Inside Wall Street Nein-Sager decken die Banken
19.05.2010, 17:04 UhrWährend in Europa nun Schwung in die Regulierung der Finanzmärkte kommt, bremsen Republikaner in Washington wichtige Bemühungen für sicherere Leitplanken für die Märkte systematisch aus.
Deutschland schafft Fakten und verbietet spekulative Leerverkäufe. Die Politik macht klar: Man hat aus der katastrophalen Krise der letzten Jahre gelernt und will die Spielregeln gründlich verbessern. Nicht so in den USA, wo die Probleme begonnen haben. Da diskutiert der Kongress weiter ohne nennenswerte Ergebnisse über Reformen, die von den Republikanern blockiert werden.
Die Republikaner, die von der "Grand Old Party" längst zur "Partei der Nein-Sager" verkommen sind, haben sich auch in dieser Woche heftig gegen jeden Reformversuch gestemmt. Offiziell schimpfen sie zwar nach wie vor über die milliarden-teure Rettung von Großbanken, hinter den Kulissen tut man aber alles, um der Branche weiter freie Hand beim Zocken zu lassen.
So verhinderte Richard Shelby, der Senator aus Alabama und ranghöchster Republikaner im Banken-Ausschuss, bisher erfolgreich eine Abstimmung über die Gesetzesvorlage Levin-Merkley. Die beiden Namesgeber – die demokratischen Senatoren Carl Levin und Jeff Merkley – wollten mit ihrem Entwurf den Banken verbieten, Geld aus Steuermitteln zum spekulativen Investieren zu nutzen. Die Demokraten haten ursprünglich die notwendigen 50 Stimmen, um eine Debatte zu starten.
Tricksereien gegen strengere Regeln
Die Republikaner tricksten die Messlatte allerdings auf 60 Stimmen herauf und wehrten letztlich eine Debatte per Verschluss ab. Dieses parlamentarische Mittel ist in seit Beginn der Präsidentschaft von Barack Obama zum wichtigsten Instrument der Oppostion geworden, die Politik der regierenden Partei zu behindern.
Shelby attackierte auch eine Vorlage von Senator Byron Dorgan aus North Dakota, der "naked credit defaulf swaps" verbieten wollte und damit genau die Hedging-Instrumente, die im Zentrum der aktuellen Krise stehen. Auch in Bezug auf unfaire Kreditvergabe wollen die Republikaner die Banken nicht zügeln. Eine Maßnahme von Senatorin Kay Hagan aus North Carolina wollte Finanzdienstleistern verbieten, Kunden neue Kredite direkt auf Basis einer ausstehenden Steuerrückerstattung anzudrehen. In einem solchen Verbot sieht die Opposition einen zu drastischen Eingriff der Regierung in den freien Markt.
Soldaten müssen herhalten
Shelbys Amtskollege Sam Brownback, Republikaner aus Kansas, verteidigte aggressive Kreditvergaben gleichzeitig auf anderen Ebenen. Das Verteidigungsministerium wollte die seit Jahren gängige Praxis einschränken, mit der Institute aktiven Soldaten und ihren Familien günstige Kredite mit unfairen Details im Kleingedruckten andrehen. Brownback berief sich in einem Brief an das Pentagon auf den angesehenen Verbraucherschützer Raj Date vom Cambridge Center of Financial Institutions Policy. Der habe gewarnt, dass einige Kreditinstitute unter einem neuen Regelwerk gänzlich aufhören würden, Soldaten Kredite zu vermitteln. Das Zitat ist allerdings aus dem Zusammenhang gerissen und verheimlicht einen Folgesatz. "Manche Institute werden sagen: Wenn ich ich jetzt an ehrliche Regeln halten muss, dann spiele ich nicht mehr mit. Denen weine ich keine Träne nach."
So erschütternd die neuesten Schläge der Republikaner gegen eine Finanzmarktreform sind, so kommen sie doch nicht überraschend. Die Partei stemmt sich seit Monaten gegen jede Entwicklung in dem Sektor und wird dafür an der Wall Street gefeiert. Gewählt wird aber nicht nur dort, und jüngste Umfragenb legen nahe, dass die Nein-Sager bei den nächsten Kongresswahlen im November abgestraft werden dürften.
Quelle: ntv.de