Jobs, Öl und Obamas Chancen US-Börsen schließen im Minus
02.11.2012, 21:30 Uhr
"Der Bericht an sich war gut, aber nicht gut genug."
(Foto: AP)
An der Wall Street endet die Woche des großen Sturms mit rot leuchtenden Minuszeichen: Wenige Tage vor der großen Wahl ziehen sich Anleger zurück. Die unerwartet starken Daten zur Lage am US-Arbeitsmarkt treten in den Hintergrund. Abwärts geht es vor allem bei Energie- und Rohstoffaktien.
Trotz überraschend guter Arbeitsmarktdaten gehen die New Yorker Aktienmärkte mit deutlichen Kursverlusten aus dem Handel. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte verliert nach einem zunächst freundlichen Auftakt zum Handelsende 1,1 Prozent auf 13.093 Punkte. Im Tagesverlauf bewegte er sich zwischen 13.076 und 13.289 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 gibt 0,9 Prozent nach auf 1414 Zähler. Der Composite-Index der Technologiebörse Nasdaq büßte 1,3 Prozent auf 2982 Stellen ein.
Im Wochenvergleich gab der Dow 0,1 Prozent und der Nasdaq-Index 0,2 Prozent nach, während der S&P 0,2 Prozent zulegte. In Frankfurt hatte sich der Dax mit einem Plus von 0,4 Prozent auf 7364 Punkten ins Wochenende verabschiedet.
Starke Konjunktursignale beherrschten den Tag: Die Zahl der Beschäftigten in den USA wuchs im Oktober um 171.000 - Analysten hatten nur mit 125.000 gerechnet. "Der Bericht an sich war gut, aber nicht gut genug nach der verfrühten Rally gestern", sagte Todd Schoenberger von BlackBay Group in New York. Am Vortag war der S&P-Index nach Veröffentlichung von guten Job-Daten der privaten Arbeitsvermittlung ADP um 1,1 Prozent gestiegen.
Vor der Präsidentschaftswahl in der kommenden Woche hätten sich Börsianer wegen der anhaltenden Unsicherheit von ihren Dividendenpapieren getrennt, sagte Schoenberger. Viele Amerikaner sind noch unentschlossen, ob sie am Dienstag Präsident Barack Obama oder seinem republikanischen Herausforderer Mitt Romney ihre Stimme geben. In Umfragen liegen sie nahezu gleichauf. Die Arbeitsmarktdaten dürften Beobachtern zufolge Präsident Barack Obama in die Hände spielen.
Eine Wiederwahl Obamas würde nach Ansicht von Beobachtern wohl keine größeren Bewegungen an den Börsen auslösen. Und das nicht nur, weil der Ausgang weitgehend eingepreist ist. Die Anleger werden sich wohl mit der Ende des Jahres drohenden Fiskalklippe gleich dem nächsten Thema zuwenden. Dann laufen nämlich Steuererleichterungen aus der Ära Bush aus. Zugleich treten automatische Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen in Kraft. Ohne einen Kompromiss im Kongress droht der USA im kommenden Jahr der Rückfall in die Rezession.
Belastet wurden die US-Aktienmärkte von Kursabschlägen bei den Energie- und Minenwerten. Die Anteilsscheine von Chesapeake Energy brachen um mehr als sieben Prozent ein. Hintergrund war ein Rückgang der durchschnittlichen Ölpreise im zurückliegenden Quartal.
Wartungsarbeiten und ein Rückgang der Öl-Produktion machten sich in der Bilanz des Energie-Multis Chevron bemerkbar. Der hinter ExxonMobil musste im dritten Quartal einen Rückgang des Nettogewinns um rund ein Drittel auf 5,25 Mrd. Dollar hinnehmen. Die Aktie fiel um 2,9 Prozent und war damit Schlusslicht im Dow. Der Ölkonzern hatte zwar mit seinem leicht rückläufigen Umsatz die Erwartungen übertroffen, war aber ergebnisseitig deutlich dahinter zurückgeblieben.
Die Dividendenpapiere von Newmont Mining verloren rund acht Prozent, nachdem der Goldproduzent mit seinen Quartalszahlen die Analystenerwartungen verfehlt hatte.
Im Blickfeld vieler Anleger standen die Titel von Starbucks, die um neun Prozent stiegen. Die hatte nach starken Umsatzzahlen trotz einiger Probleme in Europa ihre Gewinnprognose für das laufende Jahr angehoben.
Die Aktien von Apple gaben zum Verkaufsstart des neuen in 34 Ländern deutlich nach. Sie notierten am Abend an der Nasdaq 3,3 Prozent im Minus bei 576,80 Dollar.
Die Titel von LinkedIn konnten ihre anfänglichen Gewinne nicht behaupten und gaben zum Handelsschluss um 0,07 Prozent auf 106,78 Dollar nach. Das Online-Karrierenetzwerk hatte seinen Quartalsumsatz unerwartet deutlich um 81 Prozent gesteigert und zudem einen kleinen Gewinn von 2,3 Mio. Dollar geschafft. Beim Börsengang im vergangenen Jahr hatte das Papier noch 45 Dollar gekostet.
Der "Frankenstorm" rüttelt an AIG
Für die Papiere der American International Group (AIG) ging es um 7,16 Prozent nach unten. Zwar liefert der vom Staat vor der Insolvenz gerettete Versicherungskonzern mittlerweile stabile Gewinne ab. Für eine Abschätzung der Kosten durch Wirbelsturm "Sandy" sei es aber noch zu früh, hieß es vom Unternehmen. Der auf Risikoanalyse spezialisierte Dienstleister Eqecat rechnet branchenweit mit 10 bis 20 Mrd. Dollar an versicherten Schäden.
Die Aktien von First Solar schließlich sackten um 8,82 Prozent ab. Das Solarunternehmen hatte im dritten Quartal einen Gewinnrückgang erlitten. Zudem habe die Cashflow-Entwicklung enttäuscht, sagte ein Analyst.
Von der Konjunkturseite kamen neben den Arbeitsmarktdaten weitere positive Nachrichten: Die US-Industrie fuhr im September wie erwartet das größte Auftragsplus seit anderthalb Jahren ein. Die Bestellungen stiegen zum Vormonat um 4,8 Prozent und damit so stark wie seit März 2011 nicht mehr. Rechnet man jedoch die Verkehrssparte hinaus, stiegen die Aufträge insgesamt nur um 1,4 Prozent. Im August hatte es einen Einbruch um 5,1 Prozent gegeben.
An der New York Stock Exchange wechselten rund 780 Mio. Aktien den Besitzer. 882 Werte legten zu, 2082 gaben nach und 122 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 1,8 Mrd. Aktien 661 im Plus, 1778 im Minus und 102 unverändert.
Der Euro litt unter den guten Arbeitsmarktdaten und kostete zuletzt 1,2830 US-Dollar. Richtungsweisende zehnjährige US-Staatsanleihen legten angesichts der schwachen Wall Street um 1/32 auf 99 4/32 Punkte zu und rentieren mit 1,723 Prozent.
Quelle: ntv.de, jga/DJ/dpa/rts