Wall Street glaubt Bernanke nicht New York tief im Öl-Minus
01.03.2011, 22:45 UhrDer erneute Anstieg bei den Rohölpreisen lässt viele US-Börsianer an der Kraft der Konjunkturerholung zweifeln: Die amerikanischen Aktienmärkte gehen am Dienstag mit breiten Abschlägen aus dem Handel. Der Dow Jones verliert 1,4 Prozent und kommt damit der Marke von 12.000 Punkten gefährlich nahe.

Erst seit vier Wochen im 12.000er Bereich: Doch was will man machen, wenn der Ölpreis weiter steigt?
(Foto: REUTERS)
Der erneute Anstieg des Ölpreises wegen der Unruhen in Libyen hat die US-Börsen am Dienstag schwer belastet. Die Anleger befürchteten, dass die Konjunktur abgebremst werde und damit auch Unternehmensgewinne geschmälert werden könnten. Bereits in der vergangenen Woche hatte der Ölpreisanstieg zu den größten Kursverlusten an den US-Börsen seit November geführt. Auch eher optimistische Äußerungen von Notenbankchef Ben Bernanke zur Konjunkturentwicklung konnten den Abwärtstrend nicht aufhalten.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte verlor 1,4 Prozent auf 12.058 Punkte und nähert sich damit wieder der psychologisch bedeutsamen Marke von 12.000 Punkten an. Erst Anfang Februar hatte er - zum ersten Mal seit Juni 2008 - wieder oberhalb dieser Kursschwelle geschlossen. Im Handelsverlauf pendelte er zwischen 12.261 und 12.054 Stellen. Der breiter gefasste S&P500 gab 1,6 Prozent auf 1306 Zähler nach. Der Index der Technologiebörse Nasdaq fiel ebenfalls um 1,6 Prozent auf 2737 Stellen.
Ein Barrel US-Leichtöl der Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) verteuerte sich um 2,7 Prozent auf nur knapp unter 100 Dollar, Nordsee-Öl der Sorte Brent kostete mit 116,50 Dollar sogar gut 4 Prozent mehr. "Das Thema heute ist das Benzin", sagte Analyst Nick Kalivas von MF Global. "Am Markt herrscht die Sorge, dass der Benzinpreis in den USA auf 4 Dollar steigen könnte."
, der jüngste Ölpreisanstieg dürfte die Konjunktur kaum aus der Bahn werfen. Er sehe keine Folgen für das Wirtschaftswachstum und die Inflation, wenn der Ölpreis nicht langfristig hoch bleibe. Die Anleger konnte er damit aber nicht beruhigen.
Auch für die Entwicklung am Arbeitsmarkt gebe es trotz anhaltender Probleme Grund zu Optimismus, sagte Bernanke. Allerdings müsse sich die Lage am Arbeitsmarkt nach der Krise erst noch nachhaltig bessern. Der jüngste Anstieg der Teuerung ist Bernanke zufolge nur temporär und wird eher moderat bleiben.
Doch weder Bernanke noch die unerwartet guten Konjunkturdaten konnten die Stimmung am Markt nicht aufhellen. Die US-Industrie gewann im Februar unerwartet deutlich an Fahrt. Der ISM-Index der US-Einkaufsmanager signalisierte das stärkste Wachstum seit Mai 2004. Zu schaffen machen den Firmen aber die steigenden Preise. Vor allem Rohstoffe wie Öl oder viele Metalle verteuern sich weltweit.
Die Auslöser für die neuen Rohstoffsorgen kamen aus dem arabischen Raum: In Libyen war es erneut zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen Gaddafi-Gegnern und regierungstreuen Kräften gekommen. Zudem rückten Iran und Saudi-Arabien, zwei der bedeutendsten Ölförderländer, ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Der saudi-arabische Aktienmarkt war um 6,8 Prozent eingebrochen, und im Iran weiteten sich die Proteste gegen die Staatsführung Berichten zufolge aus. Auch im Oman gab es heftige Proteste. Gerald Buetow, Chief Investement Officer bei Innealta Capital, sagte, mit den sich ausbreitenden Unruhen im Nahen Osten werde das Öl sich unzweifelhaft auf die Konjunktur auswirken.
Vor diesem Hintergrund standen besonders zyklische Aktien unter Druck: Alcoa fielen um 3,7 Prozent auf 16,23 Dollar, Boeing um 2,6 Prozent auf 70,12 Dollar und Caterpillar um 3 Prozent auf 99,86 Dollar. Am Nachmittag war bekannt geworden, dass die Bauausgaben in den USA im Januar auf das tiefste Niveau seit fünf Monaten gefallen waren.
Unter den weniger bekannten Einzelwerten standen unter anderem die Titel von Fresh Del Monte im Fokus, nachdem der Obst- und Gemüseproduzent enttäuschende Zahlen vorgelegt hatte. Die Aktien brachen mehr als 6 Prozent ein.
Auch Finanzwerte gerieten unter Druck, nachdem die Großbank JP Morgan am Vorabend vor erheblichen Belastungen im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu umstritten Zwangsversteigerungen überschuldeter Immobilien gewarnt hatte. Die Aktien von JP Morgan verloren 2,3 Prozent. Fifth Third Bancorp brachen um 4,5 Prozent auf 13,95 Dollar ein, nachdem die Regionalbank mitgeteilt hatte, dass die Finanzaufsichtsbehörde SEC von ihr Informationen über gewerbliche Kredite angefordert hat.
Defensive Werte standen noch am besten da. Die Aktien des weltgrößten Einzelhändlers Wal-Mart legten 0,2 Prozent zu und halfen so, die Verluste im Dow einzugrenzen.
An der New York Stock Exchange wechselten rund 1,18 Mrd. Aktien den Besitzer. 724 Werte legten zu, 2298 gaben nach und 78 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 2,25 Mrd. Aktien 618 im Plus, 2032 im Minus und 91 unverändert.
An den US-Kreditmärkten stiegen die zehnjährigen Staatsanleihen um 06/32 auf 101-26/32. Sie rentierten mit 3,409 Prozent. Die 30-jährigen Bonds kletterten um 07/32 auf 104-09/32 und hatten eine Rendite von 4,489 Prozent.
Quelle: ntv.de, DJ/rts