Marktberichte

Dijsselbloem verunsichert USA New York schließt schwach

Komplizierte Verhältnisse in Europa: Zypern hält die Händler in New York in Atem.

Komplizierte Verhältnisse in Europa: Zypern hält die Händler in New York in Atem.

(Foto: AP)

Das Schicksal einer fernen Insel im Mittelmeer bestimmt die Richtung an der Wall Street: Nach der Erleichterung über die haarscharf abgewendete Staatspleite Zyperns sorgen Äußerungen des Eurogruppen-Chefs für neue Unruhe.

Trotz des im zweiten Anlauf beschlossenen Rettungspakets bleibt Zypern das beherrschende Thema an der Wall Street. Neue Nervosität entzündete sich im Handelsverlauf vor allem an Aussagen von Eurogruppe-Chef Jeroen Dijsselbloem. Die Aussicht darauf, die beschlossene Zypern-Hilfe als Mustervorlage für andere Problembanken in Europa zu verstehen, ließ die morgenliche Erleichterung schnell schwinden. Damit könnten die Investitionen auch in anderen Fällen in Gefahr sein.

Dijsselbloem beeilte sich zwar, die aus einem Interview vorab zitierten Äußerungen ins rechte Licht zu rücken. "Zypern ist ein spezieller Fall von besonderer Schwierigkeit, der eine Beteiligung von der Art verlangte, wie wir sie gestern beschlossen haben", ließ der Eurogruppen-Chef in einer eigens nachgereichten Mitteilung betonen. "Makroökonomische Anpassungsprogramme sind auf die Situation des jeweiligen Landes zugeschnitten, Modelle oder Schablonen werden dabei nicht eingesetzt."

Dijsselbloems Bemühungen zeitigten in New York erste Erfolge: In der Folge erholten sich die US-Indizes etwas von ihren Tagestiefs. Der Dow-Jones-Index ging am Abend mit einem Minus von 0,4 Prozent bei 14.447 Punkten aus dem Handel. Kurz nach der Startglocke hatte es für den Dow-Jones-Index immerhin noch zu einem neuen Allzeithoch bei 14.564 Punkten gereicht. Der breiter gefasste S&P-500-Index verlor 0,3 Prozent auf 1551 Zähler. Im Verlauf war der marktbreite Index bis an sein Hoch aus dem Oktober 2007 bei 1565 Punkten gestiegen. Der Composite-Index an der Technologiebörse Nasdaq legte 0,4 Prozent auf 3235 Stellen zu.

Zyperns Regierung hatte sich mit den internationalen Gläubigern am Sonntag auf ein Rettungspaket verständigt. Die Regierung erhält internationale Finanzhilfen über zehn Milliarden Euro. Im Gegenzug werden Sparguthaben über 100.000 Euro in erheblichem Umfang an der Rettung des zyprischen Bankensystems beteiligt. Einlagen unter 100.000 Euro sollen verschont werden.

"Diesen Kompromiss hätte man auch schon letzte Woche aushandeln und so für weniger Unruhe sorgen können. Ob ein Run auf die Banken in Zypern jetzt ausbleibt, ist erst einmal abzuwarten", sagte Dirk Gojny von der National-Bank. Die beiden größten Banken Zyperns, die Bank of Cyprus und die Laiki Bank, bleiben bis Donnerstag geschlossen. Alle anderen Banken öffnen aber bereits am Dienstag. "Die Zypern-Krise dürfte nur eine Auszeit in der anhaltenden Konjunktur-Rally des Marktes gewesen sein", so ein anderer Teilnehmer.

Einen weiteren Baustein für die Reihe der zuletzt guten Daten lieferte der Chicago Fed National Activity Index. Dieser stieg im Februar überraschend an. Der Index misst die Wirtschaftsaktivität im Großraum Chicago und gilt als ein wichtiger Indikator für die Konjunkturlage in den USA. Vor allem die Subindikatoren aus der Produktion legten zu. "Das könnte ein Vorbote für einen Anstieg der US-Industrieproduktion sein und damit Hoffnung für neue Arbeitsplätze geben", sagte ein Händler.

Auf der Unternehmensseite lieferte Dell das Tagesthema: Hier zeichnet sich ein Bieterwettbewerb ab, der den Wiedereinstieg des Firmengründers behindern könnte. Dem Rechnerkonzern liegen alternative Übernahmegebote von Blackstone und Großinvestor Carl Icahn vor. Ob diese dem Angebot von Firmengründer Michael Dell überlegen sind, wollte ein spezielles Gremium im Board von Dell nicht bestätigen. Für die Dell-Aktie ging es um 2,6 Prozent nach oben.

Die Papiere von Blackberry-Hersteller Research in Motion (RIM) standen dagegen unter Druck und verloren 4,6 Prozent. Die Einführung des Blackberry Z10 löste keinen Begeisterungssturm am Markt aus, wie dies bei Wettbewerbermodellen jüngst zu beobachten gewesen war.

Schwächster Wert im Dow waren die Aktien der Bank of America mit einem Abschlag von knapp 1,3 Prozent. JP Morgan Chase verbilligten sich um gemäßigte 0,5 Prozent

Einen Kurseinbruch verzeichneten die Aktien von Identix Pharmaceuticals, die knapp 20 Prozent verloren. Das Unternehmen unterlag in einem Patentstreit.

Auch der Euro stand mit den Dijsselbloem-Aussagen deutlich unter Druck und fiel mit 1,2829 Dollar den tiefsten Stand seit rund vier Monaten. Nach den getroffenen Zypern-Entscheidungen war die Devise zunächst bis auf 1,3049 Dollar gestiegen, konnte dieses Niveau allerdings nicht behaupten. Mit dem guten Chicago-Fed-Index und der gesenkten Wachstumsprognose für Deutschland durch den der Sachverständigen-Rat ging es bereits nach unten, bevor die Dijsselbloem-Aussagen die Talfahrt verstärkten. Im späten US-Handel notierte der Euro bei 1,2857 Dollar.

Der Preis für Gold konnte die Marke von 1600 Dollar verteidigen. Zum Settlement stand ein leichtes Minus von 0,1 Prozent auf 1604,50 Dollar je Feinunze zu Buche. Die Abgaben nach der Zypern-Einigung konnte der Goldpreis mit den fallenden Notierungen an der Wall Street wieder aufholen.

Der Ölpreis für ein Barrel der Sorte WTI kletterte auf den höchsten Stand seit gut einem Monat und notierte zum Settlement bei 94,81 Dollar, ein Plus von 1,2 Prozent. Die Rettungsmaßnahmen für Zypern verstärkten die Hoffnungen auf eine Stabilisierung der Nachfrage in Europa. "Die Einigung hat die Sorgen bezüglich einer weiteren Abschwächung der europäischen Konjunktur etwas gelindert", sagte Analyst James Williams von WTRG Economics.

Die US-Anleihen erholten sich von ihren Abgaben und zeigten sich mit einer kaum veränderten Tendenz. Nachdem die Einigung mit Zypern zunächst noch fallende Notierungen verursacht hatte, sorgten die Dijsselbloem-Aussagen für eine Erholung. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen lag bei 1,91 Prozent.

Quelle: ntv.de, wne/DJ

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