Inside Wall Street Setzt Citigroup auf Pandit?
10.12.2007, 19:01 UhrOb die Fed die Zinsen senkt, ein Saudi-Scheich Geld zuschießt oder ein Staat in Fernost Milliarden investiert es scheint, dass irgendjemand immer bereit ist, den Großbanken zu helfen, die sich in eine Kreditkrise spekuliert haben. Die meisten Häuser erholen sich daher von ihren Kursverlusten - nur die Citigroup hinkt hinterher.
Von allen Bank-Aktien hat sich das Papier der weltgrößten Bank in den letzten Wochen am wenigsten von den Tiefschlägen auf dem New Yorker Parkett erholt. Und das hat einen guten Grund: Während auch andere Banken Milliarden-Abschreibungen und Rekordverluste einräumen mussten, hat die Citigroup ein viel größeres Problem: Inmitten der schwersten Krise ist das Unternehmen führungslos.
Seit man vor fünf Wochen den glücklosen Chuck Prince gefeuert hat, hat sich noch kein neuer CEO gefunden. Den heftig umworbenen John Thain, vormals Chef der New York Stock Exchange, hatte man verloren, als der sich für den CEO-Posten bei Merrill Lynch entschieden hatte. Der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, war einige Zeit lang im Gespräch, doch bleibt der lieber in Frankfurt. Im eigenen Haus traute man keinem die Rolle zu, und die Chefs anderer Finanzhäuser fragten zurecht, warum sie denn beim Sorgenkind der Branche anheuern sollten. Der Reiz, den größten Finanzkonzern der Welt zu lenken, konnte es schließlich nicht sein, denn zu den ersten Aufgaben des neuen Lenkers dürfte eine Zerschlagung des Branchenmultis gehören.
Keine leichte Aufgabe, aber eine dringend notwendige. Chuck Princes Vorgänger Sandy Weill hat Citigroup durch aggressive Merger zu dem globalen Konglomerat gemacht, dass Anlegern während der Wachstumszeit Traumrenditen beschert hat - und das danach nicht mehr zu steuern war. Einzelne Sparten ließen sich nicht sauber integrieren, der Citigroup mangelte es an Unternehmenskultur. Die muss der neue Chef mitbringen, und entsprechend will der gut gewählt sein.
Schon in den nächsten Tagen könnte sich der Vorstand für Vikram Pandit entscheiden, munkeln Insider an der Wall Street. Der aus Indien stammende Top-Banker war jahrelang Chef der Investmentgruppe bei Morgan Stanley, bevor er 2005 im Streit mit dem damaligen CEO Phil Purcell das Unternehmen verließ. Purcell wurde kurz darauf gefeuert. Pandit gründete einen Hedgefond, der im vergangenen Sommer für 800 Mio. US-Dollar von der Citigroup übernommen wurde - und der Pandit in das Unternehmen brachte, das er jetzt führen soll.
Dass Pandit selbst an dem Job höchst interessiert ist, zeigt schon die Tatsache, dass er sämtliche Artikel, die ihn als Kandidaten sehen, seit Wochen auf seinem Blog präsentiert. Dass er den Job noch nicht hat, zeigt, wie viele Zweifler er noch besiegen muss. Die werfen ihm vor, zu wenig Erfahrung im Unternehmen zu haben. Damit wäre dann aber die Hälfte der einstigen Wunschkandidaten zu streichen, denn die kamen von außerhalb der Citigroup. Andere fürchten, Pandit sei im Umgang mit einem Finanzkoloss wie der Citigroup nicht erfahren genug. Doch wer ist das schon? Der geschasste Chuck Prince war es offensichtlich nicht. Und quer durch die Finanzbranche rechnet man ohnehin mit Entlassungen und Teilverkäufen bei Citi, wodurch der Koloss möglicherweise bald einfacher zu steuern wäre.
Zudem muss Pandit ja nicht alleine ans Ruder. Entgegen dem üblichen System, CEO und Chairman in Personalunion zu setzen, könnte man dem Vorstandschef einen Chairman zur Seite geben. Damit wäre die Führungsverantwortung auf zwei paar Schultern verteilt - so wie es auch bei anderen Konzernen besser wäre. Als Chairman haben Insider zur Zeit Robert Willumstad vom Dow-notierten Versicherer AIG im Auge. Zudem steht Richard Parsons zum Jahreswechsel zur Verfügung. Der ausscheidende Time-Warner-Chef sitzt im Aufsichtsrat der Citigroup und gehört zu der Direktorengruppe, die über die künftige Führung der Bank entscheiden soll.
Quelle: ntv.de