Marktberichte

Inside Wall Street Paulsons Blaupause

Selten hat die amerikanische Regierung so schnell und so umfassend auf eine Wirtschaftskrise reagiert könnte man meinen. Doch eine umfassende Reform der Regulierung der US-Märkte, die Finanzminister Henry "Hank" Paulson am Montag vorstellte, hört sich eindrucksvoller an als sie ist.

Zunächst einmal dürfte dich die Umsetzung der aktuellen Pläne "über mehrere Jahre" erstrecken, wie selbst Hank Paulson am Morgen zugeben musste. So viel zur schnellen Reaktion.

Und: Streng genommen ist das neue Konzept aus Washington gar keine Reaktion auf die aktuelle Krise an den Kredit- und Finanzmärkten. Vielmehr ist es eigentlich Zufall, dass die Pläne gerade jetzt veröffentlich werden, nachdem Paulson und seine Kollegen bereits seit mehr als einem Jahr daran gearbeitet haben.

Wie sie sich die Regulierung der Märkte künftig vorstellen, steht nun auf 280 Seiten, die zur trockensten und kompliziertesten Lektüre aller Zeiten gehören dürften. Experten aller Couleur mühen sich zu Wochenbeginn, das umfangreiche Werk einzuordnen, was nicht leicht ist. Selbst die Grundfrage - werden die Märkte in Zukunft mehr oder weniger reguliert als bisher? - scheint nicht geklärt zu sein.

Nur eines ist sicher: Nach dem Konzept aus Washington soll vor allem die Notenbank künftig mehr Macht haben. Der Apparat unter Ben Bernanke soll als "Market Stability Regulator" eingreifen können, wann immer das Gleichgewicht der Märkte verloren zu gehen droht. Das heißt: Der Fed würde die Verantwortung zufallen, Krisen zu vermeiden - keine leichte Aufgabe: Kritiker haben Bernanke & Co. zuletzt vor allem vorgeworfen, die aktuelle Krise viel zu spät erkannt zu haben.

Außer der Fed soll auch die Börsenaufsicht SEC wichtiger werden. Das Organ soll mit der CFTC fusionieren, die bisher parallel die Warenterminbörsen kontrollierte. Der New York Stock Exchange dürften hingegen neue regulatorische Aufgaben eingeräumt werden, was im Haus gut ankommt. NYSE-CEO Duncan Niederauer begrüßt das Konzept aus Washington in einer Stellungnahme am Montagmorgen, freut sich „auf die Zusammenarbeit mit Finanzminister Paulson, dem Kongress und der SEC, ohne dabei indes auf eigene Vorstellungen genauer einzugehen.

So wenig also Details über die Regulierungs-Reform klar und so sehr dramatische Abänderungen in den nächsten Jahren sicher sind, so ist zumindest eines begrüßenswert: dass eine Reform zumindest in Angriff genommen wird. Denn die Aufsichtsapparate über die amerikanischen Märkte sind heute noch weitgehend strukturiert wie vor hundert Jahren, was zuletzt sämtliche Präsidentschaftskandidaten zum Wahlkampfthema gemacht haben. "Ein Markt mit ständig wechselnden Investmentvehikeln kann nicht mit den Werkzeugen längst vergangener Zeiten kontrolliert werden, prangerte erst in der vergangenen Woche Senator Barack Obama das Versagen des Systems an.

Apropos Wahlkampf: Die Kandidaten werden die geplante Reform in den nächsten Tagen bewerten, wo sie können. Die Worte dafür hat ihnen Finanzminister Paulson am Montag bereitgelegt - er selbst eröffnete seinen Vortrag mit dem selben Geplapper, das man sonst nur aus Wahlkampfveranstaltungen kennt: Eine Reform hilft nicht nur dem Markt und den Banken, sondern allen hart arbeitenden Amerikanern. Die können Häuser und Autos kaufen, in neuen Jobs arbeiten wenn, oder falls, die 280 Seiten starke Blaupause erst einmal umgesetzt ist.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen