Inside Wall Street Move your Money
27.01.2010, 10:21 UhrDie Amerikaner haben die Nase voll von den Großbanken. Jahrelang haben sie die Kunden abgezockt, mit hohem Risiko spekuliert und letztlich alles verloren. Und dann wurden sie mit Milliarden-Hilfen ausgerechnet vom Steuerzahler gerettet.

Bingo, New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg hat 25 Mio. Dollar aus dem Anlagevermögen der Weltstadt zu einer Genossenschaftsbank verlegt.
(Foto: Reuters)
Die Finanzriesen zeigten sich alles andere als dankbar, erhöhten Soll-Zinsen, Kontogebühren und ihre Boni. So ungeschickt die Großbanken in den letzten Jahren im Subprime-Sektor Geld verschleudert haben, so geschickt haben sie auf einer anderen Seite invesiert: bei den Lobbyisten. Da bezahlten die großen Häuser an der Wall Street die schlauesten Köpfe, und denen verdanken sie, dass sie zuletzt mit ihrem skandalösen Verhalten durchkommen sind, und dass sie möglicherweise auch weiterhin damit durchkommen könnten.
Denn die Lobbyisten wehren sich in Washington mit Händen und Füßen gegen eine Finanzmarktreform, wie sie Präsident Barack Obama erst in der vergangenen Woche vorgestellt hat. Er will den Sektor verändern, wie das seit Jahrzehnten niemand gemacht hat. Banken, die bekanntlich bei der Notenbank billig Geld leihen können, sollen dies dann nicht mehr in eigene Hedgefonds und auch nicht in Immobiliengeschäfte stecken dürfen. Vielmehr sollen sie mit dem Geld von der Notenbank Kredite bereit stellen, dadurch Investitionen ermöglichen und Liquidität gewährleisten.
Der Wall Street ist damit ein großer Teil der bisherigen Gewinnstrategie entzogen.
Doch genau so schlimm trifft eine weitere Obama-Maßnahme den Sektor: Washington will künftig keine weitere Konsolidierung im Banken-Sektor. Denn zahlreiche Banken galten ja bereits im vergangenen Jahr als "too big to fail", sprich: der Steuerzahler musste sie retten, weil der Untergang einiger einzelner Bank-Konzerne die ganze amerikanische Wirtschaft gefährdet hätte.
"Too big to fail" soll es in Zukunft nicht mehr geben. Doch weil Washington die Bürger schon zu oft enttäuscht hat, helfen die sich selbst. Die liberale Bloggerin Arianna Huffington hat eine Initiative gegründet, die sich US-weit rasant verbreitet: "Move your Money". Dahinter steckt die Aufforderung an alle Amerikaner, ihre Ersparnisse nicht länger bei Bank of America, Citigroup, J.P. Morgan Chase oder Wells Fargo zu deponieren, sondern bei lokalen Banken und Genossenschaftsbanken. Damit wäre die Macht der Giganten beschnitten, denn die kommt nicht zuletzt aus den zig Billionen Dollar an Spareinlagen.
"Move your Money" hat schnell Unterstützung auf allen Seiten gefunden. Der Polit-Satiriker Bill Maher hat der Kampagne ein Video besprochen. Von dem demokratischen Kongressabgeordneten Dan Boren aus Oklahoma und seinem republikanischen Kollegen Bob Inglis aus South Carolina kursieren YouTube-Videos, auf denen sich die Politiker hinter das Konzept stellen. Inglis meint: "Wenn einzelne Banken ,too big to fail´ sind, dann ist das ein Problem für das ganze System", und Boren bedauert Kunden der Großbanken, die bei Fragen zu Konto und Hypothek nicht einmal einen Ansprechpartner, sondern nur eine anonyme Hotline haben.
In den letzten Tagen haben sich hunderttausende Amerikaner der Bewegung "Move your Money" angeschlossen – nicht nur Privatpersonen. New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg hat 25 Millionen Dollar aus dem Anlagevermögen der Weltstadt zu einer Genossenschaftsbank verlegt – zugegeben, nur ein kleiner Happen angesichts der Größe des New Yorker Haushalts, doch immerhin ein Anfang. Der Staat New Mexico hat 1,4 Milliarden Dollar von einem Konto bei der Bank of America auf kleinere Banken umgeschichtet.
Auch bei Finanzminister Timothy Geithner ist die Bewegung angekommen. Er heißt sie zwar nicht gut, rät Sparern aber allgemein dazu, von ihren Banken mehr Verantwortung, Transparenz und Kundendienst zu verlangen. Das ist fast wortgleich mit der Aufforderung der Initiatoren von "Move your Money" und durchaus ein Problem für die Branchenriesen.
Quelle: ntv.de