit hatte im Haus keiner gerechnet."

Gene Munster, Tech-Analyst bei Piper Jeffrey, bestätigt die Geheimhaltung bei Apple aus eigener Erfahrung. Ein hochrangiger Manager habe ihm vor einigen Jahren erklärt, dass das Unternehmen an einem billigeren iPod ohne Bildschirm keinerlei Interesse habe – wenige Wochen später wurde genau dieses Modell vorgestellt: der iPod Shuffle, klein, billig, ohne Bildschirm.

Dunkle Tücher und rote Lichter

Doch nicht nur in Sachen Kommunikation ist Apple übervorsichtig. Mitarbeiter, die an neuen und geheimen Projekten arbeiten, erreichen ihr Labor durch einen Irrgarten und zahlreiche Sicherheitstüren, benötigen Karten und persönliche Codes und müssen bei der Arbeit ihre Geräte weitgehend mit schwarzen Tückern bedecken um sie vor fremden Blicken zu schützen. Wenn ein Gerät aus praktischen Gründen zur Arbeit oder Untersuchung nicht abgedeckt werden kann, werden rote Warnlampen aktiviert, die Mitarbeiter zu besonderen Vorsicht mahnen: Hier nicht hinsehen!

Der Wall Street passt eine solche Politik natürlich nicht. An der Börse wird die Zukunft gehandelt, und in Bezug auf Apple sind das neue Geräte, neue Computer und neue Software. Da wüsste man gerne, was in den nächsten Monaten auf den Markt kommen könnte – und wer dahinter steckt. In der Vergangenheit war es stets Steve Jobs, der als Ideengeber galt. Insofern ist verständlich, dass sich Anleger um den Gesundheitszustand des CEO sorgen. Sollte Jobs eines Tages nicht einsatzfähig sein, ginge dem Apple nicht nur ein Chef verloren, sondern die ganze kreative Zentrale, das Genie hinter dem Erfolg von Mac, iPod und iPhone – darauf will man sich notfalls einstellen.

Legal bewegt sich Apple indes auf sicherem Terrain. Da Steve Jobs zuletzt ein halbes Jahr krankgeschrieben war und die Tagesgeschäfte an einen Stellvertreter übertragen hatte, unterliegen Details zur Akte Jobs nicht der Vorlegungspflicht.

Quelle: ntv.de

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