Marktberichte

Anfangseuphorie verraucht Gewinne bröckeln ab

Mit dem schwachen Montagshandel schien die Wall Street zur "Small" Street zu mutieren. Das enorm gestiegene Verbrauchervertrauen gab jedoch wieder Anlass zu Hoffnung, und die Kurse stiegen prompt. Gegen 20:00 Uhr bekamen die Anleger aber wohl Höhenangst, die Gewinne begannen abzubröckeln. Der Dow Jones gewann 0,7 Prozent auf 10.353 Zähler, die Nasdaq legte nach wechselvollem Handel 0,6 Prozent zu auf 1.824 Punkte.

Das Vertrauen der amerikanischen Verbraucher in die Entwicklung der heimischen Wirtschaft ist im März auf 110,2 Punkte gestiegen von 95 Punkten im Vormonat. Dies ist der höchste Stand seit August 2001 und zugleich der größte monatliche Anstieg seit 25 Jahren.

Dem Index für das Vertrauen der US-Verbraucher wird entscheidende Bedeutung für die weitere Entwicklung der Kurse beigemessen. Denn: Die amerikanischen Konsumenten "stemmen" rund zwei Drittel der heimischen Konjunktur und sind damit ein großes Rädchen im Wirtschaftsgetriebe.

Auch die Auftragseingänge für langlebige Güter in den USA sind im Februar gestiegen. Wie das Arbeitsministerium in Washington am Dienstag vor Börseneröffnung mitteilte, beträgt das Plus 1,5 Prozent. Dieser Zuwachs geht allerdings in erster Linie zurück auf Rüstungsgüter. Rechnet man die heraus, dann ergibt sich sogar ein leichtes Minus von 0,2 Prozent. Analysten hatten ein Plus von einem Prozent erwartet.

Mit der positiven Entwicklung der Konjunkturdaten steigen auch die Erwartungen hinsichtlich der Unternehmensgewinne. Inwieweit die aber realistisch sind, ist unter Beobachtern stark umstritten. Und deshalb schauen die Anleger mit großer Nervosität auf die nächste Berichtssaison, die in der Woche nach Ostern startet. Andere Beobachter wiederum sehen die Kurse inzwischen auf einem Niveau, wo auch mögliche Enttäuschungen bereits eingepreist sind. "Dreh- und Angelpunkt werden die Prognosen der Firmen für den weiteren Verlauf des Geschäftsjahres 2002 sein", sagte ein Beobachter.

Einen ersten Vorgeschmack auf die anstehende Berichtssaison gab es bereits am Dienstag von Morgan Stanley Dean Witter. Für das erste Quartal meldete die Investmentbank zum sechsten Mal in Folge einen Gewinnrückgang auf aktuell 0,76 Dollar je Aktie im Vergleich zu 0,94 Dollar noch vor einem Jahr. Immerhin ist das aber mehr als von Analysten erwartet, die im Schnitt mit einem Gewinn von 0,69 Dollar pro Anteilschein gerechnet hatten. Den erneuten Gewinnrückgang begründete Morgan Stanley mit einem Ausfall des lukrativen Fusionsgeschäfts und der anhaltenden Börsenschwäche. Dennoch legte die Aktie zu: um 1,7 Prozent auf 55,79 Dollar.

Von Unternehmensseite gibt es gute Nachrichten. Brocade teilte am Montag Abend am Rande einer Analysten- konferenz mit, dass man die Erwartungen von Analysten für das zweite Quartal des aktuellen Geschäftsjahres erfüllen, möglicherweise sogar übertreffen werde. Das gefällt den Aktionären des Netzwerkkonzerns. Sie kauften die Aktie und sorgten für ein Plus von 3,1 Prozent auf 25,26 Dollar.

Weniger gut sind dagegen die neuesten Nachrichten von WorldCom. Die Investmentbank UBS Warburg stufte die Aktie des Telekom-Anbieters herunter von "kaufen" auf "halten". Eine Begründung für diese Zurückstufung blieb UBS bislang allerdings noch schuldig. Die brauchten die Anleger auch nicht, um zu verkaufen. Die Aktie gab 6,3 Prozent auf 6,11 Dollar ab.

Die geplante vollständige Übernahme von McAfee.com durch Network Associates gerät ins Stocken. Grund sind Untersuchungen der Bundesbehörden zubisherigen Bilanzierungspraktiken des Spezialisten für Netzwerksicherheit. Network Associates räumte ein, schon länger Kontakt zur Börsenaufsicht SEC gehabt zu haben, der jetzt in eine offizielle Untersuchung eingemündet sei. Daraufhin habe man das Übernahmeangebot für die freien McAfee-Aktien zunächst auf Eis gelegt. Der Kurs von Network Associates brach um 11,1 Prozent auf 22,23 Dollar ein. Noch schlechter erging es McAfee.com: minus 16,0 Prozent auf 15,55 Dollar.

Der Netzwerkspezialist Ciena spürt weiter den rauhen Wind in der Telekombranche. Wegen der anhaltend schwierigen Lage sollen jetzt Stellen gestrichen werden. 650 Jobs oder 22 Prozent der Beschäftigten stehen zur Disposition. Insgesamt erhofft sich Ciena dadurch Kosteneinsparungen von rund 150 Millionen Dollar jährlich. Die Aktie schloss mit einem Plus von 0,6 Prozent bei 8,40 Dollar.

Der Holzverarbeiter Boise Cascade (Büromöbel, Papierartikel) schockierte die Börse mit einer saftigen Gewinnwarnung. Statt erwarteter 3 Cent je Aktie im ersten Quartal werde der Verlust zwischen 15 und 20 Cent liegen. Die Probleme würden vor allem aus den Niedrigpreisen auf dem Papiermarkt resultieren. Angesichts dieser Meldung wundert der Kursgewinn von 0,2 Prozent auf 36,33 Dollar auf den ersten Blick. Der Markt hatte wohl insgeheim mit einer solchen Hiobsbotschaft gerechnet.

Quelle: ntv.de

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