Dax-Vorschau Hoffen auf den goldenen Herbst
25.09.2010, 08:59 UhrDie nachrichtenarme Zeit am deutschen Aktienmarkt nähert sich langsam ihrem Ende. Für Impulse werden allerdings in erster Linie Konjunkturdaten aus den USA sorgen.
Die Aussichten auf einen goldenen Herbst am Aktienmarkt schwinden. In der neuen Woche stehen wichtige Konjunkturdaten aus den USA an, und Aktienstrategen erwarten kaum Positives. "Selbst wenn die USA nicht wieder zurückfallen in eine Rezession, bleibt die große Frage: Wie deutlich wird die Abschwächung?", sagt Markus Reinwand von der Helaba. "Ich fürchte, dass da eher böse Überraschungen drohen." Hierzulande dürften Finanzwerte weiterhin oben auf der Beobachtungsliste stehen. Und auch für Übernahmespekulationen haben Investoren derzeit ein offenes Ohr.
Die generelle Unentschlossenheit der Investoren lässt sich an der Entwicklung in den vergangenen Monaten ablesen - seit Mitte Mai pendelt der Dax in einer Spanne zwischen 5800 und 6400 Punkten.
Gestützt wird der Aktienmarkt weiter von der lockeren Geldpolitik der Notenbanken. Dadurch ist reichlich Geld im Umlauf, das auch angelegt werden will. Die wieder angefachten Übernahmefantasien im Unternehmenssektor und die nach wie vor als attraktiv geltenden Bewertungen sprechen nach Ansicht von Dennis Nacken von Allianz Global Investors ebenfalls gegen eine steile Talfahrt.
Zähe Erholung in den USA
Zum Zustand der weltgrößten Volkswirtschaft werden sich Investoren in den nächsten Tagen ein recht klares Bild machen können. Aus allen wichtigen Bereichen stehen Daten an - von der Entwicklung der Hauspreise über das Verbrauchervertrauen bis zum nationalen Einkaufsmanagerindex. Christoph Balz von der Commerzbank sagt für diesen wichtigen Vorlaufindikator einen deutlichen Rückgang voraus. Das wäre ein neuer Hinweis darauf, dass die Industrie an Schwung verliert. Über die konjunkturelle Dynamik in Japan wird der am Mittwoch anstehende Tankan-Bericht Aufschluss geben. Aus der Eurozone stehen die finalen Statistiken zu den Einkaufsmanagerindizes an.
Steffen Neumann von der LBBW hebt hervor, dass der Aktienmarkt trotz der inzwischen allseits bekannten Risiken nach wie vor auf schwache Daten sensibel reagiert. Offenbar sei noch kein wirkliches Vertrauen vorhanden, dass die nachlassende Wachstumsdynamik auch tatsächlich nur ein Atemholen sei, schlussfolgert der Aktienstratege. Neumann selbst fürchtet keinen Rückfall in die Rezession.
Unter verstärkter Beobachtung dürfte hierzulande der Finanzsektor bleiben. Investoren warten unter anderem auf Hinweise, wie viel Geld die Deutsche Bank aus ihrer milliardenschweren Kapitalerhöhung für die geplante Postbank-Übernahme ausgeben muss. Ihr Angebot an die freien Aktionäre geht über den gesetzlich vorgegebenen Mindestpreis nicht hinaus. Analysten vermuten daher, dass der Deutschen Bank nicht allzu viele Aktien angedient werden. Heiß diskutiertes Thema bleiben auch die Konsolidierungsgespräche der Landesbanken.
Quartalssaison beginnt
Gleich zu Wochenbeginn wird Siemens in den Fokus rücken. Am Montag legt der Münchener Technologiekonzern Eckdaten zum Schlussquartal (Geschäftsjahresende per 30. September) vor. Im Vorfeld hat Siemens bereits angekündigt, in seinem Medizintechnik-Geschäft eine Milliardensumme abzuschreiben.
In den USA haben die ersten Unternehmen bereits über das dritte Quartal berichtet, und deren Zahl wird in den kommenden Tagen und Wochen steigen. Bislang gibt es nur Indikationen: So konnten Oracle und Nike mit besser als erwarteten Zahlen aufwarten, dagegen enttäuschten AMD und Adobe mit ihren Ausweisen.
Die Frage wird sein, inwieweit sich die Abschwächung der US-Wirtschaft bereits in den Zahlen bzw in den Ausblicken der Unternehmen widerspiegeln wird. Nachdem die Sorgen über einen Rückfall in die Rezession zuletzt nachgelassen haben, werfen die jüngsten Aussagen der US-Notenbank die Anleger erneut in ein Wechselbad der Gefühle. Denn die Hoffnung auf neue Liquidität durch die Druckerpresse kontrastiert scharf mit dem Eingeständnis, dass es in der US-Wirtschaft nicht rund läuft.
Fed im Blick
Auf besonderes Interesse dürfte in diesem Zusammenhang die Bekanntgabe des ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe am kommenden Freitag treffen. Im Konsens wird mit einer Abschwächung im September auf 55 von 56,3 Punkten gerechnet. Damit würde der Index aber weiter deutlich über der Expansionsschwelle von 50 notieren. Am Dienstag und Donnerstag werden Daten zum Verbrauchervertrauen bzw der Chicago-Einkaufsmanagerindex bereits neue Hinweise über den Zustand der US-Wirtschaft liefern.
Ob die Wirtschaft wieder in die Rezession fallen wird oder nicht, wird auch diese Datenreihe nicht abschließend beantworten. Klar scheint allerdings, dass die US-Wirtschaft nicht ausreichend wächst, um den maroden Arbeitsmarkt und damit den so wichtigen Konsum nachhaltig zu stützen. Eine steigende Zahl von Beobachtern sieht daher keine Alternative zu einer erneuten Ausweitung der Geldmenge oder Quantitative Easing 2 (QE2); die Frage scheint lediglich, wann und in welchem Umfang Staatspapiere aufgekauft werden.
Der Handelsdruck auf die Federal Reserve dürfte auch deswegen steigen, da die US-Regierung angesichts des innenpolitischen Widerstands kaum in der Lage sein wird, ein ausreichend umfangreiches Konjunkturprogramm aufzulegen, um die Wirtschaft stärker zu stimulieren. Inwiefern dies angesichts eines Nullzinsumfeldes über QE2 erreicht werden kann, ist für die Fed Neuland. Die Deutsche Bank spricht in diesem Zusammenhang von einer Geldpoltik im Experimentierstadium. Japan stellt jedenfalls ein Warnsignal dar. Die Wirkungen von QE2 könnten das große Thema für die Aktienmärkte im kommenden Jahr werden.
Wie läuft es im Bankensektor?
Mit Blick auf die bald beginnende Quartalssaison dürfte vor allem die Entwicklung des Bankensektors interessant werden. Nach der sehr volatilen Marktentwicklung der Finanzmärkte über den Sommer haben vereinzelt Analysten wie Meredith Whitney davor gewarnt, dass die Konsensprognosen im Bankensektor viel zu hoch seien. Die schwachen Zahlen von Jeffreys lassen hier aufhorchen.
Zwar dürften nun auch andere Analysten eifrig damit beschäftigt sein, ihre Schätzungen nach unten anzupassen. Der Korrekturbedarf könnte enorm sein. Der Stratege der Deutschen Bank, Jim Reid, weist darauf hin, dass im Konsens bei Goldman für das dritte Quartal mit einem Gewinn je Aktie von 3,13 Dollar gerechnet wird, bei Morgan Stanley mit 0,53 Dollar. Die Deutsche Bank rechnet aber nur noch mit einem Ergebnis je Anteilsschein von 1,95 Dollar bzw. 0,15 Dollar.
Die Frage ist nun, ob es den Analysten gelingen wird, die Schätzungen rechtzeitig nach unten zu schrauben, sonst droht Ungemach an den Märkten. Wie dem auch sei, eine Outperformance des Bankensektors ist in den kommenden Wochen nicht zu erwarten. Aber ohne die Unterstützung der Branche dürfte es dem Gesamtmarkt schwer fallen, nach oben auszubrechen. Alles in allem deutet sich eine Fortsetzung der Seitwärtsbewegung im Dax zwischen 5700 und knapp 6400 Stellen an.
Quelle: ntv.de, rts/DJ