Dax-Vorschau Im Bann der US-Konjunktur
30.05.2009, 15:03 UhrBörsenexperten trauen dem Frieden am deutschen Aktienmarkt noch nicht ganz. Unschlüssig pendelte der Leitindex Dax die Woche um die Marke von 5.000 Punkten, und davon werde er sich auch nach Pfingsten kaum lösen können, sagen sie.
Eine "Seitwärtsbewegung bei hoher Volatilität" erwartet Tobias Basse von der NordLB. Dabei bleibt der Markt ganz im Bann der US-Konjunktur. Aus den USA kommen die Daten, die den Börsen am ehesten eine Richtung geben können. "Wenn aus den USA kein Rückenwind kommen, werden auch die 5.000 Punkte nicht zu halten sein", sagt Michael Köhler von der LBBW. "Die Luft wird dünner." Ein dynamischer Durchbruch zeichne sich jedenfalls nicht ab.
Eine "blutleere Erholung" sagt der Stuttgarter Aktienstratege der größten Volkswirtschaft der Welt voraus, und diese rechtfertige die Kurse an den Aktienmärkten kaum. Zurzeit hielten sich die Anleger mehr an den Hoffnungs-Signalen fest. Das überraschend große US-Verbrauchervertrauen hatte den Markt in der vergangenen Woche vorübergehend euphorisch gestimmt. Auf Wochensicht gewann der Dax bis Freitagmittag rund 1,3 Prozent.
Am Pfingstmontag steht mit dem ISM-Index zum verarbeitenden Gewerbe der nächste Frühindikator an, der eine Stabilisierung zeigen könnte - auch wenn die meisten Unternehmen immer noch ein schrumpfendes Geschäft melden und das Barometer klar unter 50 Punkten halten. In Deutschland wird am Feiertag zwar gehandelt, doch wirklich präsent sind hierzulande die wenigsten Anleger.
Die Arbeitslosenquote in den USA, die am Freitag veröffentlicht wird, dürfte auf mehr als neun Prozent gestiegen sein. Doch den Börsianern reicht derzeit schon ein Hinweis, dass die Arbeitsplatzverluste nicht weiter zunehmen, für eine positive Reaktion.
Die Vorwegnahme guter Nachrichten berge das Risiko von Enttäuschungen, mahnt die Landesbank Berlin im Wochenkommentar. In den nächsten Monaten könnten die weiter beachtlichen Risiken wieder verstärkt wahrgenommen werden. "Ein nochmaliger Rückgang in Richtung 4.000 Punkte im Dax würde uns nicht überraschen." Die Commerzbank ist optimistischer, obwohl auch die den erwarteten Aufschwung für "blutleer" hält: Der Dax werde im laufenden Jahr noch Richtung 5.500 Punkte gehen.
Die Pressekonferenz von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet nach der Ratssitzung birgt am Donnerstag bei den Zinsen wenig Überraschungspotenzial. Einzelheiten erhofft man sich an den Märkten zum Kauf von Pfandbriefen für 60 Milliarden Euro, den die EZB avisiert hat. Wie, ist noch offen.
Der weltweit größte Aufreger auf Unternehmensseite ist an der Börse kaum noch als Stimmungsmacher geeignet. Selbst eine Insolvenz von GM - die größte eines Industrieunternehmens seit dem Zweiten Weltkrieg - würden sie achselzuckend aufnehmen, sagt Köhler. "Dass es zu harten Einschnitten kommt, ist ohnehin klar. Und Insolvenz bedeutet noch nicht, dass gleich die Bänder stillstehen."
Ein zweites historisches Ereignis geht am Dienstag über die Bühne: die Hauptversammlung der Hypo Real Estate (HRE), die die erste Verstaatlichung einer Bank in der Geschichte der Bundesrepublik besiegeln dürfte. An der Börse ist die Aktie der HRE aber längst zum Zockerpapier geworden. Am Markt dürfte daher mehr Beachtung finden, wer den Immobilienfinanzierer wann im MDax ablöst, sobald der Streubesitz unter zehn Prozent gefallen ist. Die Indexexperten sind sich einig, dass dann die Deutsche Wohnen Premiere in der zweiten Börsenliga feiern wird. Der Arbeitskreis Aktienindizes der Deutschen Börse trifft sich am Donnerstag zu seiner vierteljährlichen Sitzung.
Quelle: ntv.de, rts