Inside Wall Street Vorsichtiger Optimismus
02.01.2009, 17:43 UhrDas neue Jahr hat gut begonnen. Die Wall Street besserte sich am ersten Handelstag und für viele Anleger ist das allein schon einmal viel wert. In schlechten Zeiten greift der Mensch nun einmal nach jedem Strohhalm, und damit umso lieber zu Frühindikatoren, die nun für 2009 eine Trendwende und Gewinne für die Börsen versprechen.
Der Monat Januar gibt für viele Anleger traditionell die Stimmung für das ganze Jahr vor. Statistisch gesehen stimmt das für 90 Prozent der Jahr seit den 1950ern – doch der Monat hat gerade erst begonnen. Und wenngleich an den Börsen die Aktien zunächst klettern, weht draußen doch ein fieser Wind. Der macht den Händlern spätestens auf dem Nachhauseweg klar, dass das Umfeld für die Märkte immer noch schwierig ist.
Trotzdem neigt man an der Wall Street zu Optimismus. Ein positiver Start ins neue Jahr ist viel wert; in den letzten vier Jahren hat der erste Handelstag den Jahrestrend vorweg genommen, und noch deutlicher soll die Frühbilanz der ersten fünf Handelstage sprechen. Warten wir also bis Ende nächster Woche, um weitere Prognosen zu stellen.
Eine Umfrage beim US-Börsensender CNBC legt bereits erste Zahlen zum Neujahrs-Optimismus vor: 94 Prozent der Befragten rechnen damit, dass die Wall Street im neuen Jahr klettert; immerhin 26 Prozent rechnen mit einem Plus von mehr als 20 Prozent.
Nur sechs Prozent der Befragten gehen für 2009 von weiteren Verlusten aus. Zumindest sie haben wohl schon einmal vom fallenden Messer gehört, in das man nicht greifen solle. Auch in den nächsten Monaten werden sich Käufer wohl nur zurückhaltend in den Markt einschalten. Das könnte nicht zuletzt an einer Warnung der Citigroup liegen. Deren Stratege Tobias Levkovich sagt: „Bevor es dem Patienten besser geht sollten wir sicher stellen, dass sich sein Zustand nicht verschlechtert.“ In den letzten Monaten sei ein massiver Schaden entstanden, zunächst müsse der Markt stabilisiert werden.
Schwache Quartalszahlen und Enttäuschungen auf konjunktureller Seite dürften in einem anhaltend nervösen Markt weiterhin für breite Verluste sorgen, die in einem positiveren Umfeld nicht angemessen wären. Positive Ereignisse – etwa die Amtseinführung von Barack Obama – könnten hingegen Rallys auslösen. Die Volatilität, so sind sich die Experten einig, dürfte also hoch bleiben.
Damit müssen sich selbst die Bullen darauf einstellen, dass es auch in einem optimalen Szenario keine geradlinige Erholung geben wird. Sam Stovall, der Investmentstratege von Standard & Poors, glaubt eher an einen Zickzack-Kurs, der frühestens in der zweiten Jahreshälfte einem groben Auswärtstrend folgen kann. Im ersten Halbjahr dürfte die Konjunktur den Markt im Zaum halten; man rechnet mit einem Rückgang der Bruttoinlandsproduktes um bis zu fünf Prozent für die ersten sechs Monate.
Bis zum Sommer dürfte auch die Arbeitslosigkeit weiter steigen, was sowohl Verbrauchervertrauen als auch die Ausgaben der Amerikaner drücken dürfte – eine stabile Erholung würde sich damit weiter verschieben. Doch zumindest werden sich bis dahin auch die eisigen Winde verzogen haben, die zur Zeit an der Wall Street blasen.
Quelle: ntv.de