Marktberichte

Inside Wall Street Gesiebte Luft für Gordon Gekko

Von Lars Halter, New York

"Gier ist gut", war das Credo von Gordon Gekko im Film "Wall Street". Der skrupellose Investor, für den Michael Douglas einen Oscar erhielt, baut seinen Erfolg auf Insider-Trades, fliegt später auf - wird aber nie zur Rechenschaft gezogen. Der Film endet für den Hauptdarsteller offen, und vielleicht ist das der Grund, warum sich sein Geschäfts-Prinzip bis heute gehalten hat. In New York ist nun einer der größten Insider-Skandale der Geschichte aufgeflogen, für die Helden wird es wohl kein Happy-End geben.

Was den Skandal so außergewöhnlich macht, sind die Mitwirkenden. Während Gordon Gekko nämlich aus einer kleinen Broker-Boutique arbeitete, stecken nun unter anderem Mitarbeiter von Morgan Stanley und der UBS mitten im Sumpf. Insgesamt 14 Angeklagte sollen über einen Zeitraum von fünf Jahren einen Profit von etwa 15 Mio. US-Dollar erwirtschaftet haben. Ein lukratives Geschäft für alle, das seinen Ursprung - standesgemäß - in der "Oyster Bar" im New Yorker Bahnhof Grand Central hat.

Die "Oyster Bar" mit ihrem schweren, hölzernen Ambiente ist seit eh und je ein Treffpunkt der Stars und Broker. Hier saßen im Jahr 2001 der Hedgefond-Investir Erik Franklin und Michael Guttenberg, ein damals 36-jährige Direktor der UBS und Mitglied im Kommitee der Bank, das über neue Kauf- und Verkaufempfehlungen der Analysten schaut, bevor diese veröffentlicht werden. Guttenberg bot Franklin an, ausstehende Schulden von 25.000 US-Dollar nicht in bar zu bezahlen, sondern diese mit Insider-Tips über anstehende Analysten-Empfehlungen auszugleichen.

Man war sich schnell einig: Guttenberg gab Franklin Tips unter anderem zu Papieren wie Allstate, U.S. Bancorp, Lexmark und Union Pacific - und Franklin machte mit seinem Insider-Wissen mehr als vier Mio. Dollar. Ein später hinzugezogener Kollege verdiente mit demselben Schema 850.000 Dollar.

Ein ähnliches Schema nutzten Randi Collotta, die Morgan Stanley als Anwältin bei der Betreuung von Mergern und Übernahmen beriet. Collotta verriet anstehende Deals zunächst an ihren Ehemann, später an einen anderen Trader, der sein Wissen wiederum an zwei ehemalige Angestellte von Bear Stearns weitergab. Diese wussten vor allen anderen Anlegern von den Übernahmen zwischen Adobe Systems und Macromedia sowie zwischen Pacificare Health Systems und UnitedHealth Group in 2004 und 2005, handelten mit diesem Wissen - und zahlten Hunderttausende an die Informanten zurück.

Die amerikanische Börsenaufsicht SEC klagt nun auf Rückzahlung sämtlicher illegaler Gewinne, auf saftige Geldstrafen und Gefängnis. Die 14 Angeklagten, von denen sich bereits einige schuldig bekannt haben, müssen mit Haftstrafen zwischen zehn und 40 Jahren rechnen. Nach den Prozessen dürfte dann klar sein, "dass die SEC Insider-Handel unter Hedgefond-Managern mit höchster Priorität bekämpfen" will, wie Behörden-Chef Christopher Cox erklärt.

Den Angeklagten dürfte unterdessen klar sein, dass sich Hollywood-Verbrechen nicht ins wirkliche Leben übertragen lassen. Der Leinwand-Held mag sich der Strafe entziehen, weil der Abspann mit dramatischer Musik wartet. Für Guttenberg und Co. wird sich die Justiz ausreichend Zeit nehmen.

Quelle: ntv.de

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