Dow schließt unter 8000 Talfahrt an der Wall Street
19.11.2008, 22:38 UhrDie Unsicherheit über eine Rettung der großen US-Automobilkonzerne hat an der Wall Street erneut einen beinahe ungebremsten Kursrutsch ausgelöst. Der Dow-Jones-Index fiel am Mittwoch erstmals seit März 2003 und damit seit dem US-Einmarsch in den Irak unter 8000 Punkte. Die US-Notenbank verstärkte die Sorgen und sagte düstere Perspektiven voraus.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte beschleunigte seine Talfahrt zu Handelsschluss und beendete den Tag mit einem Minus von 5,1 Prozent bei 7997 Punkten. Im Verlauf pendelte er zwischen 7987 und 8504 Stellen. Der breiter gefasste S&P-500 brach 6,1 Prozent auf 806 Zähler ein. Der Index der Technologiebörse Nasdaq fiel 6,5 Prozent auf 1386 Stellen.
Die aktuelle Rezession könnte für ein Jahr oder länger anhalten, meinen die Mitglieder des Offenmarktausschusses der Notenbank Fed. Das Protokoll der letzten Fed-Sitzung zeigt, dass sie das Wirtschaftswachstum in den USA deutlich schwächer einschätzen als zuvor: Im laufenden Jahr soll das Bruttoinlandsprodukt um maximal 0,3 Prozent wachsen. Entsprechend ist man zu Zinssenkungen bereit sind.
Auch offizielle Konjunkturdaten waren niederschmetternd: Die Zahl der Baubeginne ist im Oktober um 4,5 Prozent gesunken und notiert auf einem historischen Tiefstand. In naher Zukunft wird die Bautätigkeit kaum steigen, denn es wurden auch 12 Prozent weniger Bauanträge gestellt.
Die Verbraucherpreise fielen im Oktober um 1,0 Prozent. Dies lag weitgehend an den niedrigen Energiepreisen, denn in der Kernrate gaben die Preise um 0,1 Prozent nach. Dies ist der stärkste Rückgang seit 60 Jahren.
Von der Verbraucherschwäche profitieren weiter die Billig-Ketten. Der Großhändler BJs Wholesale blickt für das vergangene Quartal auf ein Gewinnwachstum von 37 Prozent. Damit schlägt das Unternehmen die Erwartungen, zudem hebt man die Aussichten für das laufende und das nächste Jahr an. Die Papiere legten dennoch nur um bescheidene 0,3 Prozent zu.
Ein Kollaps der Autoindustrie würde den Abschwung der US-Wirtschaft massiv verschärfen, warnten Börsianer. Zudem habe die Fed bestätigt, was der Markt bereits erkannt habe, sagte Stratege Bruce Zaro. "Die Rezession ist da." In dem während des Handelsverlaufs veröffentlichten Sitzungsprotokolls der Fed vom 29. Oktober war trotz der jüngsten Zinsschritte von weiteren Abwärtsrisiken für die Konjunktur die Rede. Im Kongress sind weitere staatliche Hilfen für die Autoindustrie umstritten. Ein Zusammenbruch der für die Gesamtwirtschaft ungemein wichtigen Autobranche würde die US-Wirtschaft nach Ansicht vieler Marktteilnehmer jedoch noch tiefer in die Krise stürzen.
Diese Ängste schickten die Papiere von General Motors (GM) und Ford erneut tief in den Keller. Die GM-Aktie brach zeitweilig auf ihren tiefsten Stand seit 66 Jahren ein und ging mit einem Minus von 9,7 Prozent mit 2,79 Dollar aus dem Handel. Ford-Papiere stürzten 25 Prozent auf 1,26 Dollar ab und notierten damit so tief wie seit rund 26 Jahren nicht mehr.
Derzeit stütze einfach nichts das Vertrauen, "das der Markt benötigt, um irgendeinen anhaltenden Fortschritt zu erzielen", sagte Alan Lancz von Lancz & Associates.
Zu den großen Verlierern gehörten darüber hinaus erneut die Finanzwerte. Viele Marktteilnehmer befürchteten, dass der Branche in Folge der Finanzkrise noch weitere Milliarden-Verluste bevorstehen.
Mit zu den größten Verlierern gehörte Citigroup, wo sich Anleger zunehmend um die Stabilität der einst weltgrößten Bank sorgen. Seit Tagen wird spekuliert, dass im Management Chaos herrscht, und die Investoren bestrafen dies mit Verkäufen. Die Aktie rutschte um 23 Prozent ab und schloss mit einem Preis von 6,45 Dollar auf einem neuen Allzeittief. Die von der Kreditkrise besonders getroffene Großbank muss nochmals riskante Vermögenswerte von 17,4 Mrd. Dollar in ihre Bücher holen und rutscht damit auf den fünften Platz der US-Rangliste zurück. Die Papiere der Bank of America gaben 14 Prozent nach. JP-Morgan-Titel sanken um 11,4 Prozent.
Auch im Versicherungssektor gab es erneut hohe Verluste, denn die Übernahme von zwei regionalen Banken durch Lincoln National und Hartford Financial Services weckte Sorgen um das Kapital der beiden Konzerne.
Die Yahoo-Aktie stürzte knapp 21 Prozent ab. Microsoft-Chef Steve Ballmer hatte zuvor eine Übernahme ausgeschlossen. Microsoft-Anteilsscheine verloren 6,8 Prozent.
Angesichts der Talfahrt an den Börsen und vor allem der düsteren Konjunkturaussichten in den USA markierte der Ölpreis in New York ein neues Jahrestief bei 52,97 Dollar.
In Deutschland reagierte der Dax-Future am Mittwoch mit deutlichen Abschlägen auf den Kursrutsch in den USA. Der Dezember-Kontrakt verlor 317 Punkte auf 4.294 Zähler. Das Tageshoch lag bei 4.638 und das -tief bei 4.280 Zählern. Umgesetzt wurden rund 196.500 Kontrakte. Der Dax-Future beschleunigte damit seine Abwärtsbewegung auch nach Schluss der Kassamärkte.
Quelle: ntv.de