Wall Street-Vorschau Ungewissheit bleibt
20.09.2008, 14:04 UhrDer US-Regierungsplan zum Aufkauf hunderter Milliarden Dollar an faulen Krediten mag zum Ende einer Krisenwoche die Stimmung an den Aktienmärkten gehoben haben. Kaum ein Marktteilnehmer will sich aber darauf festlegen, dass dieser Effekt in der kommenden Woche für einen nachhaltigen Aufschwung an den US-Börsen ausreicht. Details des Rettungsplans, sein Umfang und seine Wirksamkeit dürften das Geschehen an der Wall Street in den kommenden Tagen bestimmen.
Die Regierung in Washington hatte am Freitag angekündigt, Problemanleihen vor allem aus dem kollabierten Hypothekenmarkt aufzukaufen, um die Bilanzen der Banken zu entlasten. Außerdem kündigte sie die Schaffung einer Einlagensicherung für Geldmarktfonds, während die Aufsichtsbehörden gegen Leerverkäufe vorgingen.
Nach der euphorischen ersten Reaktion der Märkte wurden am Wochenende skeptischere Stimmen lauter. "Unter dem Stich befasst sich das Programm nicht mit der Entstehung des ganzen Problems, das vom Immobilienmarkt kommt", sagte Chef-Marktstratege Bill Strazzullo von Bell Curve Trading. "Es behandelt die Symptome, nicht das zugrundeliegende Problem. Die Hauspreise werden weiter sinken, und das bedeutet weitere faule Kredite, weitere Abschreibungen, weiteren Druck auf die Bankbilanzen."
"Grund zum Pessimismus"
Offen ist, ob sich die Märkte auf dem am Freitag erreichten Niveau halten können. "Schon dass die Erholung explizit durch die Aussicht auf ein dramatisches und weitreichendes Eingreifen der Regierung ausgelöst wurde, sollte Grund zum Pessimismus sein", sagte Michael Panzner, Autor eines Buches über die Risiken der Finanzmärkte. "Die Geschichte lehrt, dass die Wirkung solcher Bemühungen meist relativ kurzfristig ist."
Experten rechnen damit, dass viele Marktteilnehmer sich vorerst scheuen werden, selbst minimale Risiken einzugehen. Die Maßnahmen der Regierung könnten diesen Effekt sogar noch verstärken. "Nun, da die Leute wissen, dass Geldmarktfonds sicher sind, stecken sie ihr Geld vielleicht einfach dort hinein. Vielleicht sehen sie gar keine Notwendigkeit, es im Aktienmarkt anzulegen", sagte Ray Rund von Shaker Investments.
Konjunkturdaten dürften in den kommenden Tagen gegenüber der Aufmerksamkeit für die Regierungspläne eher in den Hintergrund geraten, sagte Chef-Anlagestratege John Praveen von Prudential International Investments Advisers. Entscheidend werde dagegen sein, wie der Kongress die Pläne aufnehme. Entlastung könne es den Märkten auch bringen, wenn sich ein Käufer für die angeschlagene größte US-Sparkasse Washington Mutual finde oder es Fortschritte bei den Fusionsgespr ächen zwischen Morgan Stanley und Wachovia gebe.
Quelle: ntv.de, Steven C. Johnson, Reuters