Kräftige Kursgewinne bei K+S Dax schließt schmal im Plus
26.08.2013, 18:01 Uhr
Ein schwacher Wochenauftakt im Dax: Mit Sorge verfolgen die Anleger die jüngsten Entwicklungen in Syrien.
(Foto: REUTERS)
Die neue Woche hält für Anleger unerwartete Wendungen bereit: Nach einer müden ersten Handelshälfte gelingt dem Leitindex am Nachmittag der Aufstieg. Auslöser für die Trendwende sind schwache Auftragsdaten aus den USA und eine Festnahme in Weißrussland.
Zurück über die 8400er-Marke: Der deutsche Aktienmarkt hat sich zu Wochenbeginn erst recht spät auf seine Stärken besonnen. Erst am Nachmittag kann sich der Leitindex Dax aus der Verlustzone lösen und zurück über die Marke von 8400 Punkten steigen. Am Abend beendete das wichtigste deutsche Börsenbarometer den ersten Handelstag der Woche rund 0,22 Prozent fester bei 8435,15 Punkten. Vor dem Wochenende war der Dax 0,2 Prozent fester bei 8416 Zählern aus dem Handel gegangen. Der Nebenwerteindex MDax notierte zu Wochenbeginn weiter schwach und schloss schließlich 0,20 Prozent im Minus bei 14.809,36 Zählern. Der TecDax hielt sich - vor allem dank der Kursgewinne bei Telefonica Deutschland - über weite Strecken im Plus und ging mit einem Aufschlag von 0,44 Prozent bei 1045,81 Punkten aus dem Handel.
Auslöser für den Aufschwung am Nachmittag waren Berichte über die Festnahme von Wladislaw Baumgertner, Chef des russischen Kaliproduzenten Uralkali, die am deutschen Aktienmarkt für starke Kursreaktionen sorgten: Im Dax kletterten insbesondere die Papiere des Dünger- und Salzproduzenten K+S kräftig ins Plus - und schoben dadurch den gesamten Index an. Am Abend schlossen die Papiere des einzigen Rohstofftitels im Dax 4,2 Prozent im Plus bei 19,26 Euro.
Zeitweise notierten die Aktien des Uralkali-Wettbewerbers im Verlauf bis zu 7,2 Prozent fester bei 19,80 Euro - und damit so hoch wie zuletzt am 31. Juli. Zwei Tage vor diesem Stichtag war ein russisch-weißrussisches Kali-Preiskartell durch die Aufkündigung von Uralkali geplatzt. Spekulationen über einen Preissturz am Kalimarkt hatten vor allem K+S unter Druck gesetzt. Noch am 29. Juli hatten die Aktien mit 26,54 Euro den Handel geschlossen. Der nachfolgende Preissturz über fast 40 Prozent hatte Spekulationen über den Verbleib von K+S im Dax ausgelöst. Medienberichten zufolge soll Baumgertner nun in Minsk wegen "Amtsmissbrauchs" festgenommen worden sein.
"Gerade weil die Situation so eskaliert, wird nun spekuliert, dass die Festnahme nun zwangsweise irgendwann zu einer Lösung auf politischer Ebene führen wird. Schlimmer konnte es vorher schon gar nicht mehr werden", erklärte Analyst Christian Faitz von Macquarie Securities.
"Die Spekulation ist, dass Uralkali und Belaruskali gezwungen werden, zum ursprünglichen Geschäftsmodell zurückzukehren, das heißt, dass sie wieder über einen festen Preis und nicht über höhere Abgabemengen gehen", fasste ein Händler zusammen. Die Aktien von K+S werden am Berichtstag besonders lebhaft gehandelt. Die Titel waren nach denen der Commerzbank die am meisten gehandelten Aktien auf Xetra noch vor denen der Telekom.
Was droht der Welt aus Syrien?
Mit Sorge verfolgen Anleger unterdessen die jüngsten Entwicklungen in Syrien. Nachdem die USA Kriegsschiffe in der Region zusammengezogen haben, mehren sich die Hinweise auf einen baldigen Militärschlag. "Solange sich der Konflikt regional eingrenzen lässt, sollte er nur für geringe Turbulenzen an den Finanzmärkten sorgen", meinte ein Händler. Die französische Regierung rechnet schon bald mit einer Einigung westlicher Staaten auf mögliche Aktionen gegen das Bürgerkriegsland. In Großbritannien wird zudem nicht mehr ausgeschlossen, das Parlament aus der Sommerpause zu holen, um über einen Militärschlag gegen das Regime von Baschar al-Assad abzustimmen. Derweil warnte Russland die USA bereits mit Nachdruck vor einer militärischen Einmischung.
Abgesehen davon sprachen Börsianer von einem ruhigen Wochenstart, bei dem allerdings Impulse aus London feiertagsbedingt ausbleiben. Zudem habe es keine größeren Verwerfungen aus Fernost mehr gegeben. Dies wirke sich ebenfalls leicht positiv aus, sagte Investmentanalyst Clemens Bundschuh von der Landesbank Baden-Württemberg.
Lebhaft diskutiertes Thema sind die Fortschritte rund um E-Plus: Der mexikanische Milliardär und KPN-Großaktionär Carlos Slim gibt seine Zustimmung zur Übernahme der KPN-Tochter E-Plus an Telefonica Deutschland und macht damit den Weg für das milliardenschwere Geschäft frei: Die Aktien von Telefonica Deutschland legten um knapp 2,9 Prozent zu.
"Carlos Slim scheint seinen Widerstand gegen einen Verkauf von E-Plus an Telefonica aufgegeben zu haben", fasste ein Händler die Lage zusammen. Für Slim sei es offenbar hauptsächlich um einen höheren Kaufpreis gegangen. Das habe er erreicht, heißt es. Mit einem E-Plus-Verkauf schreitet die Konsolidierung in Europa voran. "Diese ist noch lange nicht abgeschlossen", so der Händler weiter. Profiteure davon sind die verbleibenden Player am Markt.
Die Aktien von Freenet stiegen nach einem "Spiegel"-Bericht über positive Auswirkungen der NSA-Abhöraffäre auf deutsche E-Mail-Anbieter um gut 2 Prozent. Die Zahl der Neuanmeldungen für den E-Mail-Service sei demzufolge bei Freenet innerhalb der vergangenen drei Wochen um 80 Prozent gestiegen. Im Dax lagen die Aktien der Deutschen Telekom am Abend 0,2 fester bei 9,76 Euro.
Daten zum innerdeutschen Flugverkehr erreichten am Morgen den Airline-Markt: In der ersten Jahreshälfte haben deutlich weniger Menschen auf innerdeutschen Strecken das Flugzeug benutzt. Die Passagierzahl ging im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6,0 Prozent auf 11,04 Millionen zurück, wie das Statistische Bundesamt berichtete.
Einen so starken Rückgang hat es seit dem Krisenjahr 2009 nicht mehr gegeben. Insgesamt sank die Zahl der von deutschen Flughäfen abreisenden Passagiere um 0,5 Prozent auf 47,4 Millionen. Besonders gefragt waren Flüge nach Übersee, die um 2,4 Prozent zulegten. Unter den europäischen Zielen (plus 1,1 Prozent) konnten vor allem Portugal (plus 8,8) und Griechenland (plus 7,0) gewinnen. Die Aktien der Lufthansa legten in einem vorsichtig-freundlichen Gesamtmarkt 0,2 Prozent zu. Die Titel von Air Berlin schlossen 0,8 Prozent fester.
Schwächster Titel im Dax blieben wie bereits am Morgen HeidelbergCement mit einem Abschlag von 2,1 Prozent. Auf der Gewinnerseite legten die Aktien von Munich Re und SAP zwischen 0,7 und 0,9 Prozent zu. Die Titel des Sportartikelherstellers Adidas verbesserten sich um 1,3 Prozent auf 84,24 Euro.
Im Blick standen zudem die Titel von Rüstungsherstellern. Einem Artikel der "SZ" zufolge hätten Ermittler in der letzten Woche im Zusammenhang mit mutmaßlichen Schmiergeldzahlungen bei Rüstungsgeschäften mit der griechischen Regierung die Rüstungsfirmen Rheinmetall Defence Electronics und Atlas Elektronik durchsucht. Rheinmetall Defence wies die Anschuldigungen der Zeitung zufolge zurück. EADS und ThyssenKrupp bestätigten laut "SZ" indes, dass ihre Tochterfirma Atlas Elektronik durchsucht worden sei. Insgesamt handele es sich eher um eine kleinere Angelegenheit, sagte ein Händler. Die Aktien von ThyssenKrupp und EADS verzeichneten dann auch moderate Gewinne. Rheinmetall-Titel fielen allerdings um 0,48 Prozent.
Handelspanne an der Eurex
Für Verwirrung sorgten am Morgen Probleme an der Derivatebörse Eurex. In einer kurzen Mitteilung des Marktbetreibers hieß es, der Handelsstart werde auf 9.20 Uhr (MESZ) verschoben. Grund sei ein "Market Halt". Nähere Informationen zur Ursache der Handelsunterbrechungen lagen zunächst nicht vor.
Alle dort gelisteten Produkte seien um 09.20 Uhr auf den Stand vor Börseneröffnung zurückgesetzt worden, teilte die Derivate-Tochter der Deutschen Börse schließlich mit. Anschließend sei der Handel wieder gestartet worden. In einer Stellungnahme war von "technischen Problemen" die Rede. "Wir untersuchen die Störung", teilte die Derivatebörse mit. Die Eurex zählt zu den weltweiten größten Handelsplätzen für Finanzderivate und Termingeschäfte.
Erst vergangene Woche hatte eine Panne die US-Technologiebörse Nasdaq drei Stunden komplett lahmgelegt. Die Eurex ist ein Gemeinschaftsprojekt der Deutschen Börse und der Schweizer Börse Swiss Exchange. Die Aktien der Deutschen Börse werden von der Panne offenbar nicht in Mitleidenschaft gezogen. Am Abend gingen die Aktien 0,4 Prozent fester aus dem Handel.
In Mailand zittert die Börse
An den übrigen europäischen Börsenplätzen kippten die Kursanzeiger ebenfalls nach unten: Insbesondere an der Mailänder Börsen geht es mit den Notierungen stärker ins Minus: Der italienische Leitindex MIB schloss am ersten Handelstag der Woche 2,1 Prozent im Minus bei 16.977,76 Punkten.
Die Furcht vor einer Regierungskrise in Italien habe den Mailänder Index deutlich ins Minus gedrückt, hieß es zur Erklärung. Der MIB notierte deutlich schwächer als die meisten anderen Indizes in Europa. Der Eurostoxx50 gab bis zum Abend 0,16 Prozent ab auf 2821,45 Punkte.
Die Ursache der neuen Unsicherheit erkannten Beobachter in Rom: Mitglieder von Silvio Berlusconis Mitte-Rechts-Partei hatten am Wochenende davor gewarnt, sie würden das Bündnis mit der Demokratischen Partei platzen lassen, sollte Berlusconi nach der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung vom Parlament ausgeschlossen werden. Die Berlusconi-Partei Volk der Freiheit und die Demokraten bildeten im April eine Rechts-Links-Koalition, um die Patt-Situation nach den Wahlen im Februar zu beenden.
Die unsicheren politischen Aussichten in Rom machte insbesondere dem Mediaset-Kurs schwer zu schaffen: Die Aktien von Silvio Berlusconis Medienkonzern schlossen 6,25 Prozent im Minus bei 3,15 Euro. Zeitweise mussten sie aufgrund scharfer Kursreaktionen vom Handel ausgesetzt werden. Sie waren der größte Verlierer an der Mailänder Börse. Aus Angst vor einem Koalitionsbruch nähmen Investoren bei Mediaset nun ihre Gewinne mit, erklärte ein Marktbeobachter. Die Aktien haben seit Jahresanfang um rund 115 Prozent zugelegt. Am Rentenmarkt machte sich die Unsicherheit über das Überleben der Regierung ebenfalls bemerkbar.
Die Anteilsscheine der drittgrößten italienischen Bank Monte dei Paschi rutschten um 3,4 Prozent auf 22 Cent ab, nachdem die Börsenaufsicht in einem Brief an die Staatsanwaltschaft von Siena neue Vorwürfe gegen die Krisenbank erhoben hat. Auch am Rentenmarkt war die Nervosität der Anleger greifbar; die Rendite der zehnjährigen italienischen Staatsanleihen zog bis auf 4,73 (spätes Vorwochengeschäft: 4,34) Prozent an.
Frische Konjunkturdaten aus den USA nährten Spekulationen auf länger laufende Milliardenhilfen durch die US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Die US-Industrie hat im Juli den stärksten Auftragseinbruch seit fast einem Jahr verzeichnet. In Reaktion auf die Statistik setzten Spekulationen ein, dass die Fed wohl nicht schon im September beginnen werde, den Geldhahn zuzudrehen. "So bizarr es eigentlich ist, aber schlechte Konjunkturdaten gefallen dem Markt im Moment", meinte ein Händler. Die Daten und ihre Interpretation hätten auch dem Dax zum Aufstieg verholfen. "Ausschlaggebend war wohl tatsächlich, dass die US-Auftragsdaten ordentlich enttäuscht haben", sagte der Händler.
An der Wall Street notierte der Dow-Jones-Index der Standardwerte zum europäischen Handelsschluss 0,2 Prozent im Plus, die Technologiebörse Nasdaq lag 0,5 Prozent höher. Marktstratege Jörg Rahn von Marcard, Stein & Co wies darauf hin, dass viele wichtige Investoren noch gar nicht wieder aktiv seien. Deshalb sei der Handel im Moment besonders spekulativ. "Computer machen keinen Urlaub", meinte Rahn. "Aber viele große Player kommen erst nach dem Labour Day wieder. Dann werden die Weichen neu gestellt." Der US-Feiertag ist am 2. September.
Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere von 1,62 Prozent am Freitag auf 1,60 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,07 Prozent auf 132,26 Punkte. Der Bund Future rückte um 0,32 Prozent auf 140,04 Punkte vor. Der Kurs des Euro legte leicht zu. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs auf 1,3361 (Freitag: 1,3355) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,7485 (0,7488) Euro.
Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa/rts