Alarm in der japanischen Notenbank Nikkei schwankt ins Plus
24.05.2013, 08:30 Uhr
Wenn alle Dämme brechen ...: Die Anleger reagieren heftiger als erwartet.
(Foto: dpa)
In Japan müssen die Notenbanker nach heftigen Kursturbulenzen erneut ins Lenkrad greifen. Tokios oberster Währungshüter meldet sich sogar persönlich zu Wort - und kündigt entschlossene Interventionen an.
Die Kurse am japanischen Aktienmarkt haben Anlegern vor dem Wochenende einer wilden Berg- und Talfahrt ausgesetzt: Die Börse in Tokio schloss nach ungewöhnlich starken Marktschwankungen im Plus. Der Nikkei-Index für 225 führende Werte notierte zum Handelsende letztendlich 128,47 Punkten oder 0,89 Prozent höher bei 14.612,45 Punkten. Am Vortag war der Nikkei massiv um mehr als 7 Prozent eingebrochen. Im Nachmittagshandel am Freitag war der prominenteste japanische Börsenindex zeitweise um bis zu 2 Prozent abgesackt, nachdem er am Vormittag noch 2,7 Prozent zugelegt hatte. Das Tageshoch aus dem Verlauf liegt bei 15.007,50 Zählern, das Tagestief unterhalb der 14.000er-Marke bei 13.981,52 Punkten. Der breit gefasste Topix verbesserte sich bis zum Handelsschluss um 5,74 Punkte oder 0,48 Prozent und ging beim Stand von 1194,08 Punkten ins Wochenende.
Grund für die neuerlichen Kursturbulenzen dürften wie bereits am Vortag Gewinnmitnahmen nach der monatelangen Aufwärtsbewegung sein, meinte ein Händler. Nach anfänglichen Gewinnen standen insbesondere Finanzwerte unter Abgabedruck. So verloren die Aktien von Mitsubishi UFJ Financial zeitweise bis zu 3 Prozent. Für die Aktien von Aiful ging es im Verlauf um bis zu 3,6 Prozent nach unten.
Parallel zum japanischen Nikkei-Index schwankte auch der Kurs des Yen stark. Nachdem der Greenback gegenüber der japanischen Währung im frühen Handel noch bis auf 102,58 Yen zugelegt hatte, sank er im Handelsverlauf immer weiter und kostet aktuell nur noch 101,49 Dollar. Zuvor war er sogar bereits auf 101,06 Yen abgerutscht.
Etwas Rückendeckung bekam der asiatische Handel von positiven Konjunkturimpulsen aus Europa und den USA. In der Eurozone lag der Einkaufsmangerindex sowohl für das verarbeitende Gewerbe als auch für den Dienstleistungssektor im Mai über den Erwartungen. In den USA gab es gute Nachrichten vom Immobilienmarkt. Hier hat sich Anstieg der Hauspreise im März stärker als erwartet beschleunigt. Auch die Zahl der Neubauverkäufe stieg im April stärker als prognostiziert.
Am Donnerstag hatten enttäuschende Industriedaten aus China Sorgen um die Erholung der globalen Konjunktur geschürt und in Tokio einen heftigen Kursrutsch ausgelöst. Der Nikkei fiel um rund 1000 Punkte und notierte im Rahmen einer umfangreichen Kurskorrektur zu Handelsschluss 7,3 Prozent im Minus. Damit brach der japanische Leitindex so stark ein wie seit der Atomkatastrophe von Fukushima vor zwei Jahren nicht mehr. Zudem fürchteten Investoren nach Äußerungen von Fed-Chef Ben Bernanke eine Straffung der ultra-lockeren Geldpolitik in den USA. Dies führte zu Gewinnmitnahmen nach dem kräftigen Anstieg der vergangenen Monate.
Notenbanker in Alarmstellung
Angesichts der heftigen Marktreaktionen bemühte sich die japanische Zentralbank darum, verunsicherte Anleger zu beruhigen: Nach dem Absturz des japanischen Aktienmarkts und den heftigen Kursausschlägen bei Staatsanleihen am Donnerstag meldete sich der Chef der Bank of Japan (BoJ) persönlich zu Wort: BoJ-Gouverneur Haruhiko Kuroda sagte, die BoJ wolle bei ihren Markteingriffen flexibler vorgehen und besser mit den Märkten kommunizieren. Am Vortag war die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen auf bis zu 1 Prozent gestiegen. Der Yen wertete deutlich auf.
Kuroda sagte, dass die Zentralbank stärkere Kursschwankungen bei Staatsanleihen verhindern wolle. Zugleich machte er aber deutlich, dass die BoJ höhere Anleiherenditen kaum verhindern könne. Entscheidend für die langfristigen Zinsen seien Risikoprämien, sowie Wachstums- und Inflationserwartungen, sagte er.
Ökonomische Pandora-Büchse?
Auf genau diese Erwartungen hinsichtlich der Teuerung zielt die Politik der BoJ ab: Sie kauft mit frisch gedruckten Yen rund 70 Prozent der neu emittierten Staatsanleihen auf. Damit schwächt sie den Yen, finanziert den Staat und senkt - zumindest der Theorie nach - die Renditen. Offenbar aber hat die Verknappung des freien Angebots an Staatsanleihen zu einer starken Schwankungsanfälligkeit der Kurse geführt. Und in der Tendenz der vergangenen Wochen steigen die Kurse, anstatt wie erhofft zu fallen.
Manche Ökonomen warnen, dass die von der BoJ angestrebte Mischung aus Geldmengenausweitung, Yen-Schwächung und monetärer Staatsfinanzierung den Glauben an die Tragfähigkeit der japanischen Staatsfinanzen schleichend zerstören könnte. Sichtbar würde das in steigenden Renditen für Staatsanleihen.
Am Donnerstag schaffte die BoJ es, die Rendite zehnjähriger Papiere von 1,00 auf 0,845 Prozent zu senken. Kuroda sagte am Freitag, die BoJ erwarte keine scharfen Kurssausschläge bei Staatsanleihen mehr. An diesem Markt sei Stabilität "extrem erwünscht". "Wir werden die Marktoperationen flexibel durchführen, um eine starke Schwankung der Kurse, die zuletzt gestiegen sind, zu verhindern", sagte er.
Auch eine anderes Vehikel der japanischen Lockerungspolitik verhält sich derzeit nicht wunschgemäß: Der Yen, der seit Ankündigung des neuen BoJ-Kurses 25 Prozent seines Außenwerts verloren hatte, wertete am Freitag deutlich auf.
Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa/rts