Marktberichte

Inside Wall Street Kampf gegen Wucherzinsen

Im Briefkasten des US-Verbrauchers flatterten früher täglich drei Kreditkarten-Angebote ins Haus. Heute kommt gar nichts mehr. Die Banken verleihen kein Geld mehr, und noch weniger drängen sie es dem Kunden auf.

Die Kreditmärkte stocken, viele Verbraucher können ihre Raten kaum mehr zahlen.

Die Kreditmärkte stocken, viele Verbraucher können ihre Raten kaum mehr zahlen.

(Foto: REUTERS)

Wenn auch die wahren Hintergründe der Kreditkrise dem Durchschnittsverbraucher verborgen bleiben, hat doch auch der letzte mittlerweile bemerkt, dass etwas nicht stimmt. Vielleicht auch nur daran, dass es im Briefkasten ruhiger geworden ist. Früher flatterten täglich drei Kreditkarten-Angebote ins Haus - heute kommt gar nichts mehr.

 

Die Banken verleihen kein Geld mehr, und noch weniger drängen sie es dem Kunden auf. Wie sich die Zeiten geändert haben. Früher konnte man bei Home Depot und Macy's nicht einmal durch die Türe treten, ohne eine neue Plastikkarte aufgeschwatzt zu bekommen. Unternehmen aller Branchen, selbst Sportvereine, lieferten sich ein Rennen um eigene Karten und Motive - alles vorbei. Die Kreditmärkte stocken, die Verbraucher können ihre Raten kaum mehr zahlen, und bevor das alles noch schlimmer wird, greift der Senat ein.

 

In Washington wird gerade über einen der dramatischsten Eingriffe in den freien Markt verhandelt, den die USA je gesehen haben. Die Regierung will die Kreditkartenbranche dramatisch regulieren. Und das ist auch überfällig. Denn die Praktiken der Anbieter waren in der Vergangenheit im besten Falle moralisch angreifbar - und im schlechtesten Falle schlichtweg kriminell.

 

Da wurden Lock-Zinsen geboten und im Kleingedruckten zurückgenommen, da galten für einzelne Angebote derart viele Ausnahmen, dass Kunden den Überblick verloren, da wurden Gebühren fällig, selbst wenn der Kunde seine Raten abbezahlen wollte. Blieb der rechtzeitig eingegangene Scheck nämlich beim Unternehmen ein paar Tage liegen, galt das als verspätet - den Irrtum zu beweisen hätte einen möglicherweise klagenden Kunden wohl mehr gekostet als den Aufschlag.

 

Politiker hielten der Branche in der Vergangenheit stets den Rückenfrei, vor allem dank der internen Arbeit von Abgeordneten aus South Dakota und Delaware, wo die meisten Kreditkarten-Unternehmen ihre Sitze haben, Arbeitsplätze schaffen - und Wahlkämpfe sponsern.

 

Doch jetzt hat sich der Wind gedreht: Die Stimmung gegen die Kreditbranche und ihre Machenschaften ist derart aufgeladen, dass sich Politiker beider Parteien in seltener Einheit auflehnen. "Wir sind nicht gegen Kreditkarten", erklärte der demokratische Senator Chris Dodd aus Connecticut vorsichtshalber. "Aber wenn sich die Anbieter mit diesen Karten auf Kosten der Bürger bereichern, dann müssen wir die Spielregeln ändern."

 

Senator Bernie Sanders, ein Unabhängiger aus Vermont, ging noch einen Schritt weiter: "Wenn Banken 30 Prozent Zinsen erheben, dann stellen sie keinen Kredit bereit, sondern betreiben Abzocke", wütete er und wollte den Höchstzins per Gesetz auf 15 Prozent festnageln lassen. So weit ließen ihn die Kollegen nicht kommen. Sie fürchteten, allzu radikale Maßnahmen könnten manchen Senator letztlich gegen eine Regulierung der Branche stimmen lassen.

 

Politik wie üblich also, aber bitter ist der Rückzug schon. Zurzeit zahlt der durchschnittliche Amerikaner 20 Prozent Zinsen auf seine Kreditkarte, der Höchstsatz liegt bei mehr als 40 Prozent. Solche Raten tragen dazu bei, dass Kunden delinquent werden und immer tiefer in den Schuldensumpf rutschen. Und je tiefer, desto höher steigen die Raten - bis jetzt. Zumindest unangekündigte Zinsanhebungen verbietet der Senat mit der neuen Vorlage. Für die wenigen noch legalen Anhebungen sind Mahnungen bis zu sechs Wochen vorher erforderlich. In der Beratung hat kein einziger Senator Bedenken gegen die Maßnahmen erhoben, die das Gewinnstreben einer großen amerikanischen Branche kontrollieren und die Verbraucher schützen sollen. Das Gesetz soll noch in dieser Woche beschlossen werden, womit der amerikanische Verbraucher zumindest vor einem weiteren Abrutschen gesichert wäre.

Quelle: ntv.de

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