Inside Wall Street Pro und Contra Zinssenkung
30.10.2007, 15:22 UhrDie Notenbank hat in dieser Woche keine leichte Aufgabe. Anleger bauen fest auf eine Zinssenkung und haben diese in den Markt eingepreist, doch fundamental spricht vieles dagegen, den Leitsatz erneut zurückzufahren. Der Offenmarktausschuss unter Ben Bernanke hat in Washington zwei Tage lang Zeit, die richtige Entscheidung zu treffen.
Seit Dienstagmorgen tagen die Notenbanker, eine Zinsentscheidung wird aber erst am Mittwochmittag um 14.15 Uhr Ortszeit (19.15 Uhr MEZ) verkündet. Vorher wird auf dem Parkett der New Yorker Börsen heiß spekuliert, denn für die Fed-Sitzung gibt es drei mögliche Ergebnisse:
Zum einen könnte sich die Notenbank den Wünschen des Marktes verwehren und den Leitzins unverändert bei 4,75 Prozent belassen. Das wäre nicht allzu schwer zu begründen. Denn am Mittwoch werden Anleger auch über das US-Wirtschaftswachstum im dritten Quartal informiert werden, das mit 3,3 Prozent erwartet wird und damit viel zu robust wäre, um ein Eingreifen der Notenbank notwendig zu machen. Robust ist auch der Arbeitsmarkt und dann spricht auch noch die steigende Inflation gegen eine Zinssenkung.
Auch psychologisch würde sicher einiges dafür sprechen, am aktuellen Leitzins festzuhalten. Immerhin hat sich die Fed zuletzt doch sehr von der Börse leiten lassen. Der Markt fordert – der Markt bekommt, das war das Schema in den letzten Monaten, das nicht zuletzt Mitte September die jüngste Zinssenkung um satte 50 Basispunkte hervorgebracht hat. Der Autorität von Ben Bernanke täte es gut, einmal nicht sofort auf die Wünsche des Marktes einzugehen und damit nicht mehr als eine kurzfristige Rally bis zur nächsten Fed-Sitzung zu ermöglichen.
Dass die Fed am Mittwoch den Leitzins unverändert lässt, ist aber dennoch der unwahrscheinlichste Ausgang der Sitzung. Allerdings sollten sich Anleger auch nicht allzu sehr auf einen weiteren 50-Punkte-Schritt bauen, der seit Tagen über das Parkett geistert. Mit einer solch dramatischen Entscheidung würde die Fed den Dollar zu sehr untergraben, der gegenüber den internationalen Währungen weiter an Wert verlieren würde.
So spricht alles für eine Zinssenkung um 25 Basispunkte, mit der sich Bernanke & Co. am ehesten aus der Affäre ziehen könnten. Eine solche würde nach Ansicht vieler Beobachter keine dramatische, aber doch eine leichte Kursrally auslösen, da sie Unterstützung der Notenbank signalisieren würde, ohne Panik zu verursachen.
Immer mehr Analysten schlagen sich in den letzten Tagen auch auf die Seite derer, die auf eine 25-Punkte-Senkung bauen, denn diese sei durchaus notwendig. Nicht weil die Wirtschaft derzeit so schwach sei, wohlgemerkt, sondern weil die aktuelle Immobilien-, Subprime- und Kreditkrise noch lange nicht ausgestanden seien. Darauf deutet zumindest nach den jüngsten Quartalskonferenzen der Banken einiges hin, und die Notenbanker dürften die Berichte der Finanzhäuser durchaus in ihre Entscheidung mit einfließen lassen.
Das wiederum könnte zu einem vierten Ausgang der Fed-Sitzung führen, der bislang auf dem Parkett kaum diskutiert wurde. Die Notenbank könnte, wie schon vor zwei Monaten, speziell den Diskontsatz senken, zu dem die Banken Geld leihen. Denen wäre damit eine Möglichkeit gegeben, sicherer durch die (selbstverschuldete) Kreditkrise zu steuern, während man im allgemeinen am aktuellen Leitzins von 4,75 Prozent festhalten könnte.
Quelle: ntv.de