Ernüchterung nach Fed-Sitzung Wall Street graut vor höheren Zinsen
19.03.2014, 21:45 Uhr
Alles hört auf die US-Notenbankchefin: Wird Janet Yellen die Geldspritzen der Währungshüter weiter drosseln?
(Foto: picture alliance / dpa)
Die US-Notenbank drosselt wie erwartet die Anleihenkäufe. Doch in die Veröffentlichung mischt sich ein neuer Ton. Und der gefällt Anlegern überhaupt nicht. Plötzlich ist das Ende des billigen Geldes nah.
Die Blicke an der Wall Street haben sich zur Wochenmitte ganz auf die US-Notenbank gerichtet. Diese setzte ihre Abkehr von der extrem lockeren Geldpolitik fort. Bei der ersten Ratssitzung unter Vorsitz der neuen Präsidentin Janet Yellen wurde eine Drosselung der Wertpapierkäufe um weitere zehn Milliarden Dollar im Monat beschlossen. Zugleich blieb der Leitzins bei praktisch null.
Analysten hatten diese Entscheidungen zwar erwartet, dennoch sprachen Händler von der Sorge, die Federal Reserve könnte die Zinsen schneller als vom Markt erwartet erhöhen. Immerhin sah eine Mehrheit der Fed-Vertreter den Leitzins Ende 2015 bei 1 Prozent oder gar darüber. Zudem ließ die Fed das Ziel einer Arbeitslosenquote von 6,5 Prozent als Voraussetzung für erste Zinserhöhungen fallen. Sowohl am Aktien- wie auch am Rentenmarkt gerieten die Kurse unter Druck, die Wall Street drehte ins Minus.
Eiserne Fed erfüllt vage Hoffnungen nicht
"Der Zinsausblick war etwas schwammiger als erwartet. Anleger, die auf einen Yellen-Effekt zur Stützung der Märkte gesetzt hatten, dürften enttäuscht sein. Allerdings deutet auch nichts auf eine schnellere Zinsanhebung hin. Die Marktreaktion war ein Reflex", versuchte Portfoliostratege Brian Jacobsen von Wells Fargo Funds Management die Stimmung einzufangen.
Wegen des zwischenzeitlich etwas schwächeren Arbeitsmarkts waren Spekulationen aufgekommen, die Fed könne bei ihrer Straffung der Geldpolitik eine Pause einlegen. Doch Yellen führte die jüngste Reihe schwacher Wirtschaftsdaten auf das kalte Winterwetter und nicht auf strukturelle Probleme zurück.
Dollar mit breiter Brust
Der Dow-Jones-Index verlor 0,7 Prozent auf 16.222 Punkte und erholte sich damit etwas vom Tagestief, auf das der US-Leitindex während der Fed-Kommentare gefallen war. S&P-500 und Nasdaq-Composite gaben jeweils um 0,6 Prozent nach. Der Euro fiel um fast einen Cent auf Kurse um 1,3820 Dollar. Zinserhöhungen dürften nun eher früher als später kommen, sagte der Devisen-Experte Shaun Osborne vom Wertpapierhandelshaus TD Securities. Die sogenannten Falken, die für eine restriktivere Geldpolitik stehen, seien bei der Fed stärker in den Vordergrund getreten, fasste Analyst Joseph LaVorgna von der Deutschen Bank zusammen.
Auch die Entwicklungen in der Ukraine drückten auf die Stimmung. Händler fürchten, dass sich der Konflikt um die Krim zuspitzen könnte. Russland baut seine militärische Kontrolle über die Halbinsel aus, nachdem Präsident Wladimir Putin am Dienstag die Eingliederung des Gebiets in die russische Föderation besiegelt hatte.
Zahlen bewegen Werte
Größter Verlierer im Dow waren die Papiere von Walt Disney mit einem Minus von 1,79 Prozent auf 80,52 US-Dollar. Händler konnten keine klare Begründung finden, verwiesen aber auf die zuletzt gute Kursentwicklung. Tagessieger waren UnitedHealth Group-Aktien, die um 2,51 Prozent auf 79,96 Dollar anzogen. Gesundheitswerte hätten ohnehin zu den Favoriten im heutigen Handel gezählt, hieß es.
Darüber hinaus gaben Oracle 0,7 Prozent ab. Der Softwarekonzern hatte im dritten Geschäftsquartal einmal mehr die Anleger enttäuscht und die Erwartungen verfehlt. Mit Adobe zählte ein weiterer Sektorwert zu den Verlierern. Der Gewinn im vierten Quartal war um 28 Prozent eingebrochen, die Aktie ermäßigte sich um 1,3 Prozent.
JP Morgan verkauft das Geschäft mit physischen Rohstoffen an das Schweizer Handelshaus Mercuria. Die Papiere des US-Geldhauses notierten 0,4 Prozent höher.
Bei FedEx belasteten Wettereinflüsse die Quartalszahlen, zudem ging der Logistiker mit der Versandpraxis von Onlinehändlern hart ins Gericht. Allerdings will das Unternehmen die Probleme angehen. Der Wert erholte sich nach anfänglicher Schwäche und schloss 0,1 Prozent tiefer. Einem Börsianer zufolge sollte die Zielsenkung wegen des schlechten Winterwetters den Markt eigentlich nicht sehr stark überraschen. Nach Geschäftsausweis von General Mills rückten die Titel des Lebensmittelkonzerns um 0,1 Prozent vor.
Microsoft-Aktien gaben 0,7 Prozent ab. Nach der Kursrally vom Vortag, die den Kurs auf den höchsten Stand seit 14 Jahren getrieben hatte, gebe es Gewinnmitnahmen, sagten Händler.
Quelle: ntv.de, hvg/jwu/DJ/rts