Der Sog der Tiefe Dax im Minus erwartet
27.01.2014, 08:08 Uhr
Schon bessere Tage gesehen: Die Dax-Kurve von Ende vergangener Woche.
(Foto: REUTERS)
Setzt sich die Talfahrt im deutschen Aktienhandel fort? Düster drohen die Vorgaben aus Asien. Stützende Signale sind zu Beginn der neuen Woche Mangelware. Wirbel löst der überraschende Chefwechsel bei Lanxess aus.
Der deutsche Aktienmarkt startet mit einer schweren Hypothek in die neue Börsenwoche: Vor dem Wochenende hatte der Leitindex mit einem Abschlag von 2,5 Prozent auf 9392,02 Punkte den größten Tagesverlust seit gut sieben Monaten verzeichnet.
Börsianern zufolge dürfte es zum Wochenauftakt weiter bergab gehen: In der Indikation bei Lang & Schwarz wurde der Dax zum Start bei 9327 Punkten gesehen, was einem vergleichsweise moderaten Minus von 0,7 Prozent entspricht. Die wirtschaftlichen und politischen Turbulenzen in einigen Schwellenländern sorgten zuletzt auch in Deutschland für schlechte Stimmung unter den Investoren, hieß es.
Im Mittelpunkt dürfte am deutschen Aktienmarkt der Ifo-Index stehen. Analysten erwarten einen Anstieg des Geschäftsklimaindex auf 110,2 von 109,5 Punkte.
In der Arena der deutschen Einzelwerte startet die Woche mit einem Paulenschlag bei Lanxess: Die weltweit rund 17.000 Beschäftigten des Spezialchemiekonzerns bekommen überraschend einen neuen Chef präsentiert. Axel Heitmann, der fast zehn Jahre an der Unternehmensspitze stand, werde Lanxess Ende Februar verlassen, teilte der Aufsichtsrat am Sonntagabend mit. Man habe sich einvernehmlich darauf verständig, hieß es in einer Mitteilung.
Lanxess beschäftigt rund 8000 Mitarbeiter in Deutschland und kam zuletzt auf einen Jahresumsatz von rund 8,8 Milliarden Euro. In den vergangenen Jahren durchlief Lanxess ein hartes Sanierungsprogramm. Der Konzern war aus der Chemiesparte des Leverkusener Pharmariesen Bayer hervorgegangen. Als Nachfolger wird der frühere Finanzvorstand Matthias Zachert, aktuell in gleicher Funktion beim Darmstädter Pharmaunternehmens Merck, in die Chefetage von Lanxess zurückgeholt. Zachert soll sei Amt spätestens zum 15. Mai antreten, hieß es.
Die Vorgaben aus Übersee sind schlecht: Wachsende Sorgen vor einem globalen Wirtschaftsabschwung hatten die US-Aktienmärkte zum Wochenausklang belastet. Auf die Kurse drückten am Freitag zudem Spekulationen, die US-Notenbank könnte in der kommenden Woche ihre milliardenschweren Konjunkturstützen weiter zurückfahren. Für zusätzliche Verunsicherung sorgte die Währungskrise in Argentinien.
Die Börsensignale aus Tokio lassen für den Start im deutschen Aktienhandel nichts Gutes vermuten: Der japanische Leitindex Nikkei rutschte um 2,5 Prozent ab. Ausgelöst wurden die Unsicherheiten an den Märkten durch Konjunktursorgen in China sowie die politischen Probleme in der Türkei, in Argentinien und der Ukraine. Dazu kommt auch hier die Erwartung, dass die Fed ihre Stimulierungsprogramme zurückfahren könnte.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte ging mit einem Minus von rund 2 Prozent bei 15.879 Punkten aus dem Handel. Der breiter gefasste S&P-500 verlor 2,1 Prozent auf 1790 Zähler. Der Composite-Index der Technologiebörse Nasdaq sackte 2,2 Prozent auf 4128 Punkte ab. Über die Woche ergab sich für den Dow Jones ein Minus von 3,5 Prozent. Der S&P-500 verlor von Montag bis Freitag 2,6 Prozent, was den größten prozentualen Rückgang in einer Woche seit Juni 2012 darstellte. Die Nasdaq gab auf Wochensicht 1,7 Prozent nach.
Deutsche Aktien fanden im Späthandel am Freitag keine gemeinsame Richtung. Der L-Dax schloss bei 9391,95 Punkten, nachdem der Dax im Hauptgeschäft um 2,48 Prozent auf 9392,02 Punkte gesunken war. Der L-MDax beendete den Tag bei 16.304,08 Punkten. Zuvor hatte der Index der mittelgroßen Werte 2,65 Prozent auf 16.301,27 Punkte eingebüßt. Beim L-TecDax standen abschließend 1213,28 Punkte zu Buche. Im Xetra-Kernhandel hatte der Technologiewerte-Index um 2,36 Prozent auf 1219,86 Punkte nachgegeben.
Rasche Stabilisierung?
Nach Einschätzung eines charttechnisch orientierten Händlers befindet sich der Dax derzeit in einer kritischen Lage: "Entweder es gelingt recht rasch eine Stabilisierung wie in den Korrekturphasen im Juni und Dezember vergangenen Jahres, oder aber es droht tatsächlich ein kurzfristiger Trendwechsel." Angesichts der Verluste an den Märkten der Schwellenländer und der fortdauernden Abwertung deren Währungen reduzierten Investoren weiter die Risiken, Aktien würden folglich verkauft.
"Der Aufruhr in den Wachstumsregionen schadet den risikoreichen Vermögenswerten querbeet und ein Nachlassen ist nicht in Sicht", sagt Mitul Kotecha von der Credit Agricole. Angesichts der Entwicklungen in Argentinien, China, Thailand und der Ukraine sei die Lage "immer brisanter". In dieser ohnehin schlechten Ausgangslage stelle sich zunehmend die Frage nach der Relation von Unternehmensgewinnen und Marktbewertung. "Diese Kombination spricht für schlechte Nachrichten in den nächsten Tagen", sagt Kotecha.
Für den Auftakt am Montag ist dem Händler zufolge mit weiteren Kursverlusten zu rechnen. Allerdings zeige der S&P-500-Future seit Mitternacht verhaltene Anzeichen einer Stabilisierung, so dass an Europas Börsen nicht mit starkem Verkaufsdruck zu rechnen sei. Auch stabilisierten sich der US-Dollar und der Euro etwas zum Yen nach den starken Kursgewinnen der japanischen Währung seit Donnerstag.
Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa/rts