Marktberichte

Nikkei auf Drei-Jahres-Tief US-Finanzkrise reißt Tokio

Die dramatische Verschärfung der US-Bankenkrise hat die Asien-Börsen am Dienstag auf steile Talfahrt geschickt. Die Märkte in Japan, Südkorea, China und Hongkong waren am Montag wegen eines Feiertags geschlossen, als die US-Traditionsbank Lehman Brothers mit ihrer Insolvenz die Finanzmärkte weltweit erschütterte. Zum Auftakt der verkürzten Handelswoche folgten die Börsen in Asien nun der Wall Street sofort tief ins Minus. Händler fürchteten, dass die Lehman-Pleite der Weltwirtschaft dauerhafte Schäden zufügen und das US-Finanzsystem ernsthaft ins Wanken gebracht haben könnte. Erwartungsgemäß gerieten vor allem Bankentitel unter Druck.

Der 225 Werte umfassende Nikkei-Index schloss in Tokio fünf Prozent im Minus bei 11.609 Zählern und damit auf dem niedrigsten Stand seit Juli 2005. Der breiter gefasste Topix-Index verlor 5,1 Prozent auf 1117 Punkte. Die Börse in Korea fiel um mehr als sechs Prozent auf den niedrigsten Schlussstand seit 18 Monaten. Hongkong notierte ebenfalls fast sechs Prozent im Minus, die Börse in Schanghai mehr als vier Prozent. Der Aktienmarkt in Taiwan verlor 4,9 Prozent.

"Die Investoren sind erst einmal schockiert, weil sie mit einer Übernahme und Rettung Lehmans gerechnet hatten", sagte Mitsushige Akino von Ichiyoshi Investment Management. Aber stattdessen sei Lehman nun völlig zusammengebrochen.

Warten auf AIG

Die US-Investmentbank Lehman hatte mit ihrer Insolvenz am Montag für ein wahres Erdbeben in der Finanzwelt gesorgt und einen neuen Höhepunkt der Geldmarktkrise markiert. Die ebenfalls schwer angeschlagene Lehman-Rivalin Merrill Lynch rettete sich gerade noch in die Arme der Bank of America. Die Aufmerksamkeit richtet sich nun auf den einst weltgrößten Versicherer AIG, der Medienberichten zufolge inzwischen auch in schweren Finanznöten ist. Nach der Federal Reserve und der EZB pumpten unterdessen auch die Bank of Japan sowie die Notenbanken von Australien und Indien Milliardensummen in den Markt, um die Lage zu stabilisieren.

Gebeutelt wurden der Börse in Tokio vor allem die drei führenden Banken Japans: Die Titel von Branchenprimus Mitsubishi UFJ gaben 7,7 Prozent nach, und die Aktien der Konkurrenten Mizuho und Sumitomo Mitsui verloren sogar jeweils um die zehn Prozent an Wert. Die Papiere des größten Broker-Hauses des Landes, Nomura, verbilligten sich ebenfalls um rund zehn Prozent. Direkt in den Sog von Lehman geriet die Aozora Bank, die laut Insolvenz-Antrag der US-Bank mit einem Volumen von 463 Mio. US-Dollar von der Lehman-Pleite betroffen sein soll. Aozora erklärte zwar, es gehe um weniger als 25 Mio. US-Dollar, doch die Bankpapiere gaben dennoch mehr als 15 Prozent nach.

Unter Druck gerieten auch Exporttitel wie der Autobauer Toyota mit einem Minus von 3,8 Prozent. Die Werte litten unter einem stark anziehenden Yen. Der US-Dollar gab auf 104,14 Yen nach, während Anleger sich wegen ihrer Konjunktursorgen von Ölinvestitionen trennten. US-Rohöl verbilligte sich um bis zu 4,3 Prozent und war mit 91,56 US-Dollar je Barrel (159 Liter) so billig wie seit vergangenem Februar nicht mehr.

BoJ pumpt Geld

Die japanische Zentralbank kündigte unterdessen an, 1,5 Bio. Yen (10 Mrd. Euro) in den Geldmarkt zu schleusen. Notenbankgouverneur Masaaki Shirakawa erklärte, sein Institut werde sich auch weiterhin bemühen, die Märkte zu stabilisieren. Die Bank von Japan (BoJ) begann am selben Tag unter dem Eindruck der Krise in den USA ihr zweitägiges Zentralbankratstreffen. Ökonomen erwarten, dass die Notenbank ihren Zinssatz von 0,5 Prozent unverändert lässt.


Chinas Börsen im Minus

Auch die Aktienbörsen in China brachen wegen der Finanzkrise in den USA ein. Die Verluste in Shanghai erreichten mehr als vier Prozent. Dabei hatte die Zentralbank in Peking am Montag erstmals seit neun Jahren die Reserveanforderungen für Banken wieder gelockert. Dadurch haben die Banken mehr flüssige Mittel, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die gute Nachricht konnte die Schockwellen der Bankenkrise in den USA aber nicht ausreichend auffangen.

Nachdem die Märkte am Montag wegen eines Feiertages geschlossen hatten, fiel der Shanghai Composite am Dienstag um 4,4 Prozent unter die psychologisch wichtige 2000-Punkte-Marke auf 1986,64 Punkte, während der Index in Shenzhen um 0,8 Prozent auf 6873,61 nachgab. Vor allem große chinesische Bankhäuser mussten heftige Kursverluste hinnehmen.

In Hongkong fiel der Der Hang-Seng-Index um 5,5 Prozent auf 18.289 Punkte und schloss damit so niedrig wie seit fast zwei Jahren nicht mehr. Der H-Index der Aktien vom chinesischen Festland verlor 7,4 Prozent.


Quelle: ntv.de

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