Mit Putin ins Plus Dax touchiert 9300
18.03.2014, 17:50 Uhr
Fähnchen schwenken in Moskau und an den Börsen.
(Foto: AP)
Die Finanzmärkte hoffen auf eine Entspannung der Krim-Krise. Noch während der Rede des russischen Präsidenten Putin dreht der Dax ins Plus. Anleger deuten die Aussagen des Kremlschefs so, dass es kein russisches Interesse an einer Verschärfung des Konflikts gibt.
Mit großer Erleichterung haben Anleger im deutschen Börsengeschehen auf eine Rede Wladimir Putins zum Umgang mit der Ukraine reagiert. Nach einem unerwartet unterkühlten Auftakt und einem über weite Strecken lustlosen Handel schnellte der Dax gegen Mittag ins Plus und übersprang zeitweise gar die Marke von 9300 Zählern. Das Börsenbarometer verließ jedoch schnell wieder das Tageshoch bei 9315 Zählern und schloss schließlich bei 9242 Punkten, ein Plus von 0,7 Prozent. Am Vorabend hatte der Dax bereits 1,4 Prozent fester geschlossen. Der Nebenwerteindex MDax zog im Windschatten des Dax um 0,8 Prozent an auf 16.421 Punkte. Der TecDax schob sich in einem allgemein aufgehellten Marktumfeld um 0,75 Prozent nach vorn auf 1253 Punkte. Der Eurostoxx50 zog um 0,8 Prozent an auf 3073 Punkte.
Auslöser des plötzlichen Stimmungsumschwungs waren neue Anzeichen der Entspannung im Krim-Konflikt, vor Beginn der Rede Putins hatte der Dax noch im Minus notiert. "Putin hat gesagt, was der Markt hören wollte", erklärte ein Händler. Daher decken sich jetzt viele Anleger wieder ein. Ein nachhaltiger Streit zwischen Ost und West um die ukrainische Halbinsel Krim werde es offenbar nicht geben.
Einen weiteren Beleg für diese Einschätzung lieferte der Devisenhandel: Der Euro zog leicht auf 1,3913 Dollar an. Der Bund-Future drehte während der Rede Putins leicht ins Minus und verlor leicht auf 143,26 Punkte.
Putin erklärte, Russland könne auf eine weitere Teilung der Ukraine verzichten. Er wolle niemals eine Konfrontation mit dem Westen anheizen, werde aber die Interessen Russlands verteidigen. Putin hielt dem Westen aber auch einiges vor: Die Sanktionen seien eine Aggression, die Russland vergelten werde. Der Westen habe in der Ukraine die rote Linie überschritten. Dies bremste die Märkte etwas, so dass Euro und Dax ihre Gewinne wieder etwas eingrenzten.
Zuvor hatten unerwartet magere Daten den Handel bestimmt: Die Konjunkturerwartungen von Finanzanalysten und institutionellen Investoren für Deutschland haben sich im März wegen der Krim-Krise wesentlich kräftiger eingetrübt als befürchtet. Der ZEW-Index der Konjunkturerwartungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) sank von 55,7 auf 46,6 Punkte. Im Vorfeld befragte Volkswirte hatten lediglich mit einem Rückgang auf 52,0 Punkte gerechnet. Der Index der Lagebeurteilung erhöhte sich dagegen erneut, und zwar von 50,0 auf 51,3 Punkte. Erwartet worden war ein Anstieg auf 52,4. Der Euro fiel nach der Bekanntgabe der neuen Daten zeitweise deutlich zurück.
"Die Krim-Krise belastet die Konjunkturaussichten für Deutschland", erklärte ZEW-Präsident Clemens Fuest. "Dennoch deutet der Indikatorstand darauf hin, dass der wirtschaftliche Aufwärtstrend derzeit nicht gefährdet ist", hob er aber hervor. Die Konjunkturerwartungen für die Eurozone fielen im März ebenfalls. Der entsprechende Indikator sank um 7,0 Punkte gegenüber dem Vormonat auf 61,5. Der Indikator für die aktuelle Konjunkturlage im Euroraum verbesserte sich im März laut ZEW um 3,5 auf minus 36,7 Punkte.
Besonders stark gefragt waren die Aktien des Dünger- und Salzproduzenten K+S, die sich an der Spitze des Dax um mehr als vier Prozent verbesserten. In der Vorwoche waren die Titel nach einem zurückhaltenden Geschäftsausblick eingebrochen.
Hinter K+S notierten am frühen Nachmittag nahezu alle Dax-Mitglieder im Plus. Einzig die Bayer AG und die Deutsche Post verbuchten leichte Abschläge. Die Titel von Linde verteuerten sich am Tag nach der Bilanzvorlage um 0,9 Prozent auf 141,25 Euro. Die Analysten von Bofa/Merrill Lynch und Barclays senkten das Kursziel für die Aktien auf 152 beziehungsweise 156 Euro. Der Weltmarktführer für Industriegase hatte am Vortag Zahlen vorgelegt und dabei auch auf weiterhin bestehende Währungsrisiken verwiesen.
Scania schlägt VW-Angebot aus
Bei den Einzelwerten erwarteten Händler zunächst einen leichten Druck auf VW nach der Ablehnung des Übernahemangebots durch Scania. "Das kommt nicht ganz überraschend, weil die skeptische Haltung des Scania-Kommittes bekannt war, macht die Sache für VW aber auch nicht einfacher", sagte ein Händler. "Die Begründung, das Angebot spiegele nicht den langfristigen Wert von Scania, läuft klar auf einen erhöhten Angebotspreis hinaus und ist damit für VW belastend", meinte ein weiterer Händler.
Da zudem der Große Verfall am Freitag vor der Tür stehe, dürften besonders bei Aktien, die an runden Basispreisen notieren, Druck aufkommen. "VW ist genau so ein Fall mit der 180er-Marke", erklärte ein Beobachter. Daher könnte die Scania-Nachricht auch als Vorwand für fallende Kurse genutzt werden. Die im Dax gelisteten Vorzugsaktien von Volkswagen notierten im positiven Umfeld jedoch einen Hauch fester bei 180,40 Euro.
Auf europäischer Ebene befassten sich Analysten mit einer Unternehmensnachricht aus dem britischen Rohstoffsektor. Die Ankündigung einer überraschend hohen Dividende konnte die Aktien von Antofagasta beflügeln. Die Papiere des Betreibers chilenischer Kupfer-Minen stiegen zeitweise um bis zu 6,2 Prozent auf 900 Pence und waren damit Spitzenreiter im Londoner Auswahlindex FTSE. Bis zum Nachmittag gab die Aktie allerdings ihre Gewinne wieder ab und schlossen schließlich zwei Prozent leichter.
Das Unternehmen hatte eine Abschluss-Dividende von 86,1 Pence je Aktie angekündigt. Damit schüttet es etwa eineinhalb Mal so viel Geld aus, wie es als Gewinn erwirtschaftet hat. Analysten hatten mit einer Ausschüttungsquote von etwa 35 Prozent gerechnet. Antofagasta zufolge ging der operative Gewinn 2013 auf 2,7 Milliarden Dollar von 3,83 Milliarden Dollar im Vorjahr zurück. Im gleichen Zeitraum verbilligte sich Kupfer wegen Spekulationen auf eine Abschwächung der Konjunktur in China um etwa sieben Prozent.
Quelle: ntv.de, mmo/bad/DJ/dpa/rts