Dax-Vorschau Markt hängt an Geldpolitik
01.09.2012, 10:58 Uhr
Wohin geht die Reise?
(Foto: dpa)
Dem deutschen Aktienmarkt steht ein stürmischer September bevor. Zum Auftakt des Reigens wichtiger Entscheidungen rund um die Schuldenkrise rechnen Börsianer mit Rückschlägen für den Dax. Zahlreiche Unsicherheitsfaktoren dürften in der neuen Woche für einen schwankungsreichen Handel am deutschen Aktienmarkt sorgen.
In der kommenden Woche wird vor allem die Geldpolitik im Fokus der Börsianer stehen – sie wird den Aktienmarkt aber wohl eher belasten als beflügeln. Hinzu kommen - wie zu jedem Monatsbeginn - zahlreiche wichtige Konjunkturdaten aus den USA. Wenige Nachrichten stehen dagegen zu einzelnen Unternehmen auf der Agenda.
An der Börse wird von einigen Beobachtern bezweifelt, dass EZB-Chef Mario Draghi mit der Bekanntgabe der Details zu möglichen Hilfen für kriselnde Euro-Staaten die Stimmung beflügelt. "Draghi steht im Regen", meint Marktanalyst Heino Ruland von Ruland Research. "Er muss liefern, kann aber nicht." Schließlich wolle das Bundesverfassungsgericht am 12. September über die Rechtmäßigkeit des EU-Rettungsfonds ESM entscheiden. "Ich sehe den Dax Ende der Woche bei 6650 Punkten", fügt Ruland hinzu. In der alten Woche verlor der Leitindex etwa ein halbes Prozent auf 6930 Punkte.
Auch die Experten der Landesbank Berlin schätzen das Risiko eines Kursrückschlages als hoch ein. Sie begründeten ihre Prognose neben der unverändert brisanten Lage in der Schuldenkrise mit durchwachsenen Konjunkturaussichten.
Andere Börsianer sind nicht ganz so pessimistisch gestimmt. Aus technischer Sicht baue der Dax seit zwei Wochen die überkaufte Lage in einer Verschnaufpause ab, auch der Dow-Jones-Index liege in Lauerstellung unmittelbar unter den Jahreshöchstständen. Dabei sprechen die jüngsten Kursrückschläge bei den stark konjunkturabhängigen Auto-, Industrie- und Rohstofftiteln zwar gegen einen unmittelbar bevorstehenden Ausbruchsversuch nach oben. Die Indizien für einen stärkeren Kursrückschlag fehlen allerdings auch. Der Dax könnte sich erst einmal weiter in der Kernzone der Konsolidierung um die 6950er Marke aufhalten.
Vieles spreche aber dafür, dass sich die Konsolidierung irgendwann nach oben auflöse und nicht nach unten, so ein Analyst. Hinweise auf eine Top-Bildung sind nicht zu sehen. Die Umsätze sind in der Seitwärtsbewegung der vergangenen Woche weiter zurückgegangen, ein Zeichen dafür, dass viele Anleger erst einmal eine abwartende Haltung eingenommen haben. Da aber die Mehrheit auf fallende Kurse setzt, könnten terminmarktorientierte Käufe den Dax schon bald über das jüngste Hoch bei 7100 Punkten und dann wohl auch über das Jahreshoch bei knapp 7200 Punkten ziehen.
Was macht Spanien?
Der Zündschlüssel für die nächste Runde des Kursaufschwungs liegt jetzt in Madrid. Ein offizielles Hilfsgesuch an den Stabilisierungsfonds EFSF würde der Europäischen Zentralbank umfangreiche Käufe an den Anleihenmärkten ermöglichen. Das wiederum würde die Hoffnung auf eine Entspannung der Euro-Krise stärken und die Konjunkturerwartungen stabilisieren.
Noch schieben sich die Regierung in Madrid und die EZB gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Die Regierung in Madrid will erst dann über ein Hilfsgesuch entscheiden, wenn die Notenbank Details zu den möglichen Anleihenkäufen bekannt gibt. Die EZB hat dagegen ein Hilfsgesuch zur Vorbedingung für Anleihenkäufe gemacht.
In der kommenden Woche wird der Druck auf Madrid aber zunehmen: Regierungschef Mariano Rajoy trifft am Donnerstag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen. Die Pressekonferenz soll am Nachmittag stattfinden, zeitgleich mit der Pressekonferenz der EZB, die ebenfalls am Donnerstag tagt. Sollten die Spanier bis dahin hartnäckig bleiben, muss EZB-Präsident Mario Draghi versuchen, Spanien an der langen Leine hungern zu lassen ohne die Märkte zu sehr zu enttäuschen. Das spanische Kabinett tagt dann am Freitag, möglicherweise wird dann der Hilfsantrag gestellt.
Ein Fragezeichen wirft auch das Bundesverfassungsgericht auf. Dieses urteilt erst am übernächsten Mittwoch über Stabilitätspakt und Rettungsschirm. Möglicherweise wird der Drache in der EZB das Urteil abwarten, bis er Anleihen im großen Stil aufkauft.
Um am Donnerstag eine Enttäuschung an den Märkten zu verhindern, könnte die EZB den Leitzins senken. Die zuletzt auch in Deutschland schwächeren Konjunkturindikatoren geben eine Zinssenkung auf 0,5 Prozent im Refinanzierungssatz für die Banken her.
In den USA werden in der kommenden Woche die ISM-Einkaufsmanagerindizes und der Arbeitsmarktbericht für August veröffentlicht. Auch dort haben sich wirtschaftliche Indikatoren wie das Verbrauchervertrauen zuletzt stark eingetrübt. Auch in den USA setzen Marktteilnehmer nun auf geldpolitische Stimuli. Die Aussagen des US-Notenbank-Präsidenten zu weiteren Geldspritzen lieferten dem Markt keine neuen Impulse. Ben Bernanke hatte auf dem Treffen von Zentralbankern in Jackson Hole erneut gesagt, die Fed werde die Konjunktur zusätzlich stützen, wenn dies notwendig werden sollte.
Arbeitskreis Aktienindizes tagt
Am Mittwoch will der Arbeitkreis Aktienindizes der Deutschen Börse über die Neuordnung von Dax, MDax & Co. entscheiden. "Die Rückkehr von Continental in das Oberhaus dürfte dabei beschlossene Sache sein", meint LBBW-Analyst Uwe Streich. "Hierfür muss MAN weichen. Da neben Conti derzeit auch Lanxess - wenngleich nur knapp - die Kriterien für einen Aufstieg in den Dax erfüllt, droht auch Metro der Abstieg in den MDax." Im Nebenwerte-Index werde voraussichtlich Deutz seinen Platz für TAG Immobilien räumen müssen. Die Änderungen werden Ende September wirksam.
Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa/DJ