Nervosität im Finanzsektor US-Börsen verlieren kräftig
01.09.2009, 17:22 UhrNeu aufflammende Ängste vor Problemen im amerikanischen Bankensektor sorgen an der Wall Street zusammen mit anhaltenden Sorgen über die Nachhaltigkeit der Konjunkturerholung für Unruhe.
Einkaufsmanager, Bauausgaben, Boeing, Konjunktursorgen - und dann noch diese vagen Gerüchte aus dem Finanzsektor: An der New York Stock Exchange wird verkauft.
(Foto: REUTERS)
Die wichtigsten US-Aktienindizes sind am Dienstag belastet von Sorgen um den Zustand der heimischen Finanzindustrie mit deutlichen Verlusten aus dem Handel gegangen. Auch die Bedenken über die Stichhaltigkeit der Aufwärtsbewegung seit März mit Kursgewinnen von fast 50 Prozent trugen Händlern zufolge zur schlechten Stimmung bei. Überwiegend positive Konjunkturdaten halfen dem Markt lediglich zu Beginn.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte ging mit einem Minus von 2,0 Prozent bei 9310 Punkten aus dem Handel. Der breiter gefasste S&P-500 schloss 2,2 Prozent tiefer bei 998 Punkten. Der Index der Technologiebörse Nasdaq beendete den Handel zwei Prozent im Minus bei 1968 Punkten.
Ein Ende der Probleme bei Finanzunternehmen sei noch nicht absehbar, sagte Börsenexperte Keith Springer von Capital Financial Advisory Services. "Die Probleme im Finanzsektor sind noch lange nicht gelöst. Sie waren nur eine Weile von den Regierungspaketen verdeckt", warnte Keith Springer von Capital Financial Advisory Services.
Häuserkauf dürfte für einige Menschen in den USA wieder richtig interessant geworden sein.
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Im Bankensektor sorgten kaum greifbare Gerüchte für Unruhe. Börsianern zufolge streuten Hedge Fonds Hinweise, dass eine Bank vor der Zahlungsunfähigkeit stehe. In Europa hatten dagegen am Nachmittag ähnliche Gerüchte die Runde gemacht, wonach allerdings nicht eine Bank, sondern ein größerer Hedge Fonds vor der Pleite stünde. Der KBW-Index der Bankenwerte brach um knapp sechs Prozent ein.
Unter den Schwergewichten verloren etwa die Titel der Citigroup deutliche 9,2 Prozent. Die Aktien des krisengeschüttelten Mittelstandsfinanzierers CIT stürzten gar um 15,5 Prozent ab - die Bank die Zahlung von Zinsen auf ihre Schulden verschieben musste. Die Papiere der Bank of America büßten mehr als sechs Prozent ein. Am Morgen (Ortszeit) hatte das "Wall Street Journal" berichtet, dass das Geldhaus mit der Rückzahlung von Staatshilfen beginnen wolle.
Unter den Einzelwerten gaben die Aktien von Boeing 1,8 Prozent nach. Der Chef der Verkehrsflugzeugsparte, Scott Carson, kündigte mitten im Desaster um das Prestigeobjekt 787 an, Ende des Jahres in Rente zu gehen.
Im Dow Jones konnten lediglich Wal-Mart den Tag mit einem positiven Vorzeichen abschließen. Die Titel des Einzelhändlers legten um 0,20 Prozent auf 50,97 US-Dollar zu. Andere ebenfalls als defensiv eingestufte Aktien verloren nur unterdurchschnittlich. So rutschten Coca-Cola um 0,49 Prozent auf 48,53 Dollar ab. Johnson & Johnson gaben 0,83 Prozent auf 59,94 Dollar ab.
Im Nasdaq-100 gaben Ebay nach einem sehr festen Start schließlich um 2,08 Prozent auf 21,68 Dollar nach. Die Internet-Verkaufsplattform verkauft die Mehrheit an ihrer Onlinekommunikations-Tochter Skype für 1,9 Mrd. Dollar an Finanzinvestoren. Ebay bleibt mit 35 Prozent an der Tochter beteiligt, deren Unternehmenswert mit 2,75 Mrd. Dollar angegeben wurde.
Die Aktien des Internetkonzerns Yahoo rutschten um 2,94 Prozent auf 14,18 Dollar ab. Laut einer Pflichtmitteilung vom Montagabend hat der bekannte Investor Carl Icahn durch den Verkauf von rund 13 Mio. Aktien seine Beteiligung an dem Internetkonzern von 5,45 auf 4,48 Prozent gesenkt. Langfristig sieht der streitbare Milliardär die Perspektiven des Unternehmens aber weiter positiv. Als Verkaufsgrund nannte er eine bessere "Ausbalancierung" seines Technologiewerte-Portfolios.
Blick auf die Konjunkturseite
Neue Belege für eine konjunkturelle Wende konnten nur im frühen Handel kurzzeitig Zuversicht verbreiten. Der an den Finanzmärkten viel beachtete ISM-Konjunkturindex der US-Einkaufsmanager stieg überraschend deutlich auf 52,9 von 48,9 Punkten im Vormonat und signalisierte damit erstmals seit Anfang vergangenen Jahres wieder Geschäftszuwächse in der Industrie. Die Anleger honorierten dies zunächst mit Kursgewinnen im frühen Handel, bevor die Talfahrt einsetzte.
Unklarer waren noch die Signale vom Immobilienmarkt: Die Juli-Statistik über die anstehenden Hausverkäufe in den USA wiesen ein überraschend deutliches Plus aus, während die Bauausgaben unerwartet zurückgingen. Letztere sanken im Juli um 0,2 Prozent, womit sie knapp unterhalb der Konsensschätzung lagen, die einen unveränderten Wert von 0,0 Prozent erwartet hatte. Im Vormonat hatte sich noch ein Plus von 0,1 Prozent (nach unten revidiert von 0,3 Prozent) ergeben.
An der New York Stock Exchange wechselten rund 1,63 Mrd. Aktien den Besitzer. 512 Werte legten zu, 2539 gaben nach und 83 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 2,76 Mrd. Aktien 563 im Plus, 2139 im Minus und 91 unverändert.
An den US-Kreditmärkten stiegen die zehnjährigen Staatsanleihen um 09/32 auf 102-05/32. Sie rentierten mit 3,37 Prozent. Die 30-jährigen Bonds gaben dagegen 07/32 auf 105-07/32 nach und hatten eine Rendite von 4,19 Prozent.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts