Devisen-Vorschau Satte Carry-Trader
28.11.2009, 12:41 UhrAuf den ersten Blick war die Sache klar: Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Emirats Dubai schickten die Börsen weltweit auf Talfahrt. Und auch die herben Wechselkursverluste des Euro zu Dollar und Yen ließen sich plausibel mit der Flucht der Anleger in vermeintlich sichere Währungen begründen.
Der zweite Blick lässt freilich auch eine andere Interpretation zu, in deren Rahmen Dubai dann in einem anderen Licht erscheint. Denn in Dollar gerechnet arbeiten sich Dax und Euro-Stoxx-50 gegenwärtig an wichtigen Widerständen ab. Ob die Indizes diese Hürden nachhaltig nehmen, oder an ihnen scheitern werden, ist angesichts der blutleeren Erholung der Weltwirtschaft völlig offen. Daher ist die Vermutung nicht abseitig, dass die Carry Trader angesichts des mit "Thanksgiving" eingeläuteten Jahresendes ihre Bücher zugemacht und die seit März aufgelaufenen ansehnlichen Gewinne mitgenommen haben. Dubai wäre dann nur noch ein Vorwand gewesen.
Zinsdifferenzgeschäfte waren in den vergangenen Monaten allerdings der Hauptgrund für die Kursavancen des Euro zum Dollar. Sagt der Carry Trader also "Danke", dürfte der Gemeinschaftswährung auch der Treibstoff für ein neuerliches Überwinden der psychologisch wichtigen Marke von 1,50 Dollar fehlen. Auch die Analysten von J.P. Morgan halten die Marktreaktion auf die Zahlungsprobleme des Investmentvehikels "Dubai World" für überzogen. Derzeit verteilten sich lediglich 13 Mrd. Dollar an syndizierten Krediten auf den weltweiten Bankensektor.
Risikobereinigung
"Die Verschuldung von Dubai World stellt zwar einen beachtlichen Betrag dar, wird das Weltfinanzsystem aber sicher nicht zum Einsturz bringen", sagt auch Ulrich Leuchtmann, Chef des Währungs-Researchs von Commerzbank Corporates & Markets. Von einem bloßen Vorwand für den Abverkauf aller riskanteren Vermögenswerte will er jedoch nicht sprechen. "Nachdem mit der Insolvenz von Lehman Brothers die Grundannahme des "too big to fail" erschüttert wurde, ist mit dem Schuldenmoratorium von Dubai World auch die Grundannahme einer impliziten Staatsgarantie für Investmentvehikel zusammengebrochen."
Dies werde dazu führen, dass Investoren ihre Portfolios systematisch um Risiken bereinigten. "Somit wird auch die historisch hohe, und mit der tatsächlichen Lage der Weltwirtschaft inkonsistente, Risikoneigung der Carry Trader zurückgehen", prognostiziert Leuchtmann. Zwar werde der Dollar aufgrund der fundamentalen Bedingungen aus noch lange ultralockerer Geldpolitik der Federal Reserve und exzessiver Verschuldungspolitik der US-Regierung unter Druck bleiben. "Nach dem Dubai-Schlag wird sich die Aufwertung des Euro aber sicher nicht mit der Geschwindigkeit der vorangegangenen Monate fortsetzen", so Leuchtmann.
Carry Trades
Carry Trades sind in ihrer klassischen Form Zinsdifferenzgeschäfte. Dabei verschulden sich Investoren in niedrig verzinsten Währungen wie dem Dollar und legen die aufgenommenen Mittel in höher verzinsten Währungen wie dem Euro an. Die Differenz streichen sie als Gewinn ein. In der Praxis verkaufen sie dabei Dollar gegen Euro, was den Dollar-Kurs schwächt und den Euro-Kurs stärkt.
In Form der "Mutter aller Carry Trades", wie sie seit März dieses Jahres zu beobachten ist, werden die Darlehen sogar an den Aktienmärkten des Währungsraums mit der höheren Verzinsung investiert. Dabei spielen Carry Trader also nicht nur mit dem Zinsveränderungs-, und dem Wechselkurs-, sondern auch noch mit dem Aktienkursrisiko.
Unter dem Strich ist es also ziemlich egal, ob Dubai nur ein Vorwand für Carry Trader, oder ein kleiner Anlass für einen großen Abbau von Risikopositionen war - der Wechselkurs des Euro dürfte zunächst einmal bei 1,50 Dollar gedeckelt bleiben. Daran werden auch die für die kommende Woche avisierten US-Konjunkturdaten nichts ändern. Und auf der Agenda stehen immerhin der Arbeitsmarktbericht sowie der ISM-Index für das Verarbeitende Gewerbe im November.
Quelle: ntv.de, DJ