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Inside Wall Street Kommt ein neuer Stress-Test?

Kommt noch ein Stresstest?

Kommt noch ein Stresstest?

(Foto: REUTERS)

War der Stress-Test nicht stressig genug? Einen Monat nachdem die US-Regierung die Ergebnisse eines Stress-Tests für die angeschlagene Bankenbranche veröffentlicht hat, kommt Washington unter Druck. Eine Aufsichtsbehörde meint, die Rahmenbedingungen hätten keineswegs das "worst case scenario" für die Banken geschildert, wie es geplant gewesen sei.

Es ist allgemein nicht ganz einfach, Kritik am Stress-Test der Banken zu üben. Denn über das Prozedere ist nur wenig bekannt; Forderungen nach mehr Transparenz ist die amerikanische Notenbank bisher nicht nachgekommen. Doch einige Details kennt man. Zum Beispiel, dass die Fed zur Ermittlung der Stabilität und Zahlungsfähigkeit der Banken im schlimmsten Fall ein konjunkturelles Umfeld zugrunde gelegt hat, das längst überholt ist.

Die durchschnittliche Arbeitslosenquote habe etwa bei 8,9 Prozent gelegen, heißt es in einem Bericht des Congressional Oversight Committee (COC). Für den Monat Mai wurde allerdings gerade eine Quote von 9,4 Prozent bekannt gegeben, und diese Zahl ist noch umstritten. Kritiker werfen der Regierung schon lange vor, die Arbeitsmarktzahlen zu beschönigen. Würde man tatsächlich alle Amerikaner zählen, die keine Arbeit finden, obwohl sie Arbeit suchen oder in einem hoffnungsvolleren Wirtschaftsumfeld suchen würden, dann käme man auf eine Arbeitslosenquote von 16,4 Prozent. Diese Zahl taucht in der Statistik zum US-Arbeitsmarkt tatsächlich auf, gilt aber nicht als die von Washington bevorzugte Kernzahl.

Die Bedeutung der Arbeitslosenquote für die Banken und den Stress-Test ist immens. Die Kreditverluste der Banken hängen historisch betrachtet sehr eng mit dem Arbeitsmarkt zusammen, und das ist auch kein Wunder: Arbeitslose kommen mit ihren Rechnungen üblicherweise in Verzug, Zahlungen für Hypotheken, Autokredite und vor allem Kreditkarten werden aufgeschoben.

Damit drohen den ohnehin labilen Banken mit ihren überstrapazierten Bilanzen offensichtlich doch größere Ausfälle als erwartet, weshalb das COC einen neuen Stress-Test fordert, um die Überlebensfähigkeit der Branche zu erkennen. Es ist nicht der erste Ruf nach neuen Tests. Die erste Runde wurde von vielen Kritikern als zu lasch bezeichnet. Damals hatte die Fed 10 von 19 Banken zu einer Kapitalaufnahme gezwungen, darunter die Bank of America mit einem Bedarf von rund 33 Milliarden Dollar. Auch Wells Fargo und Citigroup mussten Milliarden aufnehmen.

Doch darüber hinaus scheute sich die Fed, den Banken weitere Vorschriften zu machen. Um die Branche nicht zu verärgern, kam man einigen Unternehmen zuletzt sogar entgegen und erlaubt eine Rückzahlung der TARP-Mittel, mit denen einige Banken im vergangenen Jahr vor dem sicheren Untergang gerettet werden mussten. Dass diese Rückzahlung nur einen Zweck hat – den Banken wieder die Zahlung höherer Manager-Boni zu erlauben! – stört die Fed nicht.

Allein daran zeigt sich, dass die Notenbank nicht bereit ist, die Lage der Banken wirklich kritisch zu beurteilen oder die Branche effektiv zu steuern. Ein neuer Stress-Test ist notwendig, doch Vertrauen kann auch dieser nur schaffen, wenn er transparent gestaltet und die Parameter veröffentlicht werden.

Quelle: ntv.de

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