Inside Wall Street Paulson hilft den Hütchenspielern
04.12.2007, 01:00 UhrDass sich die Banken und Hypothekenleiher im Immobilienboom der letzten Jahre ordentlich vergaloppiert haben, ist bekannt und hat zur laufenden Kreditkrise und zu Milliardenverlusten in den Bilanzen und an der Börse geführt. Nächstes Jahr drohen noch steilere Abstürze, und deshalb greift jetzt die Regierung ein.
Dabei ist schwer zu beurteilen, wem das Finanzministerium mit seinem aktuellen Hypotheken-Konzept hilft: Den Banken? Oder den Schuldnern? Letztere haben Hilfe sicherlich verdient, denn in den letzten Jahren sind sie - niedrige Zinsen und den Traum vom Eigenheim vor Augen - reihenweise den Hütchenspielern der Finanzbranche aufgesessen.
Die besten Hütchenspieler stehen schließlich längst nicht mehr in den Fußgängerzonen, wo sich arglosen Passanten höchstens ein paar Scheinchen entlocken lassen. Nein, sie haben sich während des Häuser-Booms ins Kreditgewerbe verlegt, wo sie John und Jane Dow das Blaue vom Himmel versprochen haben. Großes Haus, winzige Zahlungen jedenfalls für die ersten beiden Jahre.
Nun sind die ersten beiden Jahre für viele Investoren abgelaufen. Bis Ende 2008 drohen die Zinsen für mehr als 2 Mio. Hypotheken deutlich zu steigen. Der durchschnittliche monatliche Satz in den USA klettert um runde 30 Prozent von 1200 auf 1550 US-Dollar. Mit den zusätzlich zu zahlenden 350 US-Dollar haben viele Schuldner zu kämpfen, in hunderttausenden Fällen droht die Zwangsversteigerung.
Das Finanzministerium steht nun kurz vor einer Einigung mit den großen Hypothekenhäusern, nach denen diese die Zinsen in den nächsten Jahren nicht erhöhen werden. Das sieht zunächst aus wie ein Geschenk für die strauchelnden Hauskäufer, die den Möbelwagen noch einmal abbestellen können und nicht bei der Schwiegermutter einziehen müssen.
Doch hilft die Aktion aus Washington vor allem auch den Banken, die Finanzminister Hank Paulson - immerhin einst Chef bei Goldman Sachs - besonders nahe am Herzen liegen. Denn mit den illiquiden Hausbesitzern zitterten zuletzt auch die Gläubiger. Denen drohen im schlimmsten Fall binnen der nächsten Monate hunderttausende Kredite zu platzen, und die Sicherheit - das jeweilige Haus - verliert nicht nur an Wert, sondern lässt sich zurzeit beim besten Willen nicht weiterverkaufen.
Bereits seit Wochen raten Verbraucherschützer jedem zahlungsunfähigen Hausbesitzer, härter um eine Refinanzierung oder bessere Kreditbedingungen zu kämpfen. Riskant sei der forsche Auftritt bei der Bank sicher nicht, sind sich Experten einig. Denn eines will die Bank sicher nicht: das Haus. Denn wohin damit? Angesichts stagnierender Nachfrage und rekordverdächtiger Leerstände in Neubauten und bestehenden Häusern ist jede beschlagnahmte Immobilie langfristig totes Kapital.
Da kommt man den Schuldnern nun lieber entgegen und lässt die Zinsen niedrig. So werden Zwangsversteigerungen verhindert, das Angebot an Häusern wächst langsamer, der Trend dramatisch fallender Immobilienpreise lässt sich zumindest verlangsamen. Geht das Konzept auf, wäre es ein erster Schritt aus der Kreditkrise, an denen sorglose Kreditnehmer letztlich nicht mehr Schuld haben als die größten Finanzhäuser des Landes.
Quelle: ntv.de